Aktuelle Buchtipps

 

Wolfgang K. H. Praxmarer, Steinlechners Leute - Endstation March

h.schoenauer - 05.09.2005

Buch-CoverManchmal wird ein Kommissar dadurch ungewöhnlich, dass er einen Blick auf die Realität wirft. Walter Steinlechner ist ein so genannter aktiver Kommissar, ihm wird das Verbrechen nicht süffisant zugetragen, sondern er muss diesem von sich aus nachspüren. Noch dazu ist er in Wien Beamter zur internationalen Bekämpfung organisierten Verbrechens. Da heißt es, den Beamtenarsch täglich zweimal in die Höhe zu lüpfen, einmal international und einmal national.

Am Grenzfluss March finden zwei wie üblich verstörte Präsenzdiener des Bundesheers statt der Schlepper ertrunkene Flüchtlinge. Bald rennt die österreichische Aufklärungsmaschinerie auf vollen Touren, dabei fällt auf, dass ein Flüchtling auf völlig ungewöhnliche Weise umgekommen ist.

---, Sagen aus Axams

andreas.markt-huter - 05.09.2005

Buch-Cover

Sagen sind wie Gebirge, sie verändern sich zwar im Tageslicht, bleiben aber sonst über Generationen ziemlich fix bestehen. Was gibt es also Schöneres, wenn anlässlich eines felsenfesten Jubiläums einer Hauptschule die Kids aus dem Schulsprengel Sagen aus der näheren Umgebung zusammentragen, diese illustrieren und dann in einem schmucken Erinnerungsband zusammenfügen.

In Axams und Umgebung wimmelt es bald einmal von Höll-Zwergerln, Kasermandln, Tuifeln und Böcken, die wahnwitzig durch die Ortschaft traben. Der Ton der Sagen ist stets staatstragend, damit sich die Glaubwürdigkeit der aufgesagten Parolen nicht schon vorzeitig in moralisierende Heißluft auflöst. Aber gegen Ende hin kommt dann doch jeweils der Schalk durch, mag sein, dass es stimmt, kann aber auch geflunkert sein.

Hans Platzgumer, Expedition

h.schoenauer - 03.09.2005

platzgumer_expedition.jpgMit den Namen hat es überhaupt so manche Bewandtnis. In der Musikszene wird oft nicht die Musik verändert sondern der Namen der Künstler. So erlebt das Publikum altbewährte Musik unter stets neuen Namen.

Hans Erich Platzgumer wird zu HP Zinker (wegen der langen Nasen, dem Zinken mitten im Gesicht), nennt sich und seine Mitmusiker Shinto, Queen of Japan oder einfach E:GUM. Im Anhang des Romans gibt es eine ganze Seite voll Pseudonyme, die Diskographie füllt gar sieben Seiten und bietet so einen recht handfesten Ausstieg aus dem Roman.

Claudia Hammerle / Willi Hofer, 110 Mountainbike Touren

h.schoenauer - 30.08.2005

Buch-CoverJede Tour ist so gut wie ihre Vorbereitung. Neben technischen Handgriffen am Gerät, Essen und Trinken des Körpers und der obligaten Grundkondition des Bikers stellt sich immer die recht triviale Frage: - wohin?

Im Mountainbike-Führer Innsbruck und Umgebung gibt es auf dieses Wohin immerhin 110 Antworten. Angenommen, jemand tritt jeden dritten Tag in die Pedale, so kommt er mit diesem Buch schon einmal ein Jahr lang über die Runden und entdeckt dabei sagenhafte Kleinodien alphabetisch zwischen Absam und Wolfendorn.

Florian Kronbichler, Was gut war

h.schoenauer - 29.08.2005

Buch-CoverJe verunsicherter ein Land die eigene Identität überstreift, um so heftiger klammert es sich an Heroen und wenn es Strohhalme sind.

1995 hat sich Alexander Langer, der geistige Hoffnungsträger Südtirols, das Leben genommen, und seither ist wohl nur mehr Reinhold Messner in der Lage, einen Gedanken auch über die Landesgrenze hinaus zu formulieren. Zyniker behaupten, dass die Autonomie den Südtirolern vor allem Autonomie von der Intelligenz gebracht hätte, und tatsächlich denkt der klassische Südtiroler vor allem an sich, an sich und an sich.

Alfred Komarek, Die Schattenuhr

h.schoenauer - 29.08.2005

Buch-CoverWenn in der Literatur etwas schier unerträglich schön ist, spricht man von einem Locus amoenus. Alfred Komarek hat den Lokus-Roman als Literaturgattung erfunden. In diesen Romanen tauchen die Helden in einer schönen Gegend auf und arbeiten sich durch den Fremdenverkehrsprospekt.

Im neuen "Käfer"-Roman geistert Daniel Käfer wieder durch das Ausseer Land, dem Roman ist als Lesezeichen eine himmelschreiend schöne Postkarte des Tourismusverbandes Salzkammergut-Ausseerland eingelegt und die Handlung ist bald einmal erzählt.

Ludwig Laher, Folgen

h.schoenauer - 25.08.2005

laher_folgen.jpgFolgen hat dabei mindestens drei Bedeutungen: Einmal ist es das pädagogische Gehorchen, das in jeder Kindheit steckt. Dann sind sicher im Sinne des Fortsetzungsromans die einzelnen Abschnitte gemeint, die sich zu einer Abfolge als Leben zusammenschließen. Und schließlich geht es um die Idee der Konsequenz, alles, was wir tun, ist die Folge von etwas Vorausgegangenem.

Die dargestellte Kindheit ist auf den ersten Blick gewöhnlich wie alle österreichischen Kindheiten von Menschen, die anläßlich des österreichischen Staatsvertrags geboren sind. Das Besondere an der Laherschen Erzählweise ist die Konstellation, in der diese Geschichte aufgespannt ist. Der Erzähler ist genauso alt wie der Vater, als dieser starb. Gleichzeitig handelt ein wichtiges Buch des Erzählers von einem Sohn, der knapp vor fünfzig die Aufzeichnungen seines Vaters gelesen hat, der ein Nazi gewesen ist.

Walter Klier, Meine konspirative Kindheit

andreas.markt-huter - 25.08.2005

Buch-CoverDie Biographie ist gewissermaßen die Aktzeichnung der erotischen Genauigkeit. Walter Kliers konspirative Kindheit funkt und knistert daher ordentlich in der Tiroler Zeitgeschichte herum, denn das so genannte eigene Schicksal des erzählenden Ichs ist nur ein besonders erotischer Akt, der über den ganzen Ungereimtheiten des Landes herumliegt.

So ist auch gleich die erste Geschichte etwas vom Süffisantesten und Elastischsten, was die zeitgenössische Biographiekunst auf die Beine gestellt hat. Der Autor erzählt mit dem skurril klaren Kopf, den nur Kinder in einer großen Welt haben können, wie er Zaunzeuge der Südtiroler Bummser geworden ist. Sein Vater hat Vorrichtungen und Abläufe so gestaltet, dass es dem Kind wie ein notwendiges Spielplatzabenteuer erschienen ist, während in Wirklichkeit der sagenhafte Aluminiumduce in Südtirol realiter in die Luft gesprengt worden ist.

Joey Goebel, Vincent

h.schoenauer - 21.08.2005

goebel_vincent.jpgVincent ist ein skurill-höhnischer Künstlerroman, der mit allen Kunstbetrieben der Gegenwart ziemlich unrund ums Eck fährt.

Ein greiser Kunstmäzen, der es vermutlich nicht mehr schafft, seine Millionen noch in dieser Welt auszugeben, sponsert die Kunst. Freilich ist es ein zynisches Sponsoring, denn in der Schreibschule für Eliten sollen die Künstler doofe Ware für ein doofes System herstellen, sprich, Drehbücher für Vorabendserien und Popsongs für illuminierte Kids.

---, Österreichische Systematik

h.schoenauer - 20.08.2005

Buch-CoverEndlich eine Bibliotheks-Bibel, mit der man auch ordentlich vereidigt werden kann! Der erste Eindruck der Österreichischen Systematik für öffentliche Bibliotheken (ÖSOB) ist staatstragend und gewaltig.

Jedes Fach ist letztlich so groß wie seine Handbücher, und nach diesem Handbuch merkt auch der letzte Leser, dass es sich beim Bibliothekswesen um etwas Großes und Großartiges handelt.