Aktuelle Buchtipps

 

Ilse Kilic, Vom Umgang mit den Personen

h.schoenauer - 24.11.2005

Buch-CoverSchon vom Cover glänzen die Bausteine für diese wunderbare Schöpfungsgeschichte herunter. Man nehme viel Sonne, ein Dreieck für Bauch und Brust, einen möglichst kugelrunden Kopf und ein paar Streifen für die Gliedmaßen. Fertig ist die Person.

Im Baukastensystem geht es dann in der Schöpfungsanleitung von Ilse Kilic weiter. Natürlich dreht sich der Großteil der Bauanleitung um die Hauptperson, welche die Leserschaft aus dem vorgefertigten Material zusammenbasteln kann. Bestandteile, Geschichte, Verwendung, wahrscheinliche Härte, Reparatur oder Temperatur der Hauptperson sind die wichtigsten Stationen beim Betreiben der Hauptfigur.

Christa Fuchs, Gudrun Harrer, Besoffene Kapuziner

h.schoenauer - 23.11.2005

Buch-CoverBei Kochbüchern ist es so wie mit den Büchern überhaupt, natürlich steht meist etwas Gutes drin, aber bemerkenswert ist das Drumherum.

Das Kochbuch über die „Besoffenen Kapuziner“ ist natürlich auch gespikt mit Rezepten, aber in der Hauptsache geht es um die Verbesserung des Lebensgefühls. Im Sinne des Romans „Die Verbesserung von Mitteleuropa“ von Oswald Wiener stehen also jene Informationskabel im Vordergrund, die direkt an die Sinnesorgane angeschlossen sind. Die erste Botschaft heißt also, bitte Leser mach Deine Sinnesorgane auf, die zweite berichtet von einem kulturellen Ereignis, das mit einer Speise zusammenhängt, und erst im dritten Schritt gibt es dann das Rezept zum Nachkochen.

Martin Amanshauser, Alles klappt nie

h.schoenauer - 23.11.2005

Österreich und der Weltraum, ein steirischer Strohsack als Inhaber eines Weltkonzerns, österreichische Schwerelosigkeit allenthalben - Martin Amanshauser hat ein verrücktes Szenario gestaltet, wie Österreich tatsächlich im Weltraum verankert ist.

In der Gestalt einer Science-Fiction-Groteske treten auf: Viehböck, der erste und einzige Austronaut, mittlerweile ziemlich kaputt und Lebergeschädigt, Stronach, mit seinen 88 Jahren immer noch hellwach, wenn auch schon etwas hinüber wie immer, Rogan ein aalglatter Schwimmer, der die glatte Haut einer ungeschälten Banane in die Politik eingeführt hat, sowie eine kanadisch-chinesische Weltraumphysikerin, bei der man bis zum Schluss nicht weiß, ob sie nicht geklont ist.

Luis Stefan Stecher, Annähernd fern

h.schoenauer - 22.11.2005

stecher_fern.jpgDie ferne Geliebte, ferngesprochen, Fernziel, im fernen Chile, das nahe Ende ? diese Begriffskonstellationen ziehen quasi automatisch einen Aphorismus nach sich. Ein guter Aphorismus nämlich deutet auf etwas hin, ohne es direkt auszusprechen. So gesehen sind Nähe und Ferne, Annäherung und Entfernung die besten Anlasswörter für einen Aphorismus.

Was scheinbar lapidar klingt, ist beim zweiten Hinlesen gar nicht so blöd, scheinbar fixe Erkenntnisse flüchten in schlichte Behauptungen und so rutschen allmählich ganze philosophische Hanglagen ab.

Katharina Faber, Mit einem Messer zähle ich die Zeit

h.schoenauer - 21.11.2005

Buch-CoverDer Buchtitel sagt es ja schon messerscharf, worum es geht. Die Zeit lässt sich nicht zähmen, gebärdet sich wie wild, sticht wie ein Messer gleichmäßig auf Beteiligte und Unbeteiligte ein und lässt sich nur vom Rand der Anteilnahme aus in Verwundungen und Einstichen messen.

Die sechsundzwanzig Geschichten handeln von der Liebe, von rasenden Herzensbewegungen, verwundeten Wesen, welche wie Tiere im Zeitkäfig herumirren, zeitlos ortsungebunden. Katharina Faber sticht mit hastigen Abwehrbewegungen in das Thema, kaum noch, dass die Geschichte erkennbar ist, meistens sind es lyrische Attacken, welchen die Figuren ausgesetzt sind.

Arno Geiger, Es geht uns gut

h.schoenauer - 21.11.2005

Buch-CoverAus manchen Romanen erfährt man als Leser die Hauptbotschaft direkt aus dem Text, aus anderen wiederum aus der Begleitmusik, die diesem Text untergelegt ist.

Arno Geiger hat mit seiner österreichischen Kleinbürger-Saga "Es geht uns gut" genau jenen Sound getroffen, den Preismacher und Buchpromotoren offensichtlich momentan so lieben. Die Lobeshymnen über diesen Roman reißen nicht ab und somit gibt der Roman fürs erste einmal Auskunft darüber, was etwa fünfzig- bis siebzigjährige Literaturmanager gerne heutzutage für förderungswürdig halten.

Clemens Berger, Paul Beers Beweis

h.schoenauer - 17.11.2005

Buch-CoverLiteratur dient oft der Aufklärung, sei es, dass vergangene Zeiten, die Kindheit oder das Leben am Lande erhellt wird, sei es, dass versteckte Kabel frei gelegt werden, welche zeigen, wie Schaltungen wirklich funktionieren und wie die Dinge im Leben wirklich zusammenhängen.

Im Roman "Paul Beers Beweis" geht es um all diese Dinge und so steht auf der Tagesordnung Aufklärung mit Esprit. Die Hauptfigur hat offensichtlich die erste Identität abgelegt und ist zu einem Helden wie aus dem Bilderbuch geworden. Im Leben gibt es manchmal diese Punkte, an denen man so gut wie alles verändern muss, also wird aus einem erfolglosen Urbewohner des Burgenlandes, der noch dazu täglich in der Zeitung steht, weil seine Frau auf seltsame Weise gestorben ist, ein arbeitsloser Fußballfan in Wien.

Thomas Ballhausen, Geröll

andreas.markt-huter - 17.11.2005

Buch-Cover

Am besten stellt man sich die Texte in einer Gesteinstrommel vor, die Thomas Ballhausen ausdauernd in Bewegung hält. Die Texte werden dabei gemahlen, gebrochen und in das jeweilige Format gerüttelt.

Vom Textkies über feinen Schotter, vom Hardcore bis zur Fetz-Schrift Marke unplugged ist auf der Geröllhalde alles säuberlich aufgeschichtet und wird dem Leser in artigen Portionen serviert.

Nina Schröder, weißt du was schnee ist

h.schoenauer - 16.11.2005

Buch-CoverSüdtiroler Anthologien erkennt man leicht daran, dass sie meist auf ein Gedicht von N.C. Kaser antworten. Auch bei den frechen Weihnachtsgeschichten ist es so, die Zeile vom frisch gefallenen Schnee stammt naturgemäß aus einem Kaser-Gedicht.

Als Vorüberlegung zum Weihnachtsfest stellt Nina Schröder die These auf, dass wir alle an Mangel leiden und zu Weihnachten schließlich das Hochamt des Mangels stattfindet. Alles, was wir an Gefühlen, Konsum und Ideen das Jahr über vermissen, soll an diesem Fest rasch und flutschig nachgeholt werden. Kein Wunder also, wenn Weihnachten manchmal etwas unrund abläuft.

Gabriele Kögl, Mutterseele

h.schoenauer - 14.11.2005

k%C3%B6gl_mutterseele.jpgDas Leben der Erzählerin, einer Mutter von drei Kindern, ist gelaufen, viele Dinge sind abgelaufen wie die sprichwörtliche Sanduhr ihre Körner ablaufen lässt, und letztlich sind auch noch die Wünsche davongelaufen. Die Frau geistert mit sich selbst durch das steirische Hinterland, nicht einmal nach Graz wird sie noch kommen, weil man ja ein gutes Bezirkskrankenhaus ins Land gebaut hat, und da wird die Mutterseele wohl auch eines Tages sterben.

Die Gedanken gehen in losem Zickzack nach vorne und nach hinten, vom Blumenschmuck am eigenen Grab ausgehend geht es zurück in die Jugend, wo einst der Haustyrann gestorben ist, nachdem er alle im Haus schikaniert hat. Die Nachbarn beargwöhnen diesen Tod und sind neidig, dass dieser Tyrann gestorben ist, während sie den ihrigen noch pflegen müssen.