Hermann Vinke, Der Erste Weltkrieg

„Aber Kriege fallen nicht vom Himmel, sondern werden von Menschen gemacht – von mächtigen Menschen. […] Was bewog sie, Europa in ein Schlachtfeld zu verwandeln? Die Antwort führt zur Frage, die bis heute brandaktuell geblieben ist: Kann Krieg die Lösung für Konflikte sein?“ (5)

Wie war es möglich, dass vor 100 Jahren aus einem Mordattentat ein Weltenbrand entstehen konnte, der das Aussehen Europas, ja der Welt unwiederbringlich verändern und Grundstein für einen zweiten großen Krieg legen sollte, der bis in unsere Gegenwart seine Nachwirkungen zeigt.

Um die Ursachen für den Ausbruch des 1. Weltkrieges verständlich zu machen, geht Hermann Vinke zunächst in der Zeit ein wenig zurück, um vor allem mit einem Blick auf Deutschland zu zeigen, wie das erst vor kurzem bestehende und erstarkte Kaiserreichwie seinen Anteil im Wettlauf um die Kolonien, Rohstoffe und Einflussbereiche beanspruchte.

Dabei geriet Deutschland weltpolitisch vor allem in Konflikt mit Großbritannien, das sich in seiner Vorherrschaft zur See herausgefordert sah und in Europa mit Frankreich und Russland, die sich von den deutschen Rüstungsanstrengungen bedroht fühlten.

Gesellschaftlich zeichnete sich Deutschland durch seine sogenannten preußischen Tugenden aus, die sich durch Gehorsam, Pflichtbewusstsein Disziplin und Opferbereitschaft auszeichneten. Der militarisierte Mensch war das pädagogische Ziel, das durch Zucht und Ordnung auch in der Schule bereits von klein auf vermittelt wurde.

Obwohl das Deutsche Reich keine unmittelbare Bedrohung von seinen Nachbarn Frankreich und Russland zu erwarten hatte, vermittelte vor allem das deutsche und österreichische Militär ein Bild, von feindlichen Mächten umzingelt zu sein und legten damit einen Grundstein für den Ausbruch des Krieges.

Die zunehmende Rüstung auf allen Seiten und eine Bündnispolitik, die einer Beruhigung von Konflikten wenig hilfreich war, führten nach dem Attentat von Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger direkt in den 1. Weltkrieg. Dieser wurde im August 1914 in vielen Ländern vielfach mit Begeisterung begrüßt, waren doch alle überzeugt, dass er bis Dezember wieder beendet sein würde.

Mit zunehmender Dauer, Intensität und Radikalität des Krieges trat jedoch Ernüchterung bei den Menschen ein, da der Krieg mit technischen Mitteln, einer Ausdauer und einer Grausamkeit geführt wurde, die bis dahin unbekannt waren. Alles zusammen sollte seine bitteren Auswirkungen auch im gesellschaftlichen und politischen Leben nach dem Krieg wiederspiegeln und die Diktatur des Nationalsozialismus ermöglichen.

Auch wenn das Buch die Geschichte des Ersten Weltkriegs vor allem mit dem Blick auf Deutschland wiedergibt, werden doch die wichtigsten Ursachen, Voraussetzungen und Ereignisse dieser großen Tragödie zu Beginn des 20. Jahrhundert nachgezeichnet. Vor allem die Kapitel, in denen der Grauen des Krieges beschrieben und mit Dokumenten, literarischen Zeugnisse und anschaulichem Bildmaterial dokumentiert wird, zeigen wie sinnlos die Menschen in diesem Krieg ihr Leben lassen mussten.

Der Ausblick auf die russische Revolution und den Gesellschaftsumbruch in Deutschland nach dem Krieg zeigt den jungen Leserinnen und Lesern beispielhaft, wie sehr sich Krieg auf das Leben nach den Kriegen auswirken.

Hermann Vinke gelingt es informativ und verständlich sowohl einen großen zeitgeschichtlichen Bogen vom Erstarken Deutschlands bis zum gesellschaftlichen Zusammenbruch nach dem Krieg zu zeichnen als auch ein allgemeines Bild von der Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges zu vermitteln, der mit Waffen und Technologien geführt wurde, deren Auswirkungen sich die Menschen der damaligen Zeit nicht im entferntesten Bewusst gewesenen sind.

Ein empfehlenswertes Buch, das verständlich Einblicke und Hintergründe zum 1. Weltkrieg vermittelt.

Hermann Vinke, Der Erste Weltkrieg. Vom Attentat in Sarajevo bis zum Friedensschluss von Versailles, ill. v. Ludvik Glazer-Naudé, ab 13 Jahren
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2014, 64 Seiten, 15,40 €, ISBN 978-3-8369-5582-9

 

Weiterführende Links:
Gerstenberg Verlag: Hermann Vinke, Der Erste Weltkrieg
Wikipedia: Hermann Vinke
Homepage: Ludvik Glazer-Naudé

 

Andreas Markt-Huter, 19-03-2014

Bibliographie

AutorIn

Hermann Vinke

Buchtitel

Der Erste Weltkrieg. Vom Attentat in Sarajevo bis zum Friedensschluss von Versailles

Erscheinungsort

Hildesheim

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Gerstenberg Verlag

Illustration

Ludvik Glazer-Naudé

Seitenzahl

64

Preis in EUR

15,40

ISBN

978-3-8369-5582-9

Lesealter

Altersangabe Verlag

13

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Hermann Vinke, Historiker und Journallist, war nach dem Studium und einer Redaktionstätigkeit beim NDR viele Jahre als Auslandskorrespondent für die ARD und als Programmdirektor bei Radio Bremen tätig. Dem Autor ist es ein besonderes Anliegen, kommenden Generationen einen Bezug zur eigenen Geschichte zu vermitteln.<br />Ludvik Glazer-Naudé studierte an der Fachhochschule für Visuelle Kommunikation in Hildesheim und als Meisterschüler an der Universität der Künste in Berlin. Seitdem ist er für Theater, Buchverlage, Magazine, Zeitungen und Werbeagenturen tätig. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern bei Berlin.