Der Reiz von Kriminalerzählungen liegt vor allem darin, dass sie zeigen, wie jede mögliche oder unmögliche Situation entgleisen und zu einem Kriminalfall werden kann. Gerade Österreich, das Land der Dauerentgleisungen, entwickelt sich zunehmend zu einem Paradies für Kriminalschriftstellerinnen.

Herbert Dutzler, der immer wieder als die Kriminal-Seele Österreichs bezeichnet wird, deutet in den vierzehn Kriminalgeschichten an, woraus das Land besteht, wenn man seinem Geflüster zuhört: aus verzwickten, verdrossenen und verdroschenen Kleinkrämerseelen, die sich durch den Alltag retten müssen. So kaputt kann es freilich gar nicht zugehen, dass nicht einer der Beteiligten lachen müsste, und sei es nur der Leser.

„Die kleine Schusselhexe war erst 99 Jahre alt. Darum war es auch nicht schlimm, dass sie manchmal die Hexensprüche verschusselte. So jungen Hexen durften das. Aber einmal hatte sie einen ganz schlimmen Tag. Da wollte überhaupt nichts klappen …“

Die kleine Schusselhexe hat mal wieder Schwierigkeiten damit sich die Zaubersprüche richtig zu merken. Zum Frühstück zaubert sie statt Butterhörnchen mit Kakao Karotten mit Rote-Rüben-Saft. Darüber freut sich wiederum der blaue Hase, der ursprünglich ein schwarzer Hexenrabe hätte werden sollen. Die kleine Schusselhexe ist immer noch mit ihrem Frühstück beschäftigt, als es plötzlich laut an ihrer Tür kracht.

Die echten Krimis spielen nicht in der lauen Wachau unter Marillen sondern in den zusammen gestampften Soziotopen der Wälder Kalabriens und des Dschungels von Mailand.

Gioaccino Criaco greift die Erzählform eines Soziologen auf, der in Ich-Form quasi eine Feldstudie an sich selbst durchführt. Tatsächlich ist der Plot autobiographisch, wonach die Söhne von kalabrischen Ziegenhirten nach Mailand zum Studieren gehen und später in der Heimat das Land politisch aufzumischen versuchen. Die Figuren, Strategien, Motive und Prozesse sind aus der unmittelbaren Zeitgeschichte entnommen, wie sie sich in den Chronik-Teilen lokaler Zeitungen seit Jahrhunderten darbieten.

„Mein Leben lang hatte man mir eingeschärft, dass jedes Schicksal sich erfüllen würde, ganz gleich, was man auch tat, um es zu verhindern. Jetzt schlug Ryzek genau das vor: Er wollte sein eigenes Schicksal vereiteln, indem er die Person tötete, durch die es sich erfüllen sollte.“ (218)

In einer entfernten Galaxie, die vom Hohen Rat der Neun regiert wird, bestimmen die Schicksale ausgewählter Familien die Zukunft der Welten. Auf dem Planeten Thuvhe lebt das friedliebende Volk der Thuhve gemeinsam mit ihren Erzfeinden dem Volk der Shotet, das für seine Wildheit und Brutalität berüchtigt ist. Für jeden Feind den sie getötet haben, ritzen sie sich ein Zeichen in den Arm und schon ihre Kinder bilden sie in der Kriegskunst aus.

Alles, nichts und beides sind radikale Mengenangaben, wo es keinen Nachlass oder Rabatt gibt. Alles, nichts und beides ist eine Überlebensformel, die für alle wesentlichen Themen in Frage kommt: Liebe, Tod, Bleiben, Weggehen.

Amina Abdulkadir nennt die Anwendung ihrer Lebensformel Kürzestgeschichten, denn sie sind das radikalste Narrativ, das es für eine Ausnahmesituation gibt. Diese Geschichten haben oft die Gestalt eines Stachels und werden dem anwesenden Fleisch eingerammt als Mahnmal, Gedächtnisstütze oder Erinnerungs-Pikser.

„Auf dem Dach der Bodleian Bibliothek in Oxford hockte ein Rabe, so still, dass man hätte meinen können, er wäre aus Stein gemeißelt. Seine harten schwarzen Augen beobachteten einen Jungen, der unter ihm vorbeilief. Der Name des Jungen war Archie Greene.“ (16)

Keiner der normalen Menschen ahnt, dass sich mitten unter ihnen eine Welt der Magier befindet, die alles tut, um von den sogenannten „Unreifen“ unentdeckt zu bleiben. Seit dem großen Brand in London im Jahre 1666, bei dem die halbe Stadt durch ein waghalsiges magisches Experiment den Flammen zum Opfer gefallen war, wurde die Ausübung von Magie unter strenge Regeln gestellt, die in magischen Kreisen als die „Lehre von den Magischen Tabus“ bekannt ist. Diese untersagt u.a. den Gebrauch von Magie außerhalb magischer Räumlichkeiten.

Hinweise auf künstlerischen Umgang mit Tieren, lassen immer auch heftige Fragen aufkommen: Ist dem Tier auch nichts geschehen, das im Film zu Tode gekommen ist? Ist das Tier auch vegan, das vor der Heldin auf dem Bühnen-Teller liegt? Ist der Sex auch jugendfrei, den der Maler zu Ausstellungszwecken mit einem Tier bewerkstelligen will?

Christian Futscher luchst seine besten Geschichten den Tieren ab, darin gleicht er einem Heiligen, der die Vögel auf den Schultern landen lässt, damit sie vorne singen und hinten das Gewand voll machen. Die besten Pointen liefern angeblich die Erdmännchen, weil ihre Geschichten bodenfest und geerdet sind. Der Untertitel ist quasi eine Warnung, es handelt sich um Texte mit Tieren. Wer Tiere nicht mag, wird auch mit den Tier-Texten nichts anfangen können.

„Oben am Waldrand steht ein Bienenstock. Tief drinnen, wo es ganz dunkel ist, lebt eine kleine Biene. Sie heißt Mela. Sie ist noch zu jung, um den summenden Bienenstock zu verlassen.“

Mela ist eine kleine junge Biene, die es nicht erwarten kann, endlich aus dem Bienenstock zu kommen, um die aufregende Welt und den blauen Himmel zu sehen, von denen ihre großen Schwestern immer schwärmen, wenn sie von ihren Flügen in den Bienenstock zurückkehren. Gerade als Mela wieder vom Himmel und der Sonne träumt, beginnt es im Stock gefährlich zu wackeln.

Wenn es mit dem „Schnitzal“ Probleme mehliger, bröseliger oder eiiger Art gibt, wird das in Österreich bald einmal zu einem Problem und kann in eine Tragödie münden.

Harald Darer nennt seinen Roman patriotisch-kühn „Schnitzteltragödie“, dabei gibt es auch Probleme mit dem Leberkäs, den Forellen und den Krusten allgemein. Man ahnt es schon, in diesem Roman hat ein österreichischer Alltagsheld ordentlich zu leiden, bis er gegen Abend hin mit dem Alltag durch ist.

„Ich werde die Wahrheit aufschreiben. Die Wahrheit über den Mord an Alphonse Morro. Damit alle erfahren, was wirklich passiert ist. Und vielleicht wird das Schreiben mir helfen, mich von meinen Albträumen zu befreien.“ (33)

Sally Jones erzählt ihre unglaubliche Geschichte die von Mord, Betrug und Verrat aber auch von Freundschaft und Liebe, von Vertrauen und Treue und von einer Reise, die um die halbe Welt führt, handelt. Aber das außergewöhnlichste an der Geschichte ist wohl Sally Jones selbst, bei der es sich um eine Gorilladame handelt, die das Lesen, Schreiben, Schachspielen und vieles mehr beherrscht und außerdem Akkordeons reparieren und als Maschinistin auf Schiffen arbeiten kann.