Aktuelle Buchtipps

 

Maria E. Brunner, Was wissen die Katzen von Pantelleria

h.schoenauer - 05.07.2006

Buch-CoverPantelleria ist eine italienische Insel und liegt genau 83 Kilometer von Sizilien und 84 Kilometer von Tunesien entfernt im Mittelmeer.

Zu sehen gibt es vor allem einen vulkanischen Binnensee namens „Spiegel der Venus“, ein Kastell, verstreute Grabmäler, so genannte Sesi und Meeresgrotten. Das weiß beispielsweise unsereins, wenn er im Wikipedia nachschlägt. Was aber wissen die Katzen von Pantelleria?

Gerhard Fritsch, Katzenmusik

h.schoenauer - 04.07.2006

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Wollte man in der Kürze eines SMS-Dreizeilers das Wesen Österreichs beschreiben, so würde man wahrscheinlich die Wörter „rosa“, „süß“ und „Punschkrapfen“ verwenden.

Die präziseste Darstellung in der österreichischen Literatur stammt aus dem Romanfragment Katzenmusik von Gerhard Fritsch:

Marie-Thérèse Kerschbaumer, Wasser und Wind

h.schoenauer - 28.06.2006

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Wasser und Wind sind kaum beschreibbare Urelemente, wenn sie auf die Haut treffen. Wasser und Wind können Geschichten begleiten, aber um diese Elemente halbwegs zu fassen, kann nur die Gedichtform helfen.

Marie-Thérèse Kerschbaumer nimmt das stärkste sprachliche Werkzeug zur Hand, um die Gewalten in Zeilen zu zähmen. Der Ton ist oft imposant, elegisch, euphorisch angehoben. Manches mal nehmen die Anrufungen kein Ende und dauern so lange, bis etwa der Wassertropfen von seiner Quelle am Ziel seiner Verdunstung angelangt ist.

Eduardo del Llano, Drei

h.schoenauer - 26.06.2006

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Was immer dieses Drei auch bedeutet, es ist immer richtig. Beispielsweise ist es der letzte Teil einer Trilogie, die umgekehrt erzählt wird. „Tres“, „Dos“, „Uno“ ist also eine Abfolge, wie man im Film mit der Pistole in der Hand herunterzählt, bis es knackt oder der Delinquent ein Geständnis ablegt.

In der Insider-Sprache des Films ist Drei immer eine Hommage an die drei Farben blau, weiß, rot von Krzysztof Kieslowski. Und Eduardo del Llano ist ein Filmemacher, Filmefreak und Filmerzähler.

Agota Kristof, Die Analphabetin

h.schoenauer - 17.05.2006

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„Ich lese. Das ist wie eine Krankheit. Ich lese alles, was mir in die Hände, vor die Augen kommt: Zeitungen, Schulbücher, Plakate, auf der Straße gefundene Zettel, Kochrezepte, Kinderbücher. Alles, was gedruckt ist. Ich bin vier Jahre alt. Der Krieg hat gerade angefangen.“ (7)

Manche Bücher fahren gleich mit dem ersten Absatz ins Herz der Leser, da wird nicht lange gefackelt. Agota Kristofs Hommage an ein durchgelesenes Leben fängt mit so einer Kampfansage an die Dummheit und Trägheit an, Lesen ist wie eine Krankheit, die zur heftigen Gesundheit führt!

Elias Schneitter, Zu guter Letzt

h.schoenauer - 14.05.2006

Buch-CoverDie wahren Geschichten krabbeln heimlich und geduckt durch die glatt polierte Gesellschaft wie die sprichwörtlichen Kakerlaken durch die Küche.

Wer am Rande der Gesellschaft steht, muss deshalb nicht gescheitert sein, lautet so eine Erkenntnis des literarischen „Arme-Leute-Anwaltes“ Elias Schneitter. In seinen jüngsten Erzählungen geht es folglich um Helden, die sich verrückt geduldig mit den Ungereimtheiten des Lebensstroms auseinandersetzen müssen.

E. Y. Meyer, Eine entfernte Ähnlichkeit

h.schoenauer - 09.05.2006

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Oft ist es eine einzige Gesichtsikone, die die Erinnerung an wunderbare Literatur auslöst. Wer kennt nicht das hohle Tuberkulosegesicht Franz Kafkas, das einen sofort in den Augen das undurchdringliche Schloss suchen lässt? Und wer sucht nicht im aufgequollenen Gesicht Adalbert Stifters nach dem Schnitt der Rasierklinge, mit dem der ewige Nachsommer beendet worden ist?

Der Berner Autor E. Y. Meyer nimmt die Erinnerung an das „literarisch heftige Gesicht“ zum Anlass, um in einer kunstvoll komponierten Erinnerungsgeschichte des fünfzigsten Todestages Robert Walsers zu gedenken.

Gotthard Bonell, Vis-à-vis

h.schoenauer - 09.05.2006

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Die Zauberwurzel heißt „pro-trahere“, das Wesentliche herausziehen, daraus ist das Porträt entstanden.

In einem grandiosen Überblick über die wichtigsten Stationen des Porträts, lässt der sorgsame Einbegleiter Andreas Hapkemeyer keinen Zweifel aufkommen, dass das Porträt gerade weil es die Fotografie gibt, seinen Stellenplatz in der Kunst des Herausziehens hat.

Javier Salinas, E

h.schoenauer - 08.05.2006

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Was vorerst wie ein aus einem größeren Schriftzug gefallener Buchstabe vom Cover herunterglotzt, ist dieses E, eine Hauptperson, die sich zu einem einzigen Zeichen verschrumpelt hat.

Javier Salinas geht in seinem spritzigen Roman vom großen E der Frage nach, wie eine Identität entsteht, wann eine Person als solche ihre Grenzen erreicht und wie Weltstoff auf ein einziges Hirn herunter gebrochen werden kann.

Margit Hahn, Totreden

h.schoenauer - 30.04.2006

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Es gab einmal eine Literatur der Arbeitswelt, die war noch viel bitterer als die Arbeitswelt selbst und wurde nach dem kohleschwarzen Industrieort der DDR „Bitterfelder Weg“ genannt. Mittlerweile ist die Arbeitswelt tief-dirty geworden, aber die Literatur begegnet diesem Höllenphänomen mit Witz und Skurrilität, man denke nur an Kathrin Rögglas über-wachen Roman „Wir schlafen nicht“.

Margit Hahn postiert in ihren gut zwanzig Erzählungen Figuren rund um die Arbeitswelt, die entweder schon tot sind, und darüber noch reden, oder ihr Leben gerade kaputt reden. Ausgepumpte Menschen zwischen vierzig und geht nicht mehr legen uns Lesern ihre Herzen auf den Tisch mit der Bitte, sie irgendwie zu reanimieren oder doch so zu tun, als sei es noch nicht so schlimm.