Im Jahrhundertbestseller „Sternstunden der Menschheit“ von Stefan Zweig geht es um vierzehn historische Höhepunkte, welche angeblich die Menschheit verändert haben sollen.

Florian Gantner nimmt diese hehre Vorlage zum Anlass, um über die Menschheit etwas ganz Irdisches, Gewöhnliches und Unscheinbares zu erzählen. In einer Rahmensituation packt ein schwadronierender Naturwissenschaftler seine ungelegten Erzähl-Eier aus, um einer Frau zu imponieren. Dabei erfindet er eine kosmische Konstellation, in deren Sternschnuppen sich die trivialsten Geschehnisse entwickeln.

Auszählreime sind oft die beste Struktur, um ein raffiniertes Menschenschicksal darzustellen.

Renate Scrinzi stellt ihrem Roman „Und Emilio lächelt“ eine markante Faustformel des legendären tschechischen Langstreckenläufers Emil Zátopek voran: „Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.“ (5)

Das Leben der elfjährigen Lena Johansson ist voll von Kummer und Sorgen. Nicht nur, dass sie ihren Vater nicht kennt, muss sie sich auch um ihren kleinen Bruder und den Haushalt kümmern, während ihrer alkoholsüchtigen Mutter das Leben völlig aus den Händen gleitet.

Lenas Leben ist vollständig von der Alkoholabhängigkeit ihrer Mutter gezeichnet, die sich hinter ihrer Wohnungstür, wie hinter einer Festung verschanzt und nichts mehr fürchtet, als unerwarteten Besuch. Da kann es schon mal zum Problem werden, wenn sie ihren Haustürschlüssel vergisst.

In der Literatur gibt es oft ein strenges Ranking verschiedener Nachrichten. So muss fallweise eine Verwandtschaftsbeziehung einem Text vorausgestellt werden, damit sich die Leserschaft anschließend voll auf den Text konzentrieren kann.

Im Falle von Marlene Schwarz muss man einfach wissen, dass sie die Schwester von Herbert Rosendorfer ist, und dieser beschreibt jene in einem Vorwort als die Strukturierteste und Emsigste unter den Geschwistern.

„Jan und sein bester Freund Tim haben in der Dinosaurier-Bucht eine versteckte Höhle mit versteinerten Dinosaurier-Fußabdrücken entdeckt. Immer wenn sie ihre Füße in die Abdrücke setzen und die Spur verfolgen, gelangen sie in eine Welt mit echten, lebendigen Dinosauriern: in das geheime Dinoversum!“

Gleich zu Beginn werden die wichtigsten Protagonisten des Abenteuerromans genau vorgestellt. Da sind zunächst die beiden 8-jährigen Helden und jungen Dinosaurierforscher Jan Mertens und Tim Cramer sowie deren Freund Wanna, ein kleiner Wannanosaurus aus der Kreidezeit. Auf der anderen Seite wird der Coelophysis kurz beschrieben, eine Dinosaurier der Trias, der in diesem Buch im Mittelpunkt stehen wird.

„Schön, wie das Dorf mitsamt seinen Eigenbrötlern und Wichtigtuereien im blauen Dunst aufgeht. Für die Dauer der Gipfelrast ist der Bergfreund heraußen aus dem, was ihn sechs Tage lang beengt hat, steht erhaben über dem, was die im Tal Gebliebenen gegen die unsichtbaren Wände prallen lässt.“ (31)

Engelbert Obernosterer schickt seinen Beobachter durch das Leben einer Kleinstadt an der Peripherie des Landes. Dieser Erzähler hat durchaus ein Brett vorm Kopf, freilich ein grünes, das noch nicht ausgewachsen ist und sich vielleicht zu einem weiten Blick durchbohren lässt.

Der zweite Teil des historischen Abenteuerromans „Vango“ setzt das tödlich Spiel aus Flucht und Verfolgung über die Kontinente hinweg bis in die Zeit des 2. Weltkriegs fort.

Die Jagd nach Vango Romao geht weiter und führt von Europa nach Amerika, hoch hinauf in die Skyline der aufstrebende Metropole New York. Wie in einem Spinnennetz verbinden sich die Schicksale der einzelnen Akteure, in deren Mitte Vango sitzt, und der Kreis schließt sich in einem fulminanten Ende wieder da, wo die Geschichte ihren Anfang nahm: in Paris.

Eine gute Geschichte ist letztlich wie die Geschichte überhaupt nichts anderes als der Wechsel von Zeit.

In Andrej Kurkows skurrilem Roman über den permanenten Zeitenwechsel taucht allmählich das wahre ukrainische Untergrundleben glasklar hervor wie in einem Geschichtsbuch voller Verständnis und Augenzwinkern.

„Es war einmal ein Zebulon, / das liebte seinen Luftballon. / Es war so rund und weich und schön / und rot das kann ein jeder sehn!“

Das Zebulon ist ein kleines niedliches Tier, das nur einen einzigen Freund hat: seinen roten Luftballon. Was für eine Katastrophe, als der Luftballon eines Nachts auf und davon fliegt.

Pubertät und Sex bis zum Anschlag, Partys und Drogen bis zum Abwinken, Poesie und Hilflosigkeit bis zum Umfallen der Seele, das alles aufgesplittet in eine Handvoll Kurzgeschichten. - So kann nur ein Meister des cineastischen Wahnsinns mit dem Stoff umgehen.

Tatsächlich nennt der Hollywood-Schauspieler James Franco seine Geschichten Lehrstücke einer extremen Jugend. Er stillt dabei diese von uns Lesern gerne unterdrückte Lust, eine Story vielleicht einmal ohne Moral und mit fatalem Ausgang lesen zu dürfen.