John Strelecky, Das Café am Rande der Welt

bild john strelecky_ das cafe am rande der welt„Manchmal, wenn man es am wenigsten erwartet, aber vielleicht am meisten braucht, findet man sich an einem unbekannten Ort wieder, mit Menschen, die man gleichfalls nicht kennt, und erfährt neue Dinge. Ich erlebte so etwas eines Nachts auf einer dunklen, einsamen Straße.“ (S. 7)

John nimmt sich eine Woche Auszeit, um im Urlaub Abstand von seiner Arbeit zu suchen. Er fragt sich schon länger, ob das Leben nicht mehr zu bieten habe als zehn oder zwölf Stunden am Tag zu arbeiten und auf eine Beförderung zu hoffen. Auf seiner Fahrt in den Urlaub gerät er in einen Stau. Sein Versuch auf einem Seitenweg dem Stau auszuweichen führt ihn ins geradewegs ins „Café am Rande der Welt“.

Als es Nacht wird, weiß John, dass er sich verfahren hat und sein Benzin bald zu Ende gehen wird. Gerade rechtzeitig taucht wie aus dem Nichts ein Kaffee mit dem Namen „Das Café der Fragen“ auf, das ihn in seinem Inneren an ein amerikanisches Restaurant der fünfziger Jahre erinnert. Der Geruch ist anregend und Casey, die Bedienung, überaus geheimnisvoll und freundlich. Auf der Vorderseite der Speisekarte liest er die merkwürdige Aufforderung:

Bitte lassen sie sich vor Ihrer Bestellung von unserem Servicepersonal beraten, was Ihre Zeit hier bedeuten könnte. (S. 22)

Und auch die drei Fragen auf Rückseite der Speisekarte erscheinen ihm nicht weniger geheimnisvoll:

Warum bist du hier? / Hast du Angst vor dem Tod? / Führst du ein erfülltes Leben? (S. 22)

John ist auf eigenartige Weise von den Fragen und den anschließenden Gesprächen mit Casey und dem Küchenchef Mike angetan, die ihm aber gleichzeitig das Fundament unter dem Boden seines bisherigen Lebens immer wackeliger erscheinen lassen. Immer stärker beginnt er den Sinn seines bisherigen Lebens zu bezweifeln und sich auf die drei Fragen auf der Rückseite der Speisekarte und die philosophischen Gespräche mit Casey und Mike einzulassen.

In einer zweiten Kurzgeschichte besucht der 71-jähriger griesgrämige und einsame Sam am Weihnachtsabend kurz vor Sperrstunde das Café, um sich noch einmal rasch aufzuwärmen. Er ist allein im Kaffee und trotz der freundlichen Begrüßung durch Casey bleibt Sam mürrisch. Zu seiner Überraschung bemerkt Sam einen fünfjährigen Jungen, der vergnügt allein mit seinem bunten Spielzeug-Lastauto aus Holz spielt und ihn unvermittelt in ein Gespräch zieht, das sein Leben verändern wird.

Auf poetisch magische Weise nähert sich John Strelecky den zentralen Fragen des Lebens und versteht es seine Leserinnen und Leser auf unaufdringliche und dennoch berührende Weise an seinen Gesprächen und Überlegungen teilhaben zu lassen und ganz unmerklich selbst mit diesen Fragen, die das innere eines jeden von uns ausmachen, zu beschäftigen.

Eine überaus lesenswerte, sinnreiche und bewegende Erzählung, die lehrreich und dennoch nicht belehrend seine Leserinnen und Leser auffordert, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken und eingefahrene Wege zu verlassen.

John Strelecky, Das Café am Rande der Welt. Eine Erzählung über den Sinn des Lebens, ill. v. Root Leeb, übers. v. Bettina Lemke [Orig. Titel: The Why Are You Here Café], ab 16 Jahren
München: dtv 2018, 144 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-423-28984-9

 

Weiterführende Links:
dtv: John Strelecky, Das Café am Rande der Welt
Wikipedia: John Strelecky

 

Andreas Markt-Huter, 20-08-2019

Bibliographie

AutorIn

John Strelecky

Buchtitel

Das Café am Rande der Welt. Eine Erzählung über den Sinn des Lebens

Originaltitel

The Why Are You Here Café

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

dtv

Illustration

Root Leeb

Übersetzung

Bettina Lemke

Seitenzahl

144

Preis in EUR

15,50

ISBN

978-3-423-28984-9

Lesealter

Altersangabe Verlag

o.A.

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

John Strelecky wurde in Chicago/Illinois geboren und lebt heute in Orlando/Florida. Er war lange Jahre in der Wirtschaft tätig, bis ein lebensveränderndes Ereignis im Alter von 33 Jahren ihn dazu veranlasste, die Geschichte vom „Café am Rande der Welt“ zu erzählen. Er hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Erfahrung als Autor. Und er hatte auch an keinen Schreibseminaren an der Universität teilgenommen.