Michael de Cock, Rosie und Moussa

„Wohin ziehen wir?“, hatte Rosie gefragt. „Nicht weit weg“, war Mamas Antwort gewesen, „bloß ans andere Ende der Stadt.“ Aber das andere Ende der Stadt kommt Rosie vor wie das andere Ende der Welt. Selbst das Wetter ist nicht dasselbe, denkt sie. (5f)

Rosie und ihre Mutter stehen vor ihrem neuen Zuhause, einem düsteren Hochhaus am Rande der Stadt. Doch obwohl alles zunächst eher trist erscheint, werden beide von der Lebendigkeit und Freundlichkeit der Hausbewohner überrascht. Vor allem Rosie lernt gleich zu Beginn einen guten neuen Freund, Moussa kennen, mit dem sie sich auf eine abenteuerliche Entdeckungsreise auf das Dach des Hochhauses begibt.

Moussa wohnt genau ein Stockwerk über Rosie und führt seinen Kater, den er wie einen Hund behandelt, an der Leine spazieren. Trotz strengsten Verbots des grantigen Hausmeisters Herrn Tak, der Kinder überhaupt nicht ausstehen kann, schleichen sie Rosie und Moussa auf das Dach des Hochhauses und bewundern die Aussicht über die Stadt und den Bahnhof. Als Herr Tak auf dem Dach erscheint, gelingt es ihnen gerade noch rechtzeitig sich zu verstecken. Nachdem der Hausmeister die Dachtür zusperrt, geraten die beiden zunächst in Panik.

„Was jetzt …?“, schnieft Moussa. Wie kommen wir je wieder von hier runter?“ „Wir finden bestimmt eine Lösung“, stammelt Rosie. „Es gibt immer eine Lösung, für alles.“ Sie hört sich an wie Mama. Wie oft hat Rosie diese Worte schon gehört. (45)

Rettung kommt schließlich in Gestalt von Moussas altem Kater, der durch das Fensterloch in der Tür aufs Dach klettert. Die beiden Kinder schreiben ihre Hilferufe auf das Papier einer alten Zeitung, werfen zwei Zettel vom Dach und befestigen einen am Halsband des Katers, den sie durch die Türöffnung wieder nach unten schicken. Gemeinsam, in einen Mantel eingewickelt, warten die beiden nun auf Hilfe.

Während zwei der Papierschnipsel bei Frau Himmelreich landen, die sich gleich auf den Weg auf das Dach macht, fällt der dritte Hilferuf ausgerechnet Herrn Tak in die Hände, der wutgeladen Rosies Mutter und Moussas Vater aufsucht. Gemeinsam suchen sie nach den Kindern auf dem Dach, die aber nicht zu finden sind.

Michael de Cock gelingt es eine einfache Geschichte aus dem Alltag zweier Kinder glaubhaft lebendig werden zu lassen und dabei so große Themen wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Umgang mit der Einsamkeit und Angst vor der Fremde mit unscheinbarer Leichtigkeit kindergerecht aufzubereiten. Dabei orientiert er sich ganz am Erfahrungshorizont von Kindern, was die Erzählung auch für Erwachsene besonders berührend macht.

Judith Vanistendael haucht der Geschichte um Rosie und Moussa durch ihre einfühlsamen und detailreich gestalteten Illustrationen zusätzliches Leben ein und verleiht den einzelnen Charakteren ihren eigenen Stempel. Ein schönes und überaus empfehlenswertes Buch für junge Leserinnen und Leser, das die kindliche Lebenswelt berührend, verständlich und sprachlich überzeugend zu vermitteln weiß.

Michael de Cock, Rosie und Moussa. Ill. v. Judith Vanistendael, übers. v. Rolf Erdorf [Orig. Titel: Rosie en Moussa], ab 7 Jahren
Weinheim: Beltz & Gelberg 2013, 90 Seiten, 10,30 €, ISBN 978-3-407-82024-2

 

Weiterführender Link:
Beltz & Gelberg: Michael de Cock, Rosie und Moussa

 

Andreas Markt-Huter, 05-08-2014

Bibliographie

AutorIn

Michael de Cock

Buchtitel

Rosie und Moussa

Originaltitel

Rosie en Moussa

Erscheinungsort

Weinheim

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Beltz & Gelberg

Illustration

Judith Vanistendael

Übersetzung

Rolf Erdorf

Seitenzahl

90

Preis in EUR

10,30

ISBN

978-3-407-82024-2

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Michael de Cock wurde im flämischen Mortsel in Belgien geboren und studierte Romanistik in Antwerpen und Schauspiel am Konservatorium in Brüssel. Er arbeitet als Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller.<br />Judith Vanistendael wurde in Leuven, Belgien, geboren und studierte Kunst in Berlin, Gent und Sevilla und besuchte die renommierte Comicschule Saint-Luc in Brüssel. Seit 2006 ist er Direktor der Theatergesellschaft in Arsenal in Mechelen.