Christian Futscher, Ich habe keinen Fogel
Rechtschreibung ist in erster Linie ein unlogisches Herrschaftsprogramm, das Menschen in logischer Konsequenz in die Knie zwingt.
Christian Futscher und Leonora Leitl setzten daher mit ihrem Kinderbuch an jener Stelle ein, wo es den System-Erhaltern besonders weh tut: Mit einer alternativen Schreibweise von Fogel am Cover. Denn Kinderbücher werden immer zuerst von Erwachsenen begutachtet, ehe sie vor die Augen der vorgeblichen Zielgruppe treten dürfen.
Heldin des Abenteuers ist Amelie, die alles als aufregend empfindet, weil sich jeden Tag etwas Neues ergibt. Ihr Freund ist der Kanarienvogel Rüdiger, der geheime Kanäle zur Außenwelt der Erwachsenen und zum Jenseits offenhält.
So sitzt Amalie gerade in der Badewanne und lässt das Leben auf sich einplätschern, da bringt ihr Rüdiger einen Brief von der Oma.
Das ist nur für Erwachsene ein wenig verwunderlich, denn Oma ist schon gestorben. Amalie freilich lässt sich von der Oma erzählen, wie es in fremden Gegenden ausschaut, und was man in der modernen Landwirtschaft alles tun kann. Etwa Schweine säen oder Kartoffeln melken oder auch nur das Märchen vom Rotkäppchen für die Werbewirtschaft neu erzählen.
Der Kanarienvogel seinerseits wechselt manchmal seine Erscheinungsform, indem er sich überdeutlich als fremdes Tier ausgibt. Seine Eltern haben ihn ziemlich frei erzogen, so dass es eigentlich nur logisch ist, dass er sich eines Tages selbständig gemacht hat.
Amalie ist noch nicht soweit. Ihre Eltern sind recht gewöhnlich aber immerhin nicht so pingelig wie jene vom Kollegen Daniel.
Diese nämlich brüllen wegen jedem Furz herum und der Vater stinkt nach Bier.
Nach so viel Korrespondenz mit der Weltlage ist es höchste Zeit, an die Zukunft zu denken. „Wie es einmal sein wird“ nennt sich die Utopie, die Amalie so nebenher entwickelt.
Wenn Rüdiger und ich einmal groß sind, wird alles gut werden. Denn nach Regen kommt Sonnenschein, hat meine Omi oft gesagt. Sie hat nicht immer alles durcheinandergebracht. Rüdiger und ich – wir hauen einfach ab und suchen die Insel Makatusch.
Christian Futscher zeigt mit seiner Geschichte, dass man schon in der Auswahl der Phantasie recht sorgfältig sein muss, sollen daraus optimistische Pläne entstehen. Dazu gehört auch die Rebellion, indem man sich nicht nur einen Vogel halten, sondern diesen auch noch mit „F“ schreiben muss. Wie auch immer diese Geschichte ausgeht, die Erwachsenen schauen dabei jedenfalls uralt aus.
Christian Futscher, Ich habe keinen Fogel. Bilderbuch, ill. v. Leonora Leitl, ab 4 Jahren
Wien: Picus 2014, 64 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-85452-179-2
Weiterführende Links:
Picus Verlag: Christian Futscher, Ich habe keinen Fogel
Wikipedia: Christian Futscher
Lesen in Tirol: Interview mit Leonora Leitl
Helmuth Schönauer, 18-01-2015