Belletristik und Sachbücher

Gerhard Schneider, Transfer

andreas.markt-huter - 26.09.2011

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"Transfer ist in der Geschichtsdidaktik ein noch relativ neuer, unverbrauchter Begriff. Frühere Gesellschaften  brauchten ihn [...] nicht, denn der Geschichtsunterricht musste über lange Zeit keinen Nachweis seiner Notwendigkeit und seines Nutzens erbringen." (22)

In einem theoretischen und praktischen Teil setzt sich der Geschichtsdidaktiker Gerhard Schneider mit dem Thema Transfer im Geschichtsunterricht auseinander. Damit ist gemeint, wie sich bereits erlerntes Geschichtswissen und historische Methoden in verschiedenen Bereichen des Geschichtsunterrichts, aber auch des Alltagslebens abrufen und anwenden lassen.

Marcus Schmidt, Die 40 größten Karriere-Mythen

andreas.markt-huter - 18.09.2011

Buch-CoverDer Begriff Headhunter stammt aus dem Amerikanischen, wo bekanntlich in jedem Satz Pragmatismus, Romantik und religiöser Touch zusammentreffen. Ein Headhunter macht sich mit weißem Hemd und einer Trappermütze unter der Kopfhaut jeden Tag daran, für Konzerne und andere Geldgeber Personen aufzustöbern, die sein Vermögen und jenes des Auftraggebers vermehren könnten.

Marcus Schmidt geht in seinem Buch mit aller Erfahrung und Vorurteilen vor. Da der Mensch nichts lieber als Vorurteile hat, hat er eben die gängigsten Karriere-Klischees zusammen getragen. Allein schon wegen dieser Zusammenstellung sollte man dieses Berufsstrategie-Buch lesen. So ist es nämlich für einen normalen Menschen durchaus interessant einmal zu lesen, wie so ein Menschenjäger des Systems tickt.

Sreten, An den unbekannten Helden

h.schoenauer - 11.09.2011

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Wenn die Erfindung so stark ist, dass sie vor Phantasie knackt, ist ihre Realität am größten. Sreten Ugricic, der sich der Einfachheit gleich für das nicht-serbische Publikum Sreten nennt, hat einen Roman über sein Land geschrieben, den er ausdrücklich als Nichtfiktion bezeichnet, weil er von so starker Erfindung geprägt ist.

In einer rasenden Bestandsaufnahme, worin historische Mythen genau so vorkommen wie aktuelle Wahlversprechen und touristische Prognosen, wird der unbekannte Held als Erlöser angerufen, indem man ihm die aktuelle Geschichte zu Füßen legt mit der Bitte, er solle sich das einmal ansehen.

Urs Widmer, Stille Post

h.schoenauer - 08.09.2011

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Geschichten leben ja nicht nur von der eigenen Substanz, von der sie erzählen, sondern sie vermitteln auch durch ihre Umgebung, in der sie sich aufhalten, eine zusätzliche Botschaft. So macht es durchaus Sinn, wenn ein Autor im reifen Alter seine verstreuten Geschichten zusammenpackt und unter einem neuen Motto frisch gekämmt versammelt.

Urs Widmer stellt unter dem programmatischen Titel "Stille Post" sogenannte kleine Prosa vor, die es aber groß in sich hat. In einer Übungskonstellation wird das Kommunikationsspiel "stille Post" anhand einer raffinierten Initiationsgeschichte in den Alpen literarisch angewendet.

Arno Heinz, Vielleicht nicht ich

h.schoenauer - 08.09.2011

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Die größten Geheimnisse in der Literatur haben immer damit zu tun, dass jemand seine Identität erforscht, die Rolle von Mitbewerbern beim Lebenssinn erkennt und den Ablauf von gepixelten Alltagsteilen zu einer Geschichte zusammenfügt.

Arno Heinz stellt in seiner Spurensuche letztlich alles in Frage. Der Ich-Erzähler hatte offensichtlich einen Unfall und das Gedächtnis hat gelitten. Darauf deutet der erste Teil hin, indem ständig neue Psychiater, Ärzte oder halb-kriminelle Gutachter das Hirn des Erzählers (und was davon übrig geblieben ist) erforschen wollen.

Stefan Alfare, Der dritte Bettenturm

h.schoenauer - 07.09.2011

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Sogenannte Parallelwelten dienen oft dazu, die offiziell sichtbare Einheitswelt in ihrer wahren Substanz zu erkennen.

In Stefan Alfares Roman Der dritte Bettenturm ist die Welt gleichsam an einem überdimensionierten Betten-Silo in einem anonymen Spital aufgefädelt. Das Schicksal des Helden lässt sich mit einem Halbsatz bereits auf der ersten Seite zusammenfassen ?Ein abgebrochener Schritt, er geriet ins Taumeln. (7) Die Hauptfigur heißt sinnigerweise Victor Flenner, offensichtlich ist Flenners Geschichte zum Weinen, während er selbst recht stupide-melancholisch seine eigene Weltlage beurteilt.

Andrzej Stasiuk, Hinter der Blechwand

h.schoenauer - 05.09.2011

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Manche Romane sind so voll von Abenteuer, Überlebenskunst, Lebenssinn und politischer Kommentierung, dass einem als Leser bloß die Seitennummerierung bleibt, um sich zurechtzufinden.

Andrzej Stasiuk ist der Meister des abenteuerlichen Agonie-Romans. Hinter der Blechwand spielt sich vielleicht die Erlösung ab, vielleicht aber der Gnadenstoß in die Hölle. Die Metapher der Blechwand stammt aus dem Flüchtlings- und Schlepperwesen, während der Lenker durch unwirtliches Grenzgebiet fährt, sitzen hinter der Blechwand des Transporters die Flüchtlinge, alle unterwegs in eine wilde Zukunft.

Klemens Renoldner, Lilys Ungeduld

h.schoenauer - 04.09.2011

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In manchen Familien ist wie bei einem Eisberg nur der unwesentliche Teil sichtbar, die wahren Klumpen des Familiengefüges bleiben unsichtbar, weil sie schon im Jenseits liegen.

In Klemens Renoldners Roman hat Lily in der Blüte ihres Lebens Suizid verübt, indem sie scheinbar grundlos von einer Brücke auf den Grund eines Flusses gesprungen ist.

Lydia Davis, Formen der Verstörung

h.schoenauer - 01.09.2011

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Unter Erzählungen erwartet man sich meist etwas Rundes, Bemerkenswertes, wo einem als Leser stilistische Besonderheiten und Aufregung im Plot lange in Erinnerung bleiben.

Die Erzählungen von Lydia Davis bleiben von vorne herein im Langzeitgedächtnis verankert, denn ihre Stories bestehen im Extremfall aus nur einem Satz oder aus einem scheinbar unlesbaren seitenlangen Protokoll.

Franz Tumler, Volterra Wie entsteht Prosa

h.schoenauer - 31.08.2011

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Oft sind es unscheinbar geplante Nebenwerke eines Autors, die die Literaturgeschichte verändern.

Franz Tumler, jener Südtiroler Autor, der sein Geburtsland bereits mit einem Jahr verlassen hat, hat mit seinem dünnen Doppelwerk "Volterra". Wie entsteht Prosa längst Literaturgeschichte geschrieben. Es vergeht kaum ein Seminar, in dem nicht der Text, der für eine Vorlesung 1961 geschrieben wurde, herangezogen würde.