Christopher Golden / Tim Lebbon, Die geheimen Reisen des Jack London

Der Name Jack London steht synonym für Abenteuer und das Leben in der Wildnis. Mit Jack London verbinden wir Alaska gleichermaßen wie das raue Leben zur See.

Christopher Golden und Tim Lebbon haben die abenteuerliche Jugend Jack Londons zur Zeit des Goldrauschs in Alaska als Grundlage für ihren Abenteuerroman verwendet und ihn mit viel Fantasy- und Horrorelementen ausgebaut.

Jack London macht sich mit seinem gesundheitlich angeschlagenen Schwager John Shepard auf den Weg in die Goldgräbermetropole Dawson, eine herunter gekommene Siedlung an der Mündung zwischen Yukon und Klondike-River. Aber bereits in Dyea, der Küstenstadt in Alaska, wo der große Goldgräbertrail ihren Anfang nimmt, muss Shepard aufgeben und frustriert wieder die Heimreise antreten. Der siebzehnjährige Jack macht sich allein auf den Weg und überwindet als erste Hürde den steilen Chilkoot Pass.

Er lernt die beiden Merritt Sloper und Jim Goodman kennen und setzt mit seinen neuen Freunden den Weg nach Dawson fort. Am Lake Linderman angekommen beschließen die drei sich selbst ein Boot zu bauen, das sie Yukonschönheit nennen. Wie durch ein Wunder gelingt es ihnen die tödlichen Stromschnellen des Yukonriver zu überwinden und der Goldgräberstadt immer näher zu kommen. Bei seiner Flussfahrt bemerkt Jack, dass er von einem riesigen weißen Wolf beobachtet wird.

Als der Fluss zufriert, müssen sich die drei ein Winterlager errichten, um die Reise im Frühjahr fort zu setzen. Bei einem seiner Spaziergänge um die Holzhütte, in der sie überwinterten, wurde Jack von einem Schneesturm überrascht und wäre erfroren, wenn nicht der weiße Wolf, der ihn seit seiner Flussfahrt verfolgt hatte, sein Leben gerettet hätte.

Als sie im Frühjahr endlich die Goldgräberstadt Dawson erreichen, fangen ihre Schwierigkeiten erst richtig an. Jack kommt dem jungen Hal zu Hilfe, dem die zwei zwielichtigen Gestalten William und Archie den Hund rauben wollen. Jack gelingt es den Hünen Archie zu überwältigen und William zu vertreiben. Er ahnt nicht, dass William der Anführer einer Sklavenhalterbande ist, die andere für sich nach Gold graben lässt. Jack und sein Freund Merritt werden von den Sklavenhaltern überwältigt und als Sklaven gefangen gehalten, während ihr Freund Jim ermordet wird.

Jack und seine Mitgefangenen wurden angekettet und gezwungen nach Gold zu waschen, wobei Jack besonders drangsaliert und gedemütigt wird. Als die Männer einen übereilten Fluchtversuch planen, gelingt es Jack den Anführer des Plans mit Gewalt davon abzuhalten. In der folgenden Nacht wird Jack von seinem weißen Wolf befreit und es gelingt ihm, in den nahen Wald zu flüchten.

Ab nun nimmt die Erzählung eine unerwartete Wende und die ursprünglich reale Geschichte gleitet ins Genre der Fantasy- und Horrorgeschichten. Jack wird nach seiner Flucht vom Wendigo verfolgt, einem übernatürlichen Wesen aus der indianischen Mythologie, das von einem unnatürlichen Hunger auf Menschenfleisch getrieben wird. Wieder rettet ihm der Wolf sein Leben und ein unbekanntes Mädchen von übernatürlicher Schönheit pflegt ihn bei sich zu Hause gesund. Er beginnt sich in das Mädchen zu verlieben, muss aber bald erkennen, dass die paradiesische Welt ein schreckliches Geheimnis birgt.

„Die geheimen Reisen des Jack London“ setzt sich aus unterschiedlichen literarischen Elementen auseinander. Nach einer klassischen Reise- und Abenteuergeschichte, welche die erste Hälfte des Romans dominiert, nimmt der zweite Teil eine überraschende Wende ins Fantasy- und Horrorgenre. Dabei werden geschickt alte indianische Mythologien in die Erzählung eingebaut, die sich wie ein einziger Alptraum vor dem Auge der Leserinnen und Leser abspielen.

Lange Zeit bleibt unklar, ob es sich um die Wahnvorstellungen eines vor Hunger und Kälte leidenden Menschen handelt, der in den einsamen Wäldern Alaska die Orientierung verloren hat. Die beiden Autoren entscheiden sich dafür, dem mythologischen Teil auf der gleichen Realitätsebene spielen zu lassen wie die anfängliche Abenteuergeschichte, was zunächst lange Zeit in der Schwebe bleibt und der Geschichte eine, um Horrorelemente erweiterte, neue Dimension gibt.

Christopher Golden und Tim Lebbon als Meister ihres Handwerks gelingt es die beiden unterschiedlichen Ebenen auf überaus glaubwürdige Weise miteinander zu verbinden und eine von der ersten bis zur letzten Seite spannende Geschichte zu erzählen. Für alle die sich auf den Wechsel der Ebenen einlassen, bietet der Roman Spannung pur. Alle, die Fantasy- und Horrorgeschichten nicht so mögen, werden mit dem Wechsel der Geschichte ins Fantasy- und Horror-Fach keine so große Freude haben.

Christopher Golden / Tim Lebbon, Die geheimen Reisen des Jack London. Die Wildnis, Ill. v. Greg Ruth, Übers. v. Collin McMahon, ab 14 Jahren
Köln: Baumhaus-Verlag 2011, 336 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-8339-0044-0

 



Andreas Markt-Huter, 21-02-2012

Bibliographie

AutorIn

Christopher Golden; Tim Lebbon

Buchtitel

Die geheimen Reisen des Jack London. Die Wildnis

Originaltitel

The Secret Journeys of Jack London

Erscheinungsort

Köln

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Baumhaus

Illustration

Greg Ruth

Übersetzung

Collin McMahon

Seitenzahl

336

Preis in EUR

15,50

ISBN

978-3-8339-0044-0

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Christopher Golden wurde in Massachusetts geboren, wo er noch mit seiner Familie lebt. Er ist ein gefeierter amerikanischer Autor der vorwiegend Fantasy-, Horror und Spannungsliteratur für Erwachsenen und Jugendliche schreibt.<br /> Tim Lebbon, in London geboren, und ist ein walisischer Horror- und Dark Fantasy-Schriftsteller. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Goytre, Monmouthshire.