Cornelia Rosebrock / Daniel Nix, Grundlagen der Lesedidaktik

Andreas Markt-Huter - 24.09.2025

Cornelia Rosebrock / Daniel Nix, Grundlagen der Lesedidaktik„Wegen der Notwendigkeit zur Differenzierung im Feld der Leseförderung wollen wir mit dem vorliegenden Buch zu einem detailorientierten Blick auf die Belange der verschiedenen Gruppen von Heranwachsenden anregen und die Grundlagen dafür bereitstellen. Mit dem Begriff der »systematischen Leseförderung« im Titel bezeichnen wir ein Konzept, das spezifische Leseschwierigkeiten der Schülerschaft in ein ausdifferenziertes Modell von Lesekompetenz einordnet und vor diesem Hintergrund passende Fördermethoden zu den verschiedenen Teilbereichen des Lesens empfiehlt.“ (S. 9)

„Grundlagen der Lesedidaktik“ von Cornelia Rosebrock und Daniel Nix gilt als Klassiker in die Einführung der schulischen Leseförderung. Die 10. Auflage seit 2007 wurde durch neue Forschungsergebnisse erweitert und aktualisiert. Das Sachbuch wendet sich an Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen, von der Grundstufe bis hinauf in die Sekundarstufe, die den Erwerb von Lesekompetenz fördernd begleiten.

Ziel des Buches ist es nicht alte und neue Methoden der Leseförderung zusammenzustellen, sondern die Verfahren der Leseförderung systematisch darzustellen und die mögliche Umsetzung im Schulunterricht aufzuzeigen. Dabei werden „die elementaren Komponenten eines Lesecurriculums im Anschluss an die Alphabetisierung (S. 10)“, wie sie für die 2. bis 10. Klasse gedacht sind, vorgestellt.

Die systematische Leseförderung braucht eine Einbettung in einen theoretischen Begriff von Lesekompetenz. Denn nur Lehrende welche bei Schülern beobachtete Leseleistungen mit dem Hintergrundwissen eines Lesekompetenzbegriffes bewerten können, sind in der Lage, das Lesen erfolgreich zu unterstützen und fördern. Gilt es doch die richtigen Methoden für die Leseförderung auszuwählen, in den Unterricht einzubauen, sie durchzuführen und die Ergebnisse kritisch zu bewerten. Dazu muss der Lesevorgang in seinen verschiedenen Dimensionen grundsätzlich verstanden werden.

In zehn Kapiteln werden die wichtigsten theoretischen Aspekte des Lesens, Lesenlernens und der Leseförderung detailliert vorgestellt. Kapitel 2 „Ein Modell von Lesekompetenzen aus didaktischer Perspektive“ geht zuerst der Frage nach, wozu es eines theoretischen Hintergrundes für Lesekompetenz bedarf. In einem zweiten Abschnitt werden die verschiedenen Ebenen eines didaktisch orientierten Modells zur Lesekompetenz aufgezeigt, wie z.B. die kognitiven Anforderungen des Lesens auf der Prozessebene, Aspekte der Persönlichkeit und Lektüre auf der Subjektebene und die Bedeutung der Kommunikationen eines Textes auf der sozialen Ebene. Einen Ausflug in den Bereich der Lesesozialisation bietet der Abschnitt „Ein Blick auf den Verlauf des Erwerbs von Lesekompetenz“.

Kapitel 3 „Lautleseverfahren“ zeigt auf, was unter Lautlese-Verfahren zu verstehen ist und für welche Schüler sich diese Methode eignet. Außerdem wird der Begriff Leseflüssigkeit erklärt und welche Rolle sie für das Textverstehen spielt. Weitere Abschnitte zeigen auf, wie sich Leseflüssigkeit fördern lässt und wie effektiv Lautlese-Verfahren sind.

Im Kapitel 4 kommen „Vielleseverfahren“ zur Sprache, was darunter verstanden wird, für wen sie sich eignen, wie Lesemenge und Textverstehen zusammenhängen und wie wirksam Viellese-Verfahren sind.

Das 5. Kapitel „Lesestrategien“ erklärt was unter „Lesestrategien“ zu verstehen ist, für welche Schüler sie empfohlen werden, welche Lesestrategien es gibt, wie sich Lesetechniken im Wissensbestand verankern lassen, wie Schüler Lesetechniken anwenden, üben und eigenständig umsetzen können. Daneben wird gezeigt wie Lesetechniken im Unterricht mit Hilfe von Lesestrategieprogrammen, kooperativen Verfahren und graphischer Strukturierung gezielt vermittelt werden können.

Kapitel 6 „Sachtextlektüre: Lernen in Wissensdomänen“ legt den Schwerpunkt auf das Lesen von Sachtexten, auf das Vermitteln von Wissen durch Lesen. Es wird aufgezeigt was Sachtexte sind und ihre spezifischen Inhalte und ihre Textstruktur ausmacht. Daneben wird aufgezeigt welche Bedeutung Vorwissensstrukturen der jungen Leserinnen und Leser zukommen und wie ihnen beim Erkennen der rhetorischen Strukturen von Lehrtexten geholfen werden kann. Ein weiterer Abschnitt reist das Thema „Bilder in Lehrtexten: Hilfe und Problem“ an.

Das 7. Kapitel „Digitales Lesen“ geht den neuen Herausforderungen nach, die komplexes Lernen aus Onlineressourcen mit sich bringt und zeigt die neuen Gewichtungen der verschiedenen Teilleistungen und die verstärkte metakognitive Steuerung im Leseprozess auf. Dazu werde systematisch Ansätze vorgestellt, die helfen sollen, digitale Kompetenzen zu fördern.

Das 8. Kapitel „Leseanimation“ setzt sich zunächst mit der „Leseanimation“ auseinander und erläutert, was darunter zu verstehen ist. Weiters wird aufgezeigt für welche Schüler leseanimierende Verfahren geeignet sind, was es bei Leseanimationen und im Bereich der Lesemotivation zu beachten gilt und welche Rolle der Lesemotivation mit Kinder- und Jugendliteratur zukommt. In einem umfangreichen Abschnitt werden zahlreiche Verfahren der Leseanimation vorgestellt und ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen des Schulunterrichts aber auch darüber hinaus besprochen.

Kapitel 9 „Literarische Lesekultur entwickeln“ zeigt die Aufgaben und Möglichkeiten der Lesedidaktik im Literaturunterricht auf, wie sich z.B. Leseverstehens-Leistungen im Rahmen des literarischen Lernens steigern lassen. Zunächst wird auf die Bedeutung der Kinderliteratur für die literarische Sozialisation hingewiesen aber auch die wichtige Rolle der Haltung zum Lesen betont, die vom Alter und den Textformen abhängt. Zur Sprache kommen aber auch die unterschiedlichen Anforderungen an die Lesekompetenz, die literarische Texte im Vergleich zu Sachtexten erfordern. Dabei bietet literarisches Lesen sowohl auf der Subjekt- als auch der sozialen Ebenen zahlreiche Möglichkeiten der Leseförderung.

Das abschließende Kapitel „Zur praktischen Integration der Verfahren“ geht zunächst Lesefördermaßnahmen in Lernbüchern und Übungsheften nach und setzt sich anschließend mit lesedidaktisch ausgerichteten Unterrichtsprojekten im Schulunterricht und dem schulinternen Lesecurriculum auseinander, die vom Engagement der Lehrer leben.

„Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung“ gilt nicht zu Unrecht als Klassiker der Lesepädagogik. Es findet sich kaum ein Bereich der Lesedidaktik der nicht ausführlich besprochen und mit wissenschaftlichen Forschungsergebnissen untermauert wird. Lehrerinnen und Lehrer können sich gezielt informieren, welche Methoden und Verfahren für Art der Leseschwierigkeiten geeignet sind und welche keine Erfolge bringen.

Der gut strukturierte Aufbau hilft dabei, sich rasch und gezielt einen Überblick über das theoretische Hintergrundwissen und die einzelnen Verfahren im Bereich der Lesedidaktik zu verschaffen. Jedes Kapitel gibt an was unter dem jeweiligen Verfahren zu verstehen ist, für welche Schüler sie geeignet sind, welcher Zusammenhang mit der Lesekompetenz besteht und wie Wirksam die einzelnen Verfahren im Bereich der Leseförderung sind. Die theoretischen Grundlagen werden allgemein verständlich vermittelt, was im Bereiche der pädagogischen Literatur nicht immer selbstverständlich ist, und die zahlreichen Beispiele bieten Hinweise und Anregungen für die Umsetzung im konkreten Unterricht. Die aktualisierte Auflage wurde erheblich ergänzt und um das Kapitel „Digitales Lesen“ erweitert. Ein „Muss“ für alle Lehrerinnen und Lehrer, denen die Förderung der Lesekompetenz ihrer Schüler ein Anliegen ist.

Cornelia Rosebrock / Daniel Nix, Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung
Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2025, 225 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-8340-2272-1

 

Weiterführende Links:
Cornelia Rosebrock / Daniel Nix, Grundlagen der Lesedidaktik
Universität Frankfurt: Cornelia Rosebrock

 

Andreas Markt-Huter, 26-08-2025

Bibliographie
Autor/Autorin:
Cornelia Rosebrock / Daniel Nix
Buchtitel:
Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung
Erscheinungsort:
Baltmannsweiler
Erscheinungsjahr:
2025
Verlag:
Schneider Verlag Hohengehren
Seitenzahl:
225
Preis in EUR:
18,00
ISBN:
978-3-8340-2272-1
Kurzbiographie Autor/Autorin:
Prof. Dr. Cornelia Rosebrock war bis zum 2023 an der Goethe-Universität, Frankfurt/Main. an der Professur "Neuere Deutsche Literaturwissenschaft". Ihre Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte waren: Lesesozialisation / Literarische Sozialisation; Literarisches Lernen; Leseforschung; Leseförderung

Dr. Daniel Nix war von 2004 bis 2008 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Leseflüssigkeit" an der Frankfurter Goethe-Universität. Nach erfolgreichem Abschluss seines Referendariats ist er Studiendirektor an einem hessischen Gymnasium. Er engagiert sich neben dem Deutsch- und Politikunterricht in der Schulleitung und ist bundesweit in der Lehrerfortbildung, Schwerpunkt Leseförderung, tätig.