Tirol

Birgit Unterholzner, Die Blechbüchse

h.schoenauer - 22.02.2006

Buch-Cover

„Verscharre die Blechbüchse im Garten oder sonst wo!“ – Nach so einem ersten Satz muss man als Leser unbedingt wissen, was es da mit der Büchse auf sich hat.

Mutter muss ins Spital, die zehnjährige Tochter vergisst die Büchse und alles drum herum, erst als nach Jahrzehnten die Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen, taucht diese Blechbüchse wieder auf.

Wolfgang Raffeiner, Aus dem späten Leben

h.schoenauer - 27.01.2006

Buch-CoverKann ein unspektakulärer Mensch eine spektakuläre Biographie haben? Wolfgang Raffeiner zeigt mit seinen Mitschriften zum eigenen Leben, dass das so genannte einfache Leben durchaus aufregend sein kann.

Als Chef einer Zimmerei hat er ein Leben lang nicht nur die schwersten Stämme behauen und zersägt, sondern daneben auch immer sein Leben in wohl proportionierte Scheiter zerhackt und zu einer Tagebuchartigen Kulturmitschrift aufgeschlichtet.

David Honigmann, Ein Ort, an dem seit Tagen kein Wunder geschah

h.schoenauer - 20.01.2006

Buch-CoverFahndungsfotos sind dann am wirkungsvollsten, wenn darauf nur die gröbsten Details scharf zu sehen sind und alles andere dem Fahnder überlassen bleibt.

Etwas Ähnliches ist David Honigmann mit seinem Porträt der Alpenstadt „Stöck“ gelungen. Zwar ist scheinbar nichts polizeischarf erzählt, dennoch aber ergibt der Roman hinter der Netzhaut des Lesers ein dichtes Porträt der Stadt Innsbruck, die mit all den kauzigen und wahnsinnigen Bewohnern mit klaustrophoben Tiefgang perfekt beschrieben wird.

Manfred Schild, Wallstreet, Windel, Werkzeugkiste

h.schoenauer - 19.01.2006

Buch-CoverWo ist die toteste Gegend einer Stadt? – Meistens dort, wo nicht einmal mehr Einheimische wissen, wie die Straßenzüge heißen.

In Innsbruck gehört die Feldgasse sicher zum schattigsten Bewusstseinswinkel, den man sich in einer geistig schattigen Gegend vorzustellen hat. Mitten in diesem Brachland zwischen Pädagogischer Akademie und Umspannwerk ist in der ehemaligen „Konsum“-Zentrale das Westbahntheater untergebracht.

Heinrich Klier, Verlorener Sommer

h.schoenauer - 18.01.2006

Buch-Cover„Ich werde, wenn’s hoch geht, noch zwanzig Jahre lang klettern gehen können. In jedem Jahr gibt es vielleicht zehn solcher Klettersonntage wie den verpatzten gestrigen. Zehn mal zwanzig sind zweihundert. Was sind zweihundert schöne Sonntage? Nichts, ein Wischer übers Gesicht. Ein Glück, dass ich in Innsbruck zur Welt gekommen bin, wo die Berge vom Stadtrand emporwachsen, oder besser – die letzten Häuser schon droben auf den Bergen stehen.“ (25)

Heinrich Klier hat mit seinem 1954 erschienen Roman „Verlorener Sommer“ vermutlich eine neue Literaturgattung eingeführt, den fiktionalen Routenplaner. Verlorener Sommer ist einerseits eine grandiose Schilderung von konkreten Bergrouten ins Karwendl, aufs Matterhorn oder überhaupt durchs Wallis, andererseits ist es ein mit dürrem Erzähldraht zusammen gewickelte Liebesgeschichte, in der es nur so von Steinschlägen und Blitzeinschlägen wummert.

Heinrich Klier, Silber für die braune Göttin

h.schoenauer - 28.12.2005

Buch-CoverBestseller aus vergangenen Zeiten vermitteln bei der aktuellen Lektüre dieses spannende Knacksen, wenn die Patina durch heftigen Lichteinfall aus der Gegenwart aufspringt. Heinrich Kliers Bestseller aus dem Jahre 1964 liest sich nach vierzig Jahren wie eine Gebrauchsanweisung zur Eroberung der Alpen.

In der Hülle dieser Eroberungsgeschichte stecken kaum getarnt ein Gebirgs-, Abenteurer- Indio-, Liebes- und Schürfroman. So gut wie alles, was die damalige Fiktionslehre herzugeben vermochte, ist in diesem „Silber für die braune Göttin“ eingeschmolzen.

Helmuth Schönauer, Afterschock Schwere HTML-Gedichte

andreas.markt-huter - 21.12.2005

Buch-CoverEin Gedichtband wie geschaffen für das Internet. Da wechselt das lyrische Ich wie ein Surfer in den Wellen des Internets von einem Thema und von einem Ort zum nächsten, um schließlich ganz unverhofft mit neuer Maske wieder zurück zu kehren. Da heißt es anschnallen und festhalten.

Allen LeserInnen die es genau wissen wollen erhalten in einem Notglossar eine ultimative Verständnishilfe für die wichtigsten lyrischen Begriffe: ?Afterschock, das Nachbeben das naturgemäß mehr Entsetzen auslöst als das Erstbeben, zwar ist der Innovationswert geringer, dafür aber der Schock umso größer.? oder ?Lyrisches Ich: Entsteht bei der germanistischen Spaltung eines Schizoids, flüchtet oft in ein Gedicht und benimmt sich darin unberechenbar.?

C.H. Huber, Kurze Schnitte

h.schoenauer - 20.12.2005

Buch-Cover„Kurze Schnitte“ sind eher eine Erzählmethode als ein Buchtitel, man denkt sofort an Robert Altmanns „short cuts“, welche in der Filmkultur für Aufsehen sorgen, oder aber an die letzten Erzählungen Raymond Carvers, die 2002 auf deutsch ebenfalls mit dem Titel „Kurze Schnitte“ erschienen sind.

C. H. Huber hat in ihren 29 Anschnitten durchaus die ursprüngliche Bedeutung von „sort cut“ im Auge, nämlich ein Ziel ohne Umwege stracks zu erreichen. So mündet ein unauffälliger Liebesschub, der als zärtliche Hand im Schneckentempo auf die Protagonistin zu kriecht, mit einem lustpragmatischen Sturz auf die Couch.

Kurt Pokos / Franz Hüttl, Tiroler Skitouren Handbuch

h.schoenauer - 13.12.2005

pokos_skitourenbuch.jpgDramatisch schön ist aber auch das Vokabular, das Tourengehern zur Verfügung steht, wenn auf einen gelungenen Aufstieg ein geglückter Abschwung erfolgt ist.

In diesem Skitouren Handbuch geht es auch um das Ansinnen, mit der passenden Sprache jene gigantischen Selbstabenteur in den Mundgriff zu kriegen, mit der man am Montag von der Tour des Wochenendes erzählt und schon wieder die nächste plant.

Otto Licha, Zuagroaste

h.schoenauer - 09.11.2005

Buch-CoverKalendergeschichten sind verlässlich, weil sie in prägnanter Form wieder kommen wie die Jahreszeiten, und sie sind aufregend wie die Monate, in denen sie geschehen.

Otto Licha hat quer über das ganze Jahr Geschichten ausfindig gemacht, in welchen sogenannte Zuagroaste einen Durchbruch oder Niederschlag in der neuen Umgebung erleben.