Aktuelle Buchtipps

 

Carlo Romeo, Flucht ohne Ausweg

h.schoenauer - 23.02.2006

Buch-Cover

Historische Romane sind vielleicht die Urform des Erzählens, unter dem Deckmantel der historischen Wahrscheinlichkeit kann dabei der Autor Alternativen, Fiktionen, Gerüchte oder schlichtweg Flunkereien ausführen, die aus jedem noch so kleinen Schicksal einen ordentlichen Helden machen.

Im Falle des so genannten „Banditen“ Karl Gufler aus dem Passeier kommt hinzu, dass Carlo Romeo den Roman in Italienisch verfasst hat, also dem bodenständig deutsch röchelnden Abenteurer eine andere Landessprache verpasst hat. Dieser Roman auf Italienisch ist erst jetzt nach zwölf Jahren ins Deutsche übersetzt worden.

Guy Helminger, Etwas fehlt immer

h.schoenauer - 23.02.2006

Buch-Cover

In der Managementsprache nennt man es suboptimal, wenn etwas nicht ganz perfekt oder überhaupt ein Schas ist. Und dieser kleine suboptimale Mangel zieht sich oft durch den Alltag der so genannten kleinen Leute, mal etwas hypochondrisch angelegt, mal als miese Laune.

Guy Helmingers Geschichten geben auf die Frage, was fehlt dir denn, die perfekte Antwort: - Alles!

Birgit Unterholzner, Die Blechbüchse

h.schoenauer - 22.02.2006

Buch-Cover

„Verscharre die Blechbüchse im Garten oder sonst wo!“ – Nach so einem ersten Satz muss man als Leser unbedingt wissen, was es da mit der Büchse auf sich hat.

Mutter muss ins Spital, die zehnjährige Tochter vergisst die Büchse und alles drum herum, erst als nach Jahrzehnten die Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen, taucht diese Blechbüchse wieder auf.

Jörg Fauser, Alles wird gut

h.schoenauer - 20.02.2006

Buch-CoverAuf dem Weg zum Klassiker muss ein verstorbener Dichter ein, zwei Editionen des Gesamtwerks auf die Beine bringen.

Jörg Fauser hat ideale Voraussetzungen zu einem Klassiker, allein sein Tod, für den er sich pünktlich zum 43. Geburtstag auf der Autobahn überfahren lässt, lässt Germanisten vor Schicksalslust quiecken. Und auch sonst ist die Biographie prall voll von Begriffen wie Studienabbrecher, Flughafenarbeiter, Nachtwächter, Aushilfsangestellter, Nadel, Drogen, Istanbul.

Carl Ehrenstein, Der Zumpel

h.schoenauer - 14.02.2006

Buch-CoverManchmal entsteht eine Kostbarkeit dadurch, dass nichts mehr von ihr übrig ist außer einer Ahnung, wie es einmal war. Dieser seltsam nachklingende Geschmack kann sich als Geruch, Gesprächsfetzen, Ambiente oder Anekdote einfinden.

Im Falle der Erzählung „Der Zumpel“ ist so gut wie alles verschollen, peripher oder abgeklungen. Ein kleiner Verlag gibt eine längst abgelegte Erzählung eines längst vergessenen Dichters heraus. Und auch die Thematik ist so was von fern und entlegen, dass man sie nur mit Mühe wieder auf eine Landkarte bringt.

Till Mairhofer, Caro und Karoline

andreas.markt-huter - 08.02.2006

Buch-CoverCaro und Karoline heißt der jüngste Band aus der Reihe Gorilla, herausgegeben vom Österreichischen Buchklub der Jugend. Der Autor Till Mairhofer schildert darin in eindrucksvoll realistischen Bildern eine nicht immer leichte Mutter-Tochter-Beziehung.

Karoline, die Mutter, ist allein erziehend und hat alle Hände voll zu tun, über die Runden zu kommen. Da bleibt manchmal zu wenig Zeit, sich um die 14-jährige Caro zu kümmern. Sie selbst erwartet sich schließlich auch noch etwas vom Leben.

Vincenzo Consolo, Retablo

h.schoenauer - 08.02.2006

Buch-CoverZwischen Italien und Österreich gibt es literarisch gesehen einen Riß, in dem die Südtiroler sitzen. Beide Literaturen lassen einander vermutlich deshalb in Ruhe, weil jede von der anderen annimmt, dass die Südtiroler den Kontakt herstellen werden.

Am Beispiel von Vicenzo Consolo zeigt sich für den deutsch-monolingualen Leser, was sich in Italien für Sprachschätze auftun. Der Folio-Verlag versucht mit seiner Serie Transfer, die eine oder andere Kostbarkeit zugänglich zu machen. Den Roman „Retablo“ erschließt dabei mit großer Übersetzergeduld die Südtiroler Autorin Maria E. Brunner, die auch ein Nachwort über Stoff, Sprachschatz und politischen Kontext des Romans verfasst hat.

Wolfgang Raffeiner, Aus dem späten Leben

h.schoenauer - 27.01.2006

Buch-CoverKann ein unspektakulärer Mensch eine spektakuläre Biographie haben? Wolfgang Raffeiner zeigt mit seinen Mitschriften zum eigenen Leben, dass das so genannte einfache Leben durchaus aufregend sein kann.

Als Chef einer Zimmerei hat er ein Leben lang nicht nur die schwersten Stämme behauen und zersägt, sondern daneben auch immer sein Leben in wohl proportionierte Scheiter zerhackt und zu einer Tagebuchartigen Kulturmitschrift aufgeschlichtet.

Urs Amann / Jürg Amann, Übermalungen Überspitzungen

h.schoenauer - 27.01.2006

Buch-CoverIn der Literatur gibt es auch diese familiären Grundkonstellationen, die ständig zitiert und auf die jeweils aktuelle Generation herunter gebrochen werden.

Gerade im Stifter-Jahr wimmelte es nur so von Enkeln, die dem erzählenden Großvater die Hand gaben, die Vater suchenden Jungautoren sind gerade in der österreichischen Dichterszenerie legendär, und niemand vermag aufzuzählen, wie oft Kafkas Brief an den Vater Grundlage für Erbschaftsverträge geworden ist. Auch die Brüder und Schwestern schlängeln sich in psychologisierenden Schleifen durch die Buchregale der ehemaligen Kinderzimmer.

Klaus Händl, Stü-cke

h.schoenauer - 26.01.2006

Buch-CoverKlaus Händl zieht sich beim Schreiben immer die Umkehrmütze über den Kopf und wird zum Händl Klaus. Das macht Buchhändler und Bibliothekare ziemlich verrückt, weil plötzlich Vor- und Nachname und jegliche Ordnung überhaupt nicht mehr stimmen. Und noch eine zweite Besonderheit zeichnet Händl Klaus aus. Seine Stücke lassen sich auch als Buch mit großem Abenteuergewinn lesen.

Rechtzeitig zur Uraufführung des Stückes „Dunkel lockende Welt“ ist ein Händl-Reader mit drei Stücken erschienen. Im jüngsten Stück schlagen sich jeweils zwei Personen drei Akte lang durch die Untiefen einer brüchigen Alltagswelt. Im Mittelpunkt steht Corinna, die von einem Asthmatiker eine Wohnung gemietet hat und das Lebensgefühl des frostigen Finnland mit der Bruchbude in Leipzig vergleicht. Die Wortmeldungen sind jeweils so asthmatisch kurz, dass sie nie über eine halbe Zeile hinausgehen.