Malcolm McNeill, Der Wald der träumenden Geschichten

„Dann breitete sich das Verschwinden aus – zu Anfang noch gemäßigt, doch bald zunehmend aggressiver. Binnen kurzem Verschwanden [sic!] täglich Tausende, und es gab keinen Zweifel mehr daran, dass hier etwas Außergewöhnliches passierte – vor allem aus der Sicht der Wissenschaftler.“ (12)

Weltweit beginnen Menschen ohne Vorwarnung einfach zu verschwinden. Lediglich ein Häuflein Kleidung, das zurück bleibt, erinnert an die Verschwundenen. Eine eigens eingerichtete Organisation, das Internationale Symposium zur Vorbeugung und Verhinderung des Verschwindens, wird eingerichtet und von einem gewissen Prof. Courtz geleitet, um dem Schrecken des Verschwindens entgegenzutreten.

Paul Herbert, ein französischer Bankier, stellte sogar unabsichtlich einen Rekord auf, als er in 1700 Metern Höhe einfach unter seinem Fallschirm Verschwand. (15)

Boris, ein in Paris lebender unbekannter russischer Schriftsteller, kommt dem Geheimnis des Verschwindens am nächsten, als er von Mrs Jeffers, einer alten Dame, erfährt, dass das Verschwinden auf der Welt durch einen kleinen Jungen in Gang gesetzt worden ist.

Er wusste, warum die alte Dame zu ihm gekommen war. Und er wusste, dass wahrhaftig alles mit Dem Wald zu tun hatte. (37)

Der Junge oder Kobold mit dem Das Verschwinden begonnen hat, heißt Max und wird als Kleinkind von Forbes und Alice Mulgan adoptiert. Obwohl seine Adoptiveltern sich herzlich um den kleinen Jungen bemühen, sehnt sich Max danach seine echten Eltern, seine „immerwährenden Eltern“ zu finden, die er immer mit dem Bild eines Paares verbindet, das in einem Heißluftballon davonfliegt.

Eines Tages findet Max einen Zettel vom Dunklen Mann mit den Fragen „Wer bist du? Woher kommst du?“ und der Aufforderung vor, in Büchern nach Antworten zu suchen. Er beginnt sich immer mehr in den Geschichten und seiner Fantasiewelt zu verlieren und sich von seinen Adoptiveltern zu entfernen, bis er ihnen nur noch mit Misstrauen und Abneigung begegnet. Als Max und Alice schließlich auch verschwinden macht sich Max auf den Weg in Den Wald Des Anfangs, von dem er in der Geschichte mit der Wespenhexe gelesen hatte.

Der Dunkle Mann und Mrs Jeffers bringen Max in den Wald Des Anfangs, eine Welt der Fantasie, die von märchenhaften Wesen bewohnt wird, wo Max hofft, seine immerwährenden Eltern und Antworten auf die beiden großen Fragen seines Lebens zu finden.

Malcolm McNeill eröffnet in seiner wunderbaren Geschichte eine magische Fantasiewelt, in der die Leserinnen und Leser wie Max, der junge Held, ständig um Orientierung in einer nicht festzumachenden Welt bemüht sind. Auf poetische und fantasievolle Weise bewegt sich die Geschichte um die zentralen Fragen der Menschheit: „Wer bin ich?“, „Was ist die Welt?“ und „Wer liebt mich?“ Die Antworten dazu werden in schweren dunklen Bildern nach und nach gelüftet ohne sie ihres magischen Geheimnisses zu berauben.

„Der Wald der träumenden Geschichten“ liest sich wie ein Feuerwerk der Fantasie und trotz aller Schwermut kommen auch die hoffnungsvollen Momente nicht zu kurz. Die überaus komplexe Geschichte, poetische Sprache aber auch manche gewalttätige Szenen empfehlen das überaus beeindruckende Buch meiner Meinung erst für Jugendliche ab 14 Jahren oder Erwachsene.

Malcolm McNeill, Der Wald der träumenden Geschichten. Übers. v. Sibylle Schmidt [Orig. Titel: The Beginning Woods], ab 10 Jahren
Frankfurt a. Main: Fischer KJB 2014, 544 Seiten, 17,50 €, ISBN 978-3-596-85670-1

 

Weiterführender Link:
Fischer KJB: Malcolm McNeill, Der Wald der träumenden Geschichten

 

Andreas Markt-Huter, 24-02-2014

Bibliographie

AutorIn

Malcolm McNeill

Buchtitel

Der Wald der träumenden Geschichten

Originaltitel

The Beginning Woods

Erscheinungsort

Frankfurt a. Main

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Fischer KJB Verlag

Übersetzung

Sibylle Schmidt

Seitenzahl

544

Preis in EUR

17,50

ISBN

978-3-596-85670-1

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Malcolm McNeill wurde in Newcastle, England, geboren und wuchs in Glasgow und Edinburgh auf. Nach seinem Literaturwissenschafts- und Schauspielstudium trug er Post in London aus, putzte Toiletten in Berlin und arbeitete als Englischlehrer in der ganzen Welt, zuletzt in Vietnam.