Allmählich hat das Genre Thriller Standards entwickelt, die in punkto Plot, Figuren, Zeitgeist und Graphik relativ eng gefasste Muster ins Auge fassen.

Carlo Lucarelli, der Thriller- Autor aus Bologna, nimmt seine Heimat-Stadt meist unter politischen und kulturrelevanten Aspekten ins Visier. Im aktuellen Fall der „Bestie“ taucht sauber gegendert Grazia Negro als Kommissarin auf, die während des ganzen Falls damit beschäftigt ist, schwanger zu werden.

Krimis sind Gebrauchsliteratur, die offensichtlich mit der gleichen Motivation täglich geschrieben und gelesen werden muss, mit der ein Verkehrsunternehmen ein Liniennetz betreibt. Täglich sind die gleichen Busse im gleichen Zeitrahmen mit dem gleichen Personal unterwegs, nur das Publikum variiert, manchmal fährt einer mit dem früheren, dann mit dem späteren Bus.

Joe Fischlers Mauser-Serie ist so ein brachialer Unterhaltungsnetzplan, der über Innsbruck und Umgebung gelegt ist. Die Kripo-Frau Valerie Mauser wird von Wien aus so umfassend nach Tirol geschickt, dass zu befürchten ist, dass sie hier noch einige Romane lang ermitteln muss.

Ähnlich wie die Literatur können Kultur-Tiere (Hunde) durchaus eine Gesellschaft rezipieren und darauf reagieren. Die Literatur gibt diesen Künstler-Tieren dann den entsprechenden Auftritt.

Als Ur-Geschichte einer solchen Transformation menschlichen Verhaltens durch den Hund gilt Marie von Ebner-Eschenbachs Novelle Krambambuli, wo ein Hund zwischen Erst- und Zweitherren im Gehorsam zerrissen wird und sich schließlich für den Erstherren entscheidet.

Die knallhärteste Geschichte über Leben und Tod, Opfer und Mord, Blut und Initiation gibt es immer noch im Alten Testament, die pure Härte bricht aus, wenn man diesen archaischen Text in der Gegenwart erzählt.

David Vann braucht für seine Opfer-Orgie nur wenige Zutaten. Der elfjährige Ich-Erzähler wird von Vater, Großvater und einem Bekannten mitgenommen auf die Jagd, wo er am Goat Mountain seinen ersten Hirschen schießen soll, um eine Vorstufe von Mann zu werden. Abenteuerlich gut gelaunt bricht die Truppe auf und entdeckt bald einmal einen Wilderer, der ungeniert in der Landschaft steht.

Manche Typen der Weltgeschichte sind so diffus und amorph, dass sie nur über den Umweg der Fiktion eingefasst und sichtbar gemacht werden können. Die Globalisten sind etwa Menschen, die überall am Globus auftauchen aber naturgemäß immer an der Oberfläche der Kugel bleiben.

Peter Rosei setzt den Mittelpunkt der Welt österreichisch-monarchisch zwischen Wien und dem Ausseerland an, zwischen diesen Polen pendelt auch eine der Hauptfiguren je nach emotionaler Tagesverfassungen hin und her.

Man muss die Literaturwissenschaft nur wörtlich nehmen, dann hat man stets genug Stoff für Unterhaltung.

Gerhard Henschel hat sich so große Begriffe wie Kindheitsroman, Jugendroman und Abenteuerroman zu Herzen genommen und seinen Helden Martin Schlosser durch diese fetten Gattungen gejagt. Als ob der Held, der zumindest dem Namen nach so was ist wie seines Glückes Schmied und ein Türöffner für neue Welten, als ob Martin Schlosser noch nicht kaputt genug ist, wird er jetzt noch durch den Bildungsroman geschickt.

Vielleicht sind Gemütszustände wie sonnig, traurig, wolkig, echauffiert oder schläfrig nichts anderes als Reaktionen auf die physikalische Umgebung, vielleicht sind wir nur ein Messgerät, das etwas misst, was uns nicht bekannt ist.

Georgi Gospodinov nennt seinen feinnervigen Roman über die Empfindsamkeit der Figuren, die durch das Jahrhundert getrieben werden, Physik der Schwermut. Wenn man schon nicht erklären kann, warum die Ereignisse so geschehen sind, sollte man wenigstens beschreiben, wie die davon Berührten darauf reagieren.

„Der Zerfall nimmt üblicherweise seinen Anfang an Orten, auf die niemand achtet.“ (159)

Svetislav Basara hat seinen „Verschwörungsroman“ zeitgleich mit dem Zerfall Jugoslawiens geschrieben, jetzt nach einem Vierteljahrhundert erweisen sich Thema, Stil und Handlung als geradezu prophetisch im Hinblick auf Ausblick und Abrechnung für ein verschwundenes System. Das Thema ist über Nacht da, sagt der Autor, es gibt keine Roman-Form für so eine Umsturzsache, weshalb es im Roman ziemlich aufgelöst zugeht.

Wenn es Leute gibt, die bei der Schubertiade im Bregenzer Wald vor Hingabe zerschmelzen, wird es auch genügend Fans geben, die sich bei der Lektüre eines Wälder-Krimis vor Wonne quasi selbst auflösen.

Peter Natter, der wie alle Krimi-Schreiber die Produktion von Krimis freiwillig macht, schickt seinen skurrilen Bregenzer Inspektor Ibele zu einem Fall, der während der Schubertiade in Schwarzenberg loslegt, weshalb es auch gleich Ibeles schwärzester Fall wird.

Sensible Menschen verlassen sich nicht so sehr auf das Sichtbare und Ausgesprochene, sie knüpfen sich auch die Aura und das Unantastbare vor, wenn sie mit anderen in Kontakt treten. Das Leben ist schließlich an manchen Tagen nichts Gewisses sondern bloß eine Ahnung von allem, was uns umgibt.

Rudolf Habringer setzt in das Euregio-Geflecht Regensburg, Linz, Krumau ein verfilztes Figurenset hinein, das wie in guten russischen Romanen als „Anhang der Hauptpersonen“ ausgewiesen ist. Als Leser fallen einem sofort die drei Hauptberufe der Figuren auf: Germanist, Psychologin, Polizist. Und einige Ehefrauen haben einen ermordeten Mann als Partner, das ist eine neue Form der Patchwork-Beziehung.