Frida Nilsson, Siri und die Eismeerpiraten
„Und dann erzählte ich Miki doch von Weißhaupt und immer begann meine Geschichte so: »Es gibt einen Mann, der Kinder für sich schuften lässt, der Kinder benutzt, als wären sie Tiere. Tief drinnen in diesem Mann, dort, wo bei anderen Menschen die Seele sitzt, ist es so leer und kalt wie in einer Eishöhle.«“ (9)
Siri lebt mit ihrem kranken Vater und ihrer siebenjährigen kleinen Schwester Miki auf einer der zahlreichen Inseln im nördlichen Eismeer. Als Siri eines Tages mit Miki auf einer nahegelegenen Insel Winterbeeren sammelt, wird ihre kleine Schwester vom berüchtigten und grausamen Piratenkapitän Weißhaupt entführt, von dem erzählt wird, dass er alles Raubgut seinen Piraten überlässt und sich selbst nur für kleine Kinder interessiert, die in seiner Diamantenmine nach Edelsteinen graben sollen.
Siri fühlt sich für die Entführung verantwortlich und am Boden zerstört. Niemand von den Nachbarn ist bereit bei der Suche nach Miki mitzuhelfen, also beschließt ihr kranker Vater die Suche am nächsten Morgen aufzunehmen. Siri weiß, dass ihr Vater eine Reise im Eismeer nicht überleben würde und macht sich in der Nacht heimlich selbst auf die Suche nach ihrer Schwester.
Am Hafen entdeckt Siri die „Polarstern“, ein Schiff das zunächst Kurs auf die Wolfsinsel und anschließend auf die Insel „Segel“ nimmt. Sie bittet um eine Arbeit an Bord und erzählt, dass sie nach Weißhaupt sucht und ihre Schwester befreien will. Trotz Widerstands der Mannschaft und des Kapitäns Sturmbart gelingt es ihr mit Hilfe des Schiffskochs Fredrik an Bord zu kommen. Mit Frederik, dessen Schwester vor vielen Jahren ebenfalls von Weißhaupt entführt worden ist, verbindet Siri rasch eine enge Freundschaft. Um sein Versagen bei seiner eigenen Schwester wieder gut zu machen, beschließt er, Siri bei der Suche nach Miki zu helfen.
Als das Schiff an der Wolfsinsel anlegt, bittet Kapitän Sturmbart Siri ihn zum Hafenmeister zu begleiten. Gemeinsam sperren die beiden Männer das Mädchen in einen Schuppen, wo sie allein zurückbleibt. Verzweifelt muss Siri erkennen, dass sie auf der Wolfsinsel festsitzt. Am traurigsten macht sie jedoch, dass der Kapitän Frederiks Lohn gestohlen hat und sie als Diebin ausgeben will. Einsam und verlassen und am Ende der Schifffahrtsaison ahnt sie nicht, dass sie erst am Anfang ihrer abenteuerlichen Reise zum Piratenkapitän Weißhaupt steht, mit der sie sich auf den Weg gemacht hat, um ihre kleine Schwester zu retten.
Frida Nilsson ist eine herausragende Geschichtenerzählerin, der es gelingt ihrer Handlung eine mitreißende Atmosphäre zu verleihen. Von Anfang glaubt man Leser die Kälte auf der Haut und den Schnee unter den Füßen zu spüren. Nicht weniger eindringlich wird die kalte, herzlose und zurückweisende Welt der Piraten und der ums Überleben kämpfenden Inselbewohner gezeichnet. Wie eine helle Flamme sticht dabei die selbstlose und warmherzige Heldin hervor, deren Empathie sowohl Menschen als auch Tieren gilt.
„Siri und die Eismeerpiraten“ ist ein überaus spannendes wie tiefgründiges Kinderbuch, in dem, neben einer spannenden Handlung, die von Anfang an in ihren Bann zu ziehen vermag, auch grundsätzliche moralische Fragen aufgeworfen werden, wie z.B. der Umgang des Menschen mit anderen Lebewesen. Ein überaus empfehlenswertes Kinderbuch, das auch jugendlichen Leserinnen und Lesern gerne weiterempfohlen werden kann.
Frida Nilsson, Siri und die Eismeerpiraten. Ill. v. Torben Kuhlmann, übers. v. Friederike Buchinger [Orig. Titel: Ishavspirater], ab 10 Jahren
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2017, 376 Seiten, 15,40 €, ISBN 978-3-8369-5920-9
Weiterführende Links:
Gerstenberg Verlag: Frida Nilsson, Siri und die Eismeerpiraten
Wikipedia: Frida Nilsson
Wikipedia: Torben Kuhlmann
Andreas Markt-Huter, 21-12-2017