Wirtschaft | Soziales

Elsbeth Wallnöfer, How to wear a Dirndl

h.schoenauer - 27.01.2025

elsbeth wallnöfer, how to wear a dirndlWenn etwas als Luftikus-Ereignis für gute Laune sorgen soll, steht es der Wissenschaft nicht gut an, durch tiefernste Forschung die Stimmung zu vermasseln. Das Dirndl ist ein Dresscode für gute Laune, Freizeit und ausgelassene Stimmung, das bevorzugte Einsatzgebiet ist das Münchner Oktoberfest, auf dem vermutlich niemand wegen seiner großer Gedanken unterwegs ist.

Elsbeth Wallnöfer kommentiert in ihrem kulturpolitischen Essay augenzwinkernd Geschichte und Kult rund um das Dirndl. Ohne moralische Belehrung ist ihr Ton wohltuend milde, der dem Themenfeld Tracht, Dirndl und Rustikalität zuteil wird.

Im besten Fall kommt der Jux als Originalzitat an die Oberfläche des Alltags, wenn etwa zwei Sexfilme genannt werden, die eine ganze Generation in den 1970ern aus dem Gewand geworfen haben. „Unterm Dirndl wird gejodelt“ (1973), „Liebesgrüße aus der Lederhose“ (1973).

Susanne Schröter, Der neue Kulturkampf

andreas.markt-huter - 24.01.2025

susanne schröter, der neue kulturkampf„Woke Ideologien entstammen den Universitäten. Dort sind sie entstanden, dort werden sie gelehrt, angeeignet und erprobt. Professoren, Instituts- und Fakultätsleitungen, ja selbst ganze Präsidien werden von woken Aktivisten und ihren akademischen Unterstützern vor sich hergetrieben. Diese geben vor, im Namen von Gerechtigkeit, Humanität und Weltoffenheit zu agieren und sich dem Kampf gegen Diskriminierung verpflichtet zu fühlen. Tatsächlich geht es um die Durchsetzung einer totalitären Ideologie, die weder gerecht noch human ist.“ (S. 13)

Susanne Schröter setzt sich mit gesellschaftlich ideologischen Strömungen auseinander, die zunehmend das politische Leben und den menschlichen Alltag berühren und ihre Vorstellungen und Forderungen durchzusetzen versuchen. Das Sachbuch „Der neue Kulturkampf“ bietet dazu eine kompetente und verständliche Analyse der Grundlagen und Ziele „woker Bewegungen“.

Selina Holešinsky, Schaltiere am Waldboden

h.schoenauer - 13.01.2025

selina holesinsky, schaltiere am waldbodenEin Dorf ist in der Fiktion ein gern gesehener Ort, um darin Idylle, Schrecken, Wokeness oder Klimaschutz in Szene zu setzen. Mit Wimmelbildern der Kindheit wird dieser Ort gerne als analoge Wunderwelt dargestellt, worin sich die erwachsen gewordenen Kinder später einmal zurückziehen werden. Die Wirklichkeit ist freilich auch in Romanen alles andere als eine heile Welt.

Selina Holešinsky zeigt im Roman „Schaltiere am Waldboden“ die heranwachsende Antonie, im elterlichen Kosenamen Marillchen genannt, wie sie zwischen Mutti und Vati im Aussteigerdorf „Autofrei“ groß werden muss. Das Gesellschaftsleben oszilliert zwischen intellektueller Idylle, Sektenideologie und haptisch erfahrbarem Bilderbuchgefühl. Die Ich-Erzählerin nimmt die Welt wörtlich und einmalig, wie es alle Heranwachsenden tun müssen, die zu sich selbst keine alternativen Erfahrungen sammeln können.

Minu Ghedina, Am Rande das Licht

h.schoenauer - 09.01.2025

minu ghedina, am rande das lichtKunst kann zur Erbkrankheit werden, wenn man als Kind im Licht großer Künstlereltern aufwachsen muss. Minu Ghedina spielt im Künstlerroman „Am Rande das Licht“ mit dem Wechselspiel von eigener Entwicklung und allgemeinem Anspruch in der Gesellschaft. Wie lässt sich der Rand eines Bildes ausleuchten, ohne dass das Auge vom Bannstrahl der mediokren Mitte verbrannt wird?

Künstlerromane firmieren oft als Comingout-Romane, wenn es den Individuen gelingt, im Kunstbetrieb heimisch zu werden. Andererseits gleichen diese Biographien durchaus fehlgeleiteten Brüt-Vorgängen, die keine Künstlerkarriere ausschlüpfen lassen. Sarkastisch formuliert: Die Pubertät des Künstlers dauert bis ins fünfundzwanzigste Lebensjahr, ehe das Geschöpf normiert ist und einen seriösen Beruf ergreift.

Margit Weiß, Maddalena geht

h.schoenauer - 27.12.2024

margit weiss, maddalena gehtJeder Auftritt kann das Ende oder den Anfang bedeuten. – Jenseits aller Geschichtsschreibung sind es die Hebammen, die in einem Tal das Leben auf die Welt bringen oder den Tod dokumentieren.

Margit Weiß erzählt am Beispiel der historisch abgesicherten Biographie der Hebamme Maddalena Decassian, wie um 1900 ladinische Täler eher einer Sagenwelt verpflichtet sind als einer aufgeklärten Notwendigkeit, die Wahrheit auch einmal in Echtzeit auszusprechen.

Zu Beginn rast gleichsam die Hebamme von einer Geburt zur nächsten, meist geht alles zumindest biologisch gut, manchmal gilt es auch, ein totes Kind zu vermelden getreu einer alten Hebammenweisheit: „Du musst aufhören, den Tod und das Leiden zu bekämpfen. Sie sind stärker als du.“ (245)

Martin Kolozs, Kreuzwege

h.schoenauer - 09.12.2024

martin kolozs, kreuzwegeAlle Menschen unterliegen biographischen Kreuzwegen, wenn sich eigene Lebenslinien mit solchen anderer Zeitgenossen kreuzen. Im religiösen Ambiente versteht man unter Kreuzweg eine leidende Auslegung des Schicksals, im strengen katholischen Ritual hat sich daraus das Genre des Kreuzwegs herausgebildet, dabei werden in vierzehn Episoden die Leidensstationen Christi auf seinem Weg hin zur Kreuzigung nachempfunden und nachgebetet.

Martin Kolozs greift in seiner Auftragsbiographie „Kreuzwege“ zur Dramaturgie dieses Genres, indem er das Schicksal der Tiroler Jesuiten Johann Schwingshackl und Johann Steinmayr miteinander verschränkt und sie anschließend durch die politische Zeit des Nationalsozialismus begleitet, dem sie schließlich zum Opfer fallen: Beide werden hingerichtet.

Robert Rebitsch, Rebellion 1525

andreas.markt-huter - 29.11.2024

robert rebitsch, rebellion 1525„Am 10. Mai 1525, vor 500 Jahren, läuteten in der Umgebung von Brixen die Kirchenglocken Sturm. Das war das Zeichen für den Aufstand gegen die Obrigkeit, gegen Fürstbischof Sebastian Sprenz. Auf der Millander Au versammelten sich an die 5000 Bauern der umliegenden Gerichte. Zuerst plünderten sie in der Stadt Brixen und dann im Kloster Neustift.“ (S. 7)

Die geplante Hinrichtung des „berühmt-berüchtigten Absagers“ Peter Pässler bildete den Startschuss zu den Tiroler Bauernkriegen in den Jahren 1525/26, die bald auf die Grafschaft Tirol und Fürstbistum Trient übergriffen. Mit Michael Gaismair, dem Kanzlisten des Fürstbischofs von Brixen und Kleinunternehmer im Bergbau, tritt auch die wohl bekannteste Figur des Tiroler Bauernaufstandes die historische Bühne.

Alfred Paul Schmidt, Fernweh

h.schoenauer - 27.11.2024

alfred paul schmidt, fernwehFernweh irritiert in der Literatur die Helden doppelt. Zum einen können sie keinen klaren Gedanken mehr fassen, weil sie mit ihrer Sehnsucht schon weit weg sind, zum anderen wird die Realität bedrückend, weil sie als unmittelbare Umgebung das Gegenteil von Fernweh ist.

Alfred Paul Schmidt installiert rund um den magischen Titel „Fernweh“ seinen Flanierroman, worin die Helden während einer Pandemie aus den diversen Verhaltensvorschriften ausbrechen und sich eine eigene Welt schaffen.

„Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist das Sinnieren über einen Gegenstand, während im Fernsehen irgendwas läuft.“ (57) Und an anderer Stelle kommt die Erkenntnis zum Vorschein: „Dieses Pendeln zwischen einer gedachten und einer wirklichen Wirklichkeit ist offenbar ein zentrales Vergnügen unseres Bewusstseins.“ (132)

Jonathan Haidt, Generation Angst

andreas.markt-huter - 22.11.2024

jonathan haidt, generation angst„Generation Angst ist ein Buch, in dem es darum geht, wie wir das menschliche Leben für Menschen aller Generationen zurückerobern können.“

Das Buch „Generation Angst“ von Jonathan Haidt beleuchtet die Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen. Haidt, Sozial- und Moralpsychologe, sucht nach den Ursachen und sieht die Gründe vor allem in einer überbehüteten Kindheit und dem zunehmenden Einfluss von Smartphones, Social Media und der Selfie-Kultur. Diese technologischen Entwicklungen hätten das Leben junger Menschen massiv verändert und zu einem Anstieg von Angststörungen, Depressionen und Selbstverletzungen geführt. Haidt untermauert seine Thesen mit internationalen Studien, Statistiken und Grafiken, die den globalen Charakter des Problems aufzeigen.

Sun Longji, Das ummauerte Ich

andreas.markt-huter - 15.11.2024

sun longji, das ummauerte ich„Das ummauerte Ich“ lautet der Kerntitel dieses Buches, das das Psychogramm der chinesischen Denk- und Verhaltensstruktur zu entschlüsseln sucht. Es befasst sich – wie der Untertitel verdeutlicht – mit der „Tiefenstruktur der chinesischen Mentalität“. Der Begriff der Tiefenstruktur kennzeichnet die Entwicklung eines Individuums sowie die (unbewusste) Verinnerlichung sozialer Normen und Regeln durch eine Person bzw. eine Gruppe, die das Denken und Verhalten steuern.“ (S. 12)

Sun analysiert die Verhaltensweisen und die chinesische Mentalität aus einer tiefenpsychologisch geprägten Perspektive, die stark von Sigmund Freud beeinflusst ist. Dabei weist er der Bedeutung der „Mauer“ als Metapher für die Auseinandersetzung mit dem chinesischen Verhalten im politischen und sozialen Leben in China eine zentrale Rolle zu.