Jeanette Randerath, Flieg, Yoa, flieg!

"In der Nacht träumt Yoa von dem Vogel mit den goldenen Augen. Er hat kräftige Beine und sein Schnabel ist fest wie ein Steinkeil. Den Vogel möchte Yoa nicht zum Feind haben, so mächtig sieht er aus."

Anhand von Geschichten können Kinder spielerisch ein Verständnis dafür entwickeln, wie Menschen in früheren Zeiten gelebt haben. "Flieg, Yoa, flieg!" ist die Geschichte eines Jungen der Steinzeit, dem ein Rabe das Leben rettet und damit auf magische Weise verbunden bleibt.

Yoa spielt mit seinen Freunden verstecken und geht in eine Höhle, deren Wände mit Tierbildern bemalt sind. Fasziniert von den Farben und Szenen bemerkt er zu spät, dass sich ein Bär bereits am Höhleneingang drohend aufgerichtet hat. Er stürzt und sieht sich bereits verloren, als plötzlich ein großer schwarzer Rabe den Bären ablenkt und ihm dadurch die Flucht ermöglicht.

Yoa erzählt seiner Familie von dem Vorfall, woraufhin der Bär gejagt wird, Yoa aber eine Woche lang nicht mit den anderen Kindern spielen darf, weil es verboten war, die Höhle zu betreten. In der Nacht träumt Yoa vom Raben, der ihm eine Botschaft vermittelt.

"Wenn eure Sippe meine Brüder und Schwestern schützt, dann werden wir euch beschützen, so gut wir können", antwortet der Vogel und gibt einen freundlich knarrenden Laut von sich: "Krrrr."

Yoa, der sich mit dem Raben zutiefst verbunden fühlt, bittet den Heiler der Sippe den Raben auf die Höhlenwand malen zu dürfen. Dieser erklärt, dass Yoa zuerst selbst ein Vogel werden muss. Yoa beginnt den Flug der Vögel zu beobachten und wenn er allein ist, seine Arme wie Flügel zu bewegen.

Eine Dürreperiode bricht herein und Yoa erhält die Gelegenheit den Raben vor den Speeren der Jäger zu retten. Damit erfüllt sich das Versprechen, dass sich die Raben und die Sippe gegenseitig beschützen. Yoa beginnt zu tanzen und wird auf geheimnisvolle Weise zu einem Vogel, der aus der Luft den rettenden Weg zu einem Fluss auf der anderen Seite eines Berges entdecken kann. Am Ende erhält das Bildnis eines Rabens und eines tanzenden Jungen einen Platz an der Höhlenwand.

Jeanette Randerath gelingt es mit viel Einfühlungsvermögen die jungen Leserinnen und Leser mit einer spannenden Geschichte zu fesseln und in die magische Welt der Steinzeit zu versetzen. Nahezu spielerische vermittelt sie dabei eine für die heutige Zeit fremde Sicht auf die Welt, wie sie von Urgeschichtlern und Mythenforschern angenommen wird. Flieg, Yoa, flieg! ist eine Synthese zwischen einem Sachbuch für Kinder und einem historischen Abenteuerroman. Dazu passt auch gut das Vorwort der Urgeschichtlerin Ruth Hecker, die das historische und kulturelle Umfeld, in dem die Geschichte spielt, in einem kurzen Aufsatz erläutert.

Flieg, Yoa, flieg! ist somit ein gelungenes Vorlesebuch das Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern und ansprechen wird und durch seinen poetischen Stil und Bilder überzeugt.

Jeanette Randerath, Flieg, Yoa, flieg! Eine Geschichte aus der Steinzeit. Ill. v. Daniele Winterhager, ab 4 Jahren
Stuttgart: Thienemann-Verlag 2011, 32 Seiten, 13,40 EUR, ISBN 978-3-522-43706-6J

Weiterführende Links:
Thienemann-Verlag: Jeanette Randerath, Flieg, Yoa, flieg!
Friedrich-Bödecker-Kreis: Jeanette Randerath

Andreas Markt-Huter, 02-02-2012