Irene Heisz, Tirol – hoch hinaus und tief verwurzelt

Tirol ist an manchen Tagen eine so große Sache, dass dafür das Alphabet nicht ausreicht. Wenn dann auch noch Emotionen, Zuneigung und Neugierde dazu kommen, ist das Alphabet restlos aufgebraucht.

Irene Heisz und Julia Hammerle lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sie fröhlich-grotesken Motiven auf der Spur sind, in den Empfehlungen schwingt immer auch die Aufforderung mit, sich diese Sachen mit eigenen Sinnesorganen zu geben, dabei richten sich diese Empfehlungen genauso an Einheimische wie an Durchreisende.

Das Land der tausend tollen Dinge wird zuerst an den Ausfransungen Außerfern und Oberland beschrieben, legt in Innsbruck einen Schwerpunkt ein, indem ganze Spaziergänge, Gasthausrouten oder Abenteuerpfade ausgelegt werden, und schleicht sich über das Unterland schließlich nach Osttirol, wo es in Gestalt von Aguntum oder dem Wilderer-Paradies Villgratental noch einmal rund geht.

In einem Beipackzettel wird zu Beginn der Tour auf die Nebenwirkungen Tirols hingewiesen. So hat der Oberländer der Sage nach nichts mit dem Unterländer zu tun, das geheime Erkennungszeichen der Patrioten heißt „Grüß Gott“, darf aber von jedem verwendet werden, bei diesem gigantischen Tourismus ist es für Touristen oft nicht einfach, einen Tiroler zu treffen, diese sind an manchen Tagen eindeutig in der Unterzahl und machen das mit dem größten Selbstbewusstsein der Welt wieder gut.

Der Tiroler ist nämlich nicht nur der perfekteste Menschenschlag, den die Evolution hervorgebracht hat, er wohnt auch in der perfektesten Gegend, die mit jeder Erschließung noch schöner wird.

Mit dieser Grundstimmung lassen sich in der Folge leicht so Mythen wie der Bluatschink in den Lechauen, der Ötzi in seinem Ötzi-Dorf oder der pfeifenrauchende Pflichttiroler im Kramsacher Höfemuseum aushalten. Die Gebäude sind oft ähnlich verschroben wie die Menschen, man denke nur an das auf den Kopf gestellte Schauhaus in Terfens, überall gibt es seltsame Speisen, die in Brot-Manufakturen, Spontanmärkten oder Schaukäsereien angeboten werden.

Die restaurierte Vergangenheit geht nahtlos in eine internationale Gegenwart über, so spielt es sich an der sogenannten Innsbrucker Bogenmeile Nacht für Nacht ab, während über den Köpfen der Feiernden die Intercitys brausen.

Mit einem Register am Schluss der Buches und einer gestochen scharfen Erlebniskarte findet schließlich jeder sein Stück Tirol, wie er es sich persönlich vorstellt. Denn die Tiroler teilen durchaus ihr Glück und ihr Selbstbewusstsein! - „Wenn die Kohle stimmt“, fügen die kritischen Patrioten meist hinzu.

Irene Heisz, Tirol – hoch hinaus und tief verwurzelt. Von Zugspitzblick bis Aguntum. 66 Lieblingsplätze und 11 Mal ausgehen. Fotos: Julia Hammerle
Meßkirch: Gmeiner 2014. 189 Seiten. EUR 15,50. ISBN 978-3-8392-1629-3.

 

Weiterführender Link:
Gmeiner-Verlag: Irene Heisz / Julia Hammerle, Tirol – hoch hinaus und tief verwurzelt

 

Helmuth Schönauer, 30-06-2014

 

Bibliographie

AutorIn

Irene Heisz

Buchtitel

Tirol – hoch hinaus und tief verwurzelt. Von Zugspitzblick bis Aguntum. 66 Lieblingsplätze und 11 Mal ausgehen

Erscheinungsort

Meßkirch

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Gmeiner

Illustration

Julia Hammerle

Seitenzahl

189

Preis in EUR

15,50

ISBN

978-3-8392-1629-3

Kurzbiographie AutorIn

Irene Heisz, geb. 1968 in Innsbruck, lebt als Kulturjournalistin in der Nähe von Innsbruck.<br />Julia Hammerle, geb. 1986 in Landeck, lebt als Fotografin in Innsbruck.