sabine weiss, maximilian 1.„Am 12. Januar 2019 jährt sich zum 500. Mal der Todestag Kaiser Maximilians I. Wer war dieser Herrscher? Ist es gerechtfertigt, seiner noch nach einem halben Jahrtausend zu gedenken? Ja, denn Maximilian war eine faszinierende Persönlichkeit: stets voller Ideen und Pläne, mit ritterliche Idealen, ein arbeitsamer Herrscher, schriftstellerisch tätig, ein Liebhaber der Musik, der Frauen und der Natur, mutig bis zur Waghalsigkeit, aber auch kriegslüstern, ehr- und ruhmsüchtig.“ (7)

In fünfzehn Kapiteln skizziert Sabine Weiss anhand umfangreichen Quellen- und Bildmaterials das Leben und Handeln eines großen Herrschers, der an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit die Geschichte Europas maßgeblich mitbestimmte. Von seiner Kindheit über seine Heirat, seinem Aufstieg zum Römischen König und schließlich Kaiser bis zu seinem Tod werden die vielseitigen Interessen und Talente des Kaisers ebenso aufgezeigt, wie seine enge Beziehung zum Land Tirol.

jeannine meighörner, das fliende herzIm historischen Roman lässt es sich mit Fakten durchspielen, was ein anderer Verlauf der Geschichte hätte bewirken können, es lassen sich auch Träume der Gegenwart in das historische Ambiente zurückflashen, und schließlich können im historischen Roman Provinzereignisse zu Weltereignissen aufgeblasen werden.

Jeannine Meighörner hat längst herausgefunden, dass die Tiroler nur daran interessiert sind, ob auch alle historische Größen einmal in Tirol gewesen sind, um das Land für gut zu befinden. Da wir im 19. Jahrhundert nur Zeugnisse des durchreisenden Goethe und Heine haben, müssen die beiden eben ununterbrochen herhalten, um die Größe des Transitlandes Tirol zu dokumentieren.

franz josef noflaner, dichter worteIn einer völlig erschlossenen, zivilisierten und geschäftlich austarierten Kunstwelt sind wir dann völlig fertig, wenn jemand auftaucht, der das Außenseitertum zur Kunst erhoben hat und auf alles pfeift.

Als Franz Josef Noflaner 1989 stirbt, geht er niemandem ab, das ist eigentlich das Übliche im Tiroler Kunst- und Literaturbetrieb. Aber als man dann das Werk exemplarisch 2017 in einem Schuber vorstellt, sind alle verblüfft. Im Textteil wimmelt es nur so von hermetischen Texten, die mit dem Vokabular des Talschlusses und dem Formelvorrat der Romantik massenweise Themen abhandeln und die dann entstehen, wenn nichts passiert. Im Bildteil stechen vor allem die Kugelschreiber-Bilder hervor, die als Vignetten ausgeführt von einem gewaltigen Zeitverbrauch bei der Entstehung der ausgekritzelten Flächen künden.

siegfried nitz, aber wir hatten dich doch alle so liebSeit Kafka wissen wir, ein echtes Gerichtsverfahren dauert ein Leben lang und endet in einem Steinbruch oder als offene Ratlosigkeit.

Siegfried Nitz schickt eine Heldin in ein jahrzehntelanges Gerichtsverfahren, die alle Kafka-Zutaten mitbringt, die Protagonistin Margreth wird plötzlich Alleinerbin, ihr Konkurrent Helmuth büßt eine langjährige Haftstrafe ab, dann kommt er raus und will sein Erbe. Margreth hat neben Liegenschaften und Kohle ein verschnürtes Papierbündel geerbt, das sie nur im Notfall öffnen soll.

Titelbild: swald Blassnig, Mit Verlaub, Herr O!In zivilisierten Gesellschaften hat der Staat das Gewaltmonopol, und damit möglichst viele Staatsbürger davon kosten können, gibt es in manchen Staaten eine Wehrpflicht.

Mit dieser zwangsweisen Eingliederung in die Welt der Gewalt geraten viele sogenannte Präsenzdiener in einen Konflikt. Im Schulbereich nämlich haben sie das gewaltfreie Regeln von Konflikten gelernt, und jetzt sollen sie Hemmungen abbauen, wenn es ums Losschlagen geht.

titelbild: Armin Zöggeler, Mein Leben im EiskanalWenn man im Netz die einsamen Gegenden nördlich des Polarkreises durchstreift, trifft man unter der Adelsbezeichnung „Persönlichkeiten“ auf Eishockeyspieler, Biathleten, Schispringer und Rodler. Umso erstaunlicher ist also die kulturelle Vorgabe, dass man in Südtirol durch Rodeln eine Persönlichkeit werden kann.

Armin Zöggeler lebt als Kind idyllisch am Bauernhof in Völlan, ein paar seiner Freunde rodeln schon, aber er ist zu jung, um bei einem Wettbewerb mitmachen zu können. Später verletzt sich jemand, man sinniert, wer einspringen könnte, und kommt auf Armin. Der ist sau-schnell und ein solches Naturtalent, dass er auch in einen künstlichen Eiskanal passt.

Titelbild: Albrecht Selge, Die trunkene FahrtDer pseudo-gesellige Ausdruck „zusammensaufen“ bedeutet nicht nur, zusammen etwas zu trinken, sondern gleich die ganze Thematik über den Haufen zu saufen. So ist es kein Wunder, dass Südtirol zwischendurch als genialer Grund für das Niedersaufen angesehen wird.

Albrecht Selge setzt mit der „trunkenen Fahrt“ eine schräge Expedition durch Südtirol in Gang. Wie für ein Casting-Treffen zu einer skurrilen Komödie kommen ein Jus-Student aus Bologna, ein Klavierspieler aus Hannover und ein Musikkritiker aus Berlin in einem miesen Fiat Panda zu sitzen und nehmen gleich Fahrt auf. Am Steuer sitzt der einheimische Brachial-Humanist Gasser, der als Gymnasiallehrer versucht, dem Volk die Grundzüge einer Bildung beizubringen.

Titelbild: Bozen - Ein Denkmal, eine Stadt, zwei DiktaturenDas Siegesdenkmal steht zwar in Bozen, beschäftigt aber wie jedes gute Denkmal das ganze Land, in diesem Falle ganz Tirol. Das Siegesdenkmal ist wie jedes gute Denkmal ständig vom Abriss bedroht und bringt dadurch ständig einen Diskurs auf die Beine. Abermals ein Beweis, dass es ein gutes Denkmal ist. Das Siegesdenkmal ist zur Zeit Anlass und Ort für eine denkwürdige Ausstellung, in der Macht, Herrschaft, Kultur, Baugeschichte und Gebrauch von Geschichte denkwürdig zum Ausdruck gebracht sind.

Das Denkmal wird zwischen 1926 und 1928 nach einem Entwurf des bedeutenden italienischen Architekten Marcello Piacentini errichtet. Benito Mussolini widmet es dem „italienischen Sieg“, und Inschriften von Barbaren, denen man Sprache und Schrift bringen muss, zeugen davon, dass hier auf freier Wiese zwischen Bozen und Gries jetzt ein anderer Wind weht. Das Denkmal darf auch nicht für sich alleine stehend analysiert werden, man muss sich immer den ganzen Stadtteil hinzu denken, wie ja auch der Architekt das Denkmal nur als Eintrittskarte für seine Bautätigkeit im ganzen Viertel gesehen hat.

sch%C3%B6nauer_aftero.jpg„Eine Literaturgeschichte in Anekdoten ist genauso wahr oder falsch wie eine germanistisch durchkomponierte Geschichte. Gerade ein regionales Universalerlebnis wie Tirol wird ohne Anekdoten nicht auskommen, ist doch ganz Tirol eine Anekdote.“ (3)

Auf Wikipedia wird eine Anekdote als eine bemerkenswerte oder charakteristische Begebenheit, meist im Leben einer Person, definiert. Ihre wichtigsten Merkmale sind die Pointe, die Reduktion auf das Wesentliche und die scharfe Charakterisierung einer oder auch mehrerer Personen. „Aftero und Aftera“ konzentriert sich auf merkwürdige und außergewöhnliche Begebenheiten der jüngsten Vergangenheit in Tirol.

„Wäre es als böses Omen gesehen worden, Erzherzog Ferdinand II. hätte gleich wieder umkehren müssen. Allzu viel ging schief, als der neue Landesfürst am 17. Jänner 1567 in seine zukünftige Residenzstadt Innsbruck einzog.“ (9)

Erzherzog Ferdinand II. spielt in der Tiroler Geschichte eine beachtenswerte Rolle als humanistisch gebildeter Kunstliebhaber mit großer Kunstsammlung sowie als wichtiger Protagonist der Gegenreformation. Berühmt gemacht hat ihn jedoch seine skandalöse Ehe mit der Kaufmannstochter Philippine Welser, für die er Schloss Ambras mit seiner weithin berühmten Kunst- und Wunderkammer errichten ließ.