Anders Björkelid, Dohlenwinter

„Wir sind Zwillinge, am selben Tag von derselben Mutter geboren. Wer von uns beiden älter ist, wissen wir nicht, und Vater will es nicht verraten. Wulf ist der Größere, aber nur ein paar Fingerbreit, Sunia ist die Stärkere, aber sie gewinnt nicht immer, wenn wir miteinander kämpfen.“ (9)

Die beiden Zwilline Sunia und Wulf leben gemeinsam mit ihrem Vater auf einem Bauernhof abseits des Dorfes am Waldrand. Mit ihren dunklen Haaren und ihrer blassen Haut unterscheidet sich die Familie auch äußerlich von den Dorfbewohnern und ihr Vater versteht viel mehr von der Jagd als vom Leben als Bauer, weshalb er häufig wieder gebeten wird, die wilden Bären und Wölfe zu jagen, die das Dorf und die Bauernhöfe immer wieder bedrohen.

Sunia und Wulf haben die Gabe sich ganz ohne Worte zu verständigen und zu wissen, was der andere denkt. Als sie eines Tages von ihrem Vater auf die Hasenjagd geschickt werden, gelingt es ihnen in ihrer Falle ein Wiesel zu fangen, das sich aber als Kobold entpuppt. Der kleine Kobold macht unverständliche Bemerkungen über ihre Herkunft und ihre Fähigkeiten und verspricht den beiden für seine Freilassung ein Geschenk, Verse, die eines Tages ihr Leben retten soll.

Wenn du alles verloren hast, / wenn Schnee und Feuer sich mischen, / wird das Kaisermesser dich schützen / vor den Hunden des Winterkönigs. (13)

Verwirrt beschließen die beiden Geschwister die Sarg-Maia, eine alte Heilerin, die versprochen hat, sich um die Kinder zu kümmern, von ihrer Begegnung zu berichten. Die erzählt vom Winterkönig und von den Dohlen, den Vögeln des Winterkönigs, von denen es heißt:

Wenn die Dohlen verstummen, droht der Unwinter. (23)

Bald danach erhalten sie Besuch auf ihrem Bauernhof  Besuch von einem Fremden, der ihren Vater von früher zu kennen scheint. Wolf und Sunia belauschen eine aufgeregte Diskussion in einer für sie fremden Sprache und werden auf eine geheimnisvolle Kiste ihres Vaters auf dem Dachboden aufmerksam.

Ohne Vorwarnung bricht ihr Vater zur Jagd auf, von der er erst viele Tage später sterbenskrank wieder heimkehrt. Er scheint von einer Schlinge seiner eigenen Haut erwürgt zu werden. Mit einem geheimnisvollen Auftrag und Rat auf den Lippen stirbt ihr Vater.

Dank des Schlüssels ihres Vaters öffnen Sunia und Wulf die Kiste auf dem Dachboden, in der sich alte Kleidung, ein merkwürdiges Schwert und ein langes Messer befinden. Noch bevor sie sich entschließen können, sich auf den Weg zu machen und den Auftrag ihres Vaters zu erfüllen, bricht ein Schneesturm über sie herein. Entsetzt müssen sie feststellen, dass sich jemand auf der Jagd nach ihnen befindet. Die Herrschaft des Unwinters steht unmittelbar bevor.

Anders Björkelids Fantasy-Geschichte ist mystisch und dunkel und versteht es die jungen Leserinne und Leser von Anfang an in ihren Bann zu ziehen. Gleich wie die beiden Helden werden auch die Leser erst allmählich in die Hintergründe der immer größer werdenden Bedrohung eingeweiht, wobei vor allem die enge Verbindung der beiden Zwillinge auch sprachlich durch die außergewöhnliche Perspektive eines Wir-Erzählers zum Ausdruck gebracht wird. Erst mit der Trennung der beiden nach ihrer Flucht von zu Hause wird die Erzählung aus der Sicht Sunias weitergeführt.

Ein überaus empfehlenswerter Roman einer Fantasy-Reihe, der nicht nur jugendliche Leserinnen und Leser durch seine außergewöhnlich Sprache, seine Geschichte und seine erfrischend neue Umsetzung zu überzeugen weiß und mit Spannung die Fortsetzung erwarten lässt.

Anders Björkelid, Dohlenwinter. Übers. v. Ulrike Brauns [Orig. Titel: Ondvinter], ab 12 Jahren
Berlin: Ueberreuter Verlag 2014, 320 Seiten, 15,40 €, ISBN 978-3-7641-7018-9

 

Weiterführender Link:
Ueberreuter Verlag: Anders Björkelid, Dohlenwinter

 

Andreas Markt-Huter, 26-08-2015

Bibliographie

AutorIn

Anders Björkelid

Buchtitel

Dohlenwinter

Originaltitel

Ondvinter

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Ueberreuter Verlag

Übersetzung

Ulrike Brauns

Seitenzahl

320

Preis in EUR

15,40

ISBN

978-3-7641-7018-9

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Anders Björkelid lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Uppsala. Er arbeitet als Lehrer und hat bereits zwei Bilderbücher veröffentlicht und in seinem Leben über 300.000 Bäume gepflanzt.