Belletristik und Sachbücher

Frieda Norka, Rückkehr ins Kinderseelen-KZ

h.schoenauer - 20.04.2011

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Die Logik in der Literatur ist eine andere als jene in der Forensik, Psychiatrie oder Pädagogik. Um dem Phänomen Schulmassaker ein wenig auf die Spur zu kommen, hat deshalb Frieda Norka die Form der fiktiven Dokumentation gewählt.

Was im lateinamerikanischen Raum literarisch durchaus üblich ist, stellt in unserer Lesekultur nach wie vor eine Besonderheit dar, weshalb man sich die drei Schritte der vorliegenden Dokumentation vor der Lektüre vergegenwärtigen sollte.

Peter Paul Wiplinger, Sprachzeichen

h.schoenauer - 20.04.2011

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Schreiben ist an manchen Tagen wie Fliesen legen, du musst die Fiktionsteile mit der Realität in Verbindung bringen und gleichzeitig die Fugen zwischen den Segmenten der Vorstellung ausfüllen.

Peter Paul Wiplinger hat sein Schreiben ein Leben lang essayistisch kommentiert. Zum einen deshalb, weil er sich über sein Schaffen in einer Metasprache Klarheit verschaffen wollte, zum anderen, weil er als politischer Schriftsteller immer mit den gesellschaftlichen Facts in Verbindung treten musste.

Janine Pommy Vega, Ausgewählte Gedichte / Selected Poems

h.schoenauer - 19.04.2011

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Literarische Epochen entstehen meist unerwartet und an den seltsamsten Orten, sie altern mit den Protagonisten und gehen dann als schlichter Datensatz der Erinnerung in die Literaturgeschichte ein, um sperrigen Stoff für Dissertationen zu liefern. Am Vorabend dieses Verlöschens freilich funkeln die Texte so einer Epoche noch einmal wild auf.

Die Noch-Beatniks stehen gerade im Funkel-Licht ihrer Poesie, ihre Werke sind wild und heftig, als ob sie sich noch Jahrzehnte lang nicht unterkriegen lassen wollten von den Archivaren.

Robert Prosser, Feuerwerk

h.schoenauer - 17.04.2011

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Ein Feuerwerk zu beschreiben, ist beinahe unmöglich, denn es ist größer als das Blickfeld des Auges und verzischt schneller, als der Betrachter mit seiner Beobachtung nachkommen kann.

Bei Robert Prossers Feuerwerk geht es ähnlich zu. In einer unbeschreiblichen Dichte und Gleichzeitigkeit passieren Dinge, die sich nicht an die Beschreibbarkeit halten. In einem scheinbar halb verwitterten Komposthaufen der Erinnerung toben sich allerhand semantische Lebewesen aus, die den Text ordentlich in Wallung bringen.

Hans Haid, Die Landgeherin

h.schoenauer - 14.04.2011

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Jedes Land hat an der Oberfläche eine Geschichte voller Kriege, Konflikte, Machtspiele und sozialer Tragödien, im Landesinnern unter der Haut sitzt freilich immer ein Mythos, zeitlos und voller Wahrheit.

Hans Haid hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen unter- und überirdischen Mythos des Gebirges zu erzählen. In seinem archaischen Roman ?die Landgeherin schickt er eine Salige, eine Heilige oder eine Heroische über das Land. Sie grast alle wundersamen Stellen ab, an denen sich etwas Spirituelles oder Unerklärbares zugetragen hat. So ist diese Landgeherin auf den ersten Blick eine Wallfahrerin, die von einer Kultstätte zur nächsten pilgert.

Dragana Mladenovic, Verwandtschaft

h.schoenauer - 13.04.2011

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Das vage Wort Verwandtschaft löst je nach Mentalität Bedrohung oder Geborgenheit aus. In der kleinbürgerlichen Einzeller-Gesellschaft gelten die Verwandten freilich fix als Bedrohung, nicht umsonst gibt es die Faustregel: Wenn die Verwandten kommen, musst du vor dir selbst fliehen!

Dragana Mladenovic spricht in ihrem beinahe als Erzählung ausgelegten Gedichtzyklus die Verwandtschaft auf zwei Ebenen an. Zum einen ist es die biologische Verbundenheit gewisser Clans, zum anderen ist es die große Verwandtschaft innerhalb des Staates.

Michaela Falkner, Du blutest du blutest!

h.schoenauer - 12.04.2011

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Üblicherweise sollen Kinderspiele ohne Verletzungen abgehen, und wenn sich dann doch jemand die Nase anhaut, rufen die restlichen Kinder meist: Du blutest du blutest!

Michaela Falkner schickt in ihrem "blutigen Roman" eine Schar Kinder in die Revolution. Zwar haben sie alle pädagogisch wertvolle Sätze ausgelöffelt, dennoch aber kriegen diese Kinder mit, dass es eine andere Sprache gibt, jene des Krieges und der Gewalt. So werden Ereignisse oft mit der falschen Sprache beschrieben, als ob man sich in der Zeitung am Thema vorbeigeblättert hätte und mit der Rhetorik von Wellness den Gerichtsreport lesen müsste.

Andrej Longo, Sahras Mörder

h.schoenauer - 12.04.2011

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Mittlerweile hat das Genre Krimi die Literatur bereits dermaßen im Putsch übernommen, dass kaum noch jemand daran denkt, dass es jenseits des Krimis auch noch spannende Literatur geben könnte.

Unter dem Titel Sarahs Mörder erwartet man sich einen mehr oder weniger blutigen Krimi, zumal ja im Nobelviertel Neapels gleich zu Beginn die tote Sarah zu liegen kommt. Aber bei Andrej Longo geht es um etwas ganz anderes. Wie kann man den Dschungel Neapel aushalten, wie diese Hitze, wie dieses soziale Dickicht, in dem sich jeder Außenstehende im besten Falle blutige Finger holt?

Erwin Uhrmann, Glauber Rocha

h.schoenauer - 12.04.2011

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Eine gelungene Erzählung gleicht pathetisch gesprochen tatsächlich einer Blume - auf einem klaren Stil sitzt eine umfangreiche Blüte!

Erwin Uhrmann ist mit seiner Erzählung "Glauber Rocha" eine literarische Blume geglückt. Auf dem Stil der Handlung (eine Kunstfahrt durch Portugal) wuselt alles Mögliche über Kunst, Mythos, Filmtheorie und die Entrücktheit des Sehens heraus.

Antonio Fian, Man kann nicht alles wissen

h.schoenauer - 11.04.2011

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Das Dramolett ist für alles, was in Österreich geschieht, die ideale Darstellungsform. Irgendwie klingt es nach Omelett, dabei ist es eher ein dramaturgischer Seufzer, weil der Stoff nicht für einen dramatischen Plot reicht.

Antonio Fian arbeitet sich wöchentlich mit seinen Standard-Dramoletten an Österreich heran und anschließend ab. Zu seufzen gibt es ständig etwas, die Themen liegen quasi auf der Straße.