Elisabeth Zöller, F.E.A.R.
„Schon in der Nacht hat sie mit dem Gedanken gespielt, einfach zu den Männern vom Löschtrupp zu gehen. Aber welche Geschichte hätte sie ihnen erzählen können. Die Geschichte von Harald, Hanno und Joonas, die ein Haus in die Luft jagen?“ (12)
Auf einer kleinen Insel in einem finnischen See ereignet sich ein Verbrechen. Ein Ferienhaus wird in Brand gesteckt und die Besitzerin Seita Laakso muss mit lebensbedrohlichen Verbrennungen ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei entdeckt auf der Insel die sechzehnjährige deutsche Schülerin Clara Sommerhage, die von Kriminalkommissar Artur Kekkonen als Verdächtige und Zeugin als wichtigster Schlüssel zur Lösung des Falls betrachtet wird.
Clara wird beim Feueranschlag auf die Hütte verletzt, kann sich aber erinnern, dass ihr Freund Joonas Turunen, der Sohn der finnischen Ministerin, gemeinsam mit seinen Freunden den Brandanschlag verübt haben. In den Befragungen durch die Polizei versucht sie Joonas zu schützen und gibt an, sich an nichts mehr erinnern zu können.
Der erfahrene Kommissar Kekkonen, der auch deutsch spricht, wird mit dem Fall beauftragt und hat rasch den Sohn der Ministerin Joonas Turunen unter Verdacht, was die Ermittlungen für ihn nicht gerade erleichtern, vor allem weil Joonas mit der rechtsradikalen Szene in Finnland in Verbindung gebracht wird und ein Skandal, der seine Mutter belasten könnte, mit allen Mitteln vermieden werden soll.
Nachdem Kekkonen Claras ankündigt, dass sie nach dem Verhör mit ihrer Mutter zurück nach Deutschland fahren darf, sie reagiert unerwartet:
„Ich will nicht zurück nach Hause. Ich dachte, ich soll ihnen helfen. Das ist doch wichtig, oder etwa nicht? Nein, ich will noch nicht nach Hause.“ (48)
Clara kündigt an, ihr Schweigen zu brechen und alles aufzuschreiben, was sie weiß, wie sie Joonas kennengelernt hat und mit ihm nach Finnland gekommen ist. Kekkonen überlässt Clara einen Laptop, den er in einem Nebenraum von Clara unbemerkt mitlesen kann und somit auch jene Stelle weiß, die Clara wieder löscht, um Jonas zu schützen.
Clara berichtet zunächst von der Trennung ihrer Eltern und dass ihre Mutter ausgerechnet mit ihrem Geschichtelehrer angefangen hat. In diesem bedrückenden, unsicheren familiären Umfeld lernt die behütete, fleißige und ehrgeizige Clara plötzlich Joonas Turunen kennen, der sie zur durch sein sicheres Auftreten und sein Selbstbewusstsein sofort in seinen Bann zu ziehen vermag. Sie verliebt sich in ihn, muss aber bald schon seine andere, gewalttätige Seite kennenlernen und feststellen, dass er rechtsradikale Ideen vertritt und enge Beziehungen zu rechtsradikalen Kreisen pflegt.
Elisabeth Zöller entwickelt eine rasante Kriminalgeschichte, welche die Handlung hautnah aus der Perspektive der jugendlichen Protagonistin miterleben lässt, um dennoch mit dem Blickwinkel des Kommissars auf Distanz bleiben zu können. Der innere Kampf des Mädchens zwischen Liebe und Abscheu aber auch zwischen Treue und dem Wissen, was richtig und falsch ist, zieht die Leserinnen und Leser von der ersten Seite weg in ihren Bann.
Geschickt wird aufgezeigt, wie schnell aus einer persönlichen Krise ein emotionales Gemenge entstehen kann, das auf Abwege führt und das kritische Urteil zunehmend verschwimmen lässt. Ein überaus empfehlenswertes Buch in dem jugendliche Themen wie erste Liebe, Scheidung der Eltern und Manipulation spannend und nachvollziehbar miteinander verbunden sind und in dem die Sehnsucht nach Liebe und Vertrauen in starkem Kontrast zu einer menschenverachtenden Ideologie erscheinen, in welcher der Zweck die Mittel heiligt.
Elisabeth Zöller, F.E.A.R. Ab 14 Jahren
München: Carl Hanser Verlag 2015, 208 Seiten, 17,40 €, ISBN 978-3-446-24937-0
Weiterführende Links:
Carl Hanser Verlag: Elisabeth Zöller, F.E.A.R.
Wikipedia: Elisabeth Zöller
Andreas Markt-Huter, 08-04-2016