Ermin Welzl, Eine Leiche zuviel

Buch-Cover

Literatur ist an manchen Tagen nichts anderes als Stoff, den es als Schnäppchen aus den Regalen auszulösen gilt.

Einmal ehrlich, wann kriegt man schon drei frische Romane in eine einzige Hand? Und noch dazu Romane, die abgeschlossen sind?

Ermin Welzl hat offensichtlich diese moderne Literatur satt, in der das Ende offen ist, man nie weiß, ob man noch im Text ist oder schon im Leben, und wo man einfach kein Ende findet. Folglich sind seine Romane immer abgeschlossen, und damit man ja nicht mit Schwung ins Leere liest, steht auch noch ENDE dort, wo Ende ist. Letztlich ist es die zentrifugale geographische Urkraft, welche den drei Romanen als gemeinsames Stilmerkmal unterlegt ist.

In allen drei Romanen starten die Figuren nämlich entweder in Tirol, um wie von einem Katapult in entlegene Gegenden geschleudert zu werden, oder tauchen in Krisenzeiten darin ab. Eine Leiche zuviel ist durchkomponierter Krimi-Ulk, wie er eben in Tirol passieren kann, wenn es dumm läuft.

Im Sandlermilieu spielt die pure Liebenswürdigkeit mit sich selbst, allmählich haben alle einen Fetzen im Gesicht und am Schluss des Tages sinkt einer in der Leichenhalle nieder, als Leiche zuviel. Über diesem Plot voller Realismus ist ein zweiter voller Unwahrscheinlichkeit aufgebaut. Der ehemalige Sandler verliebt sich in die Witwe der echten Leiche und fährt ab in den Süden.

Nicht viel ungezähmter gebärdet sich die Phantasie des Autors im zweiten Roman, bei dem es um einen ungeheuer verschlüsselten Code geht. Ein Code ist letztlich zu gar nichts gut, außer dass er möglichst geheim sein sollte. Am anderen Ende der Welt sitzt ein Herr Fritz und diesem soll der Code frisch von Tirol aus zugestellt werden. Der Ich-Erzähler fasst sich also das sprichwörtliche Herz und stellt den Code zu. ? ENDE!

Im dritten Roman wird ein Geldtransporter überfallen und auf Schloss Tirol klärt inzwischen eine transzendente Runde die Sache mit dem Jenseits, indem sie Markierungen oder Pointer aufsucht. In leichter Schräglage driften die Esoteriker schließlich an den Rand der letzten Dinge. Die Gattungen Krimi, Challenge-Report und Science Fiction werden jeweils harmlos tirolerisch aufgegriffen und dann aber an ein radikales Ende geführt. Denn die Romane führen ihr Genre mit einer Kühnheit vor, dass einem als Leser wirklich die Luft weg bleibt.

Dass man megafrech und unbekümmert erzählen kann, wenn man sich nur traut, und es trotzdem ein Roman wird, das ist die eigentliche Überraschung des Trippelbandes. Vermutlich handelt es sich um den poetischen Realismus des dritten Jahrtausends. Denn ist es nicht realistisch, wenn man angesichts doofer Vorabendserien und  Millionenshows in den Hauptabendprogrammen mit der Kühnheit von übergeschnappten Talkmastern vom großen Ding erzählt? Und die Botschaft des Dings, das uns alle bewegt, lautet: Du musst aus Tirol abhauen bis ans Ende der Welt, dann kriegst du dein Abenteuer!

Ermin Welzl: Eine Leiche zuviel. - Hallo Lola! 990xxy099. - Der Pointer aus dem  Jenseits. 3 abgeschlossene Romane.
Innsbruck: Gerst 2004. 239 Seiten. EUR 9,90. ISBN 33-9501842-8-7

 

Helmuth Schönauer, 02-02-2005

Bibliographie

AutorIn

Ermin Welzl

Buchtitel

Eine Leiche zuviel. - Hallo Lola! 990xxy099. - Der Pointer aus dem Jenseits

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Gerst

Seitenzahl

239

Preis in EUR

EUR 9,90

ISBN

3-9501842-8-7

Kurzbiographie AutorIn

Ermin Welzl lebt in Fulpmes.