Zoran Drvenkar, Frankie und wie er die Welt sieht

„»Manchmal höre ich Mama in der Nacht weinen«, sagt er so leise, dass nur Delia ihn hören kann. »Mama klingt dann wie ein verlorener Geist. Ich glaube, das vergeht nicht so schnell. Wenn man so weint und wenn man so traurig ist, vergeht das vielleicht nie.« »Mama ist nicht traurig, Frankie, sie ist wütend und sie ist enttäuscht.« »Weil Papa weggegangen ist?« »Und weil er sich nie entschuldigt hat.« »Kein einziges Mal?« »Kein einziges Mal.« »Oje.«“ (S. 10)

Für den zehnjährigen Frankie und seine vierzehnjährige Schwester Delia ist die drohende Scheidung ihrer Eltern das zentrale Thema endloser Gespräche. Dabei versucht die ältere Schwester durch kleine Notlügen ihren kleinen Bruder zu beruhigen und ihm die Angst vor der drohenden Wahrheit zu nehmen. Bis Frankie eines Tages plötzlich verschwindet.

Frankie hofft, dass er die Probleme in einem Gespräch mit seinem Vater lösen kann, was Delia als unwahrscheinlich bezweifelt.

„So unwahrscheinlich, als würdest du vier Milchshakes hintereinander trinken.“ (S. 12)

Zum Erstaunen seiner Schwester trinkt Frankie die vier Milchshakes, geht auf die Toilette und verschwindet, wie schon ein Jahr zuvor. Damals hatte Frankie fünf Stunden lang mit Hilfe eines Schnorchels in der Tiefkühltruhe beobachtet, wie Wasser zu Eis gefriert. Außerdem ist Frankie fest davon überzeugt, sich unsichtbar machen zu können.

Delia und ihre Mutter zerbrechen sich verzweifelt den Kopf, wo Frankie sich verstecken könnte, bis Frankie in einem Telefonanruf nachfragt, was er essen soll. Dabei stellt sich heraus, dass er mit seinem Freund Lars ohne Fahrscheine mit dem Zug von Berlin nach Köln gereist ist. Sein Plan ist es mit seinem Vater zu sprechen, um die Beziehung seiner Eltern wieder ins Reine zu bringen.

Verzweifelt ruft Frankies Mutter ihren Ehemann an, um ihn von Frankies bevorstehendem Besuch zu informieren. Zu ihrem Entsetzen und Frust stellt sich heraus, dass sich Frankies Vater gar nicht in Köln aufhält, sondern mit seiner neuen Freundin nach Venedig gereist ist. Als Frankie zu Hause nach der Adresse seines Vaters fragt, erklärt ihm seine Mutter, dass dieser verreist ist. Sofort ändert Frankie seinen Plan und nimmt mit seinem Freund Lars die spannende Verfolgung seines Vaters nach Venedig auf. Ein ebenso spannendes wie außergewöhnliches Abenteuer nimmt seinen Lauf

Zoran Drvenkar gelingt es in seinem Kinderroman „Frankie und wie er die Welt sieht“ das schwierige Thema „Trennung der Eltern“ in einem actionreichen Kinderbuch zu verarbeiten. Dabei überzeugt der außergewöhnliche und liebenswerte Held Frankie, der sich nicht bereit zeigt, die Welt einfach so hinzunehmen, wie sie ihm aufgedrängt wird, ebenso, wie die anderen stark gezeichneten Protagonisten.

Ein überaus lesenswertes Kinderbuch, das durch eine ebenso spannende wie unterhaltsame Geschichte die jungen Leserinnen und Leser von Beginn weg in seinen Bann zu ziehen vermag.

Zoran Drvenkar, Frankie und wie er die Welt sieht. Ill. v. Sabine Wilharm, ab 10 Jahren
München: Hanser Verlag 2024, 152 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-3-446-28073-1

Weiterführende Links:
Hanser Verlag: Zoran Drvenkar, Frankie und wie er die Welt sieht
Wikipedia: Zoran Drvenkar
Wikipedia: Sabine Wilharm

Andreas Markt-Huter, 02-10-2024