Inge Meyer-Dietrich, Bin noch unterwegs

Inge Meyer-Dietrichs Jugendroman 'Bin noch unterwegs' schildert das Leben einer gut bürgerlichen "harmonischen' Familie mit brüchiger Fassade. Laura, die 16-jährige Tochter des Hauses, fühlt sich mit ihren Sorgen allein gelassen und flieht, ohne zu wissen, wohin.
Sie ignoriert die verzweifelten Anrufe ihrer Eltern, registriert aber mit Genugtuung, dass sie ihnen doch etwas bedeutet.
Manchmal fassen Romane einen zeitkritischen Löffel aus und kratzen damit die Geschehnisse eine ganzen Generation mit ein paar Sätzen aus dem Topf der Zeit.

Wehrmachtserinnerungen lösen bei den Nach-Nachfahren immer ein recht unbeholfenes Gefühl aus, einerseits ist das Genre durch allzu beschönigende Literatur in der Political Correctness ziemlich geächtet, andererseits stellt sich die Frage, warum man sich nach siebzig Jahren diese Erlebnis-Literatur der makaberen Art antun soll.
Ok, Polizisten weinen nicht, im Sinne der Gender-Semantik kann getrost angenommen werden, dass Polizistinnen auch nicht weinen.
Wenn man vor und nach der Lektüre nicht weiß, wie man den Roman lesen soll, dann ist er vor allem eines: aufregend gelungen.

