Eva Siegmund, LÚM - Zwei wie Licht und Dunkel
„Wir, die Überlebenden des Dritten Weltkrieges, haben uns im Bewusstsein der historischen Bedeutung und der Verantwortung für alle Menschen am heutigen Tag versammelt, um die verbleibenden Staaten aufzulösen und eine neue Gesellschaft zu erschaffen.“ (5)
Im Mittelpunkt der neuen Gesellschaft, die sich Unionsstaat des Lichts nennt, steht das Streben nach Wissen, welches durch das Licht symbolisiert wird. Alles was sich durch Vernunft und die Wissenschaft nicht erklären lässt, erregt die Aufmerksamkeit der neuen Hüter der Gesellschaft und wird als Gefahr für die bestehende Ordnung betrachtet.
In den Ruinen von Adeva, einer zerstörten Metropole, leben die Pekuu, die sich jedes Jahr an einer Lichtung versammeln, um das Mantaifest zu begehen, das die Schwelle des Übergangs der Pekuu zur Welt der Erwachsenen markiert. Dabei soll sich auch zeigen, ob den Jugendlichen eine spezielle Fähigkeit zukommt oder ob sie ihr Leben in Zukunft als gewöhnliche Kema leben würden.
Meleike ist die Tochter der Seherin Tirese, deren Mutter wiederum als die größte Seherin in Adeva gilt. Ihr verstorbener Vater war ein Obskurant, die mit ihrem Willen steuern konnten, ob sie von anderen gesehen werden konnten oder nicht. Kein Wunder, dass die Hoffnungen aller auf Meleike gerichtet sind, von der eine besondere Begabung erwartet wird.
Als Ben-Di, der Fürst von Adeva, die Zeremonie durchführt, muss Meleike zu ihrer Bestürzung erkennen, dass sie nicht zu den Außerwählten sondern zu den Kema gehören wird. Entsetzt bemerkt Meleike, dass ihre berühmte Großmutter keine Enttäuschung über das unerwartete Ergebnis zeigt, sondern fröhlich vor sich hin pfeift.
Zur selben Zeit wird in Lúm der jugendliche Flynn Connor auf Befehl seines Vaters, einer von Lúms berühmtesten Wissenschaftlern, in einer Gefängniszelle der Stadt gefangen gehalten. Grund dafür war, dass nach seinem 15. Geburtstag ein kleiner blassbrauner Ring mit einem Punkt in der Mitte an seinem Handgelenk auftauchte, der sich nicht mehr entfernen ließ. Es ist das Zeichen seiner Fähigkeit Dinge zu sehen und zu erleben, die an anderen Orten stattfinden. Sein Vater plant aus diesem Grund Flynn zu operieren, um in seinem Körper nach den Ursachen dieser Fähigkeiten zu suchen, die es in den Augen der Wissenschaft nicht geben sollte.
Meileike erhält von ihrer Großmutter ihre Fähigkeiten des Sehens und den Auftrag übertragen, Adeva und die Pekuu vor der nahenden Zerstörung zu retten, die sie in einer erschreckenden Vision miterleben muss. Danach nimmt sich ihre Großmutter das Leben. In einem Wettlauf mit der Zeit muss sie den Nachstellungen der Familie des skrupellosen Fürsten Ben-Di entkommen und gleichzeitig das Leben ihrer Welt retten. Dabei verbindet sich ihr Schicksal mit dem unbekannten Flynn Connor, der in einer fremden Welt lebt, die aber mit ihren spirituellen Fähigkeiten untrennbar miteinander verbunden sind. Dabei kommen die beiden einander immer näher und lüften gemeinsam ein unglaubliches Geheimnis.
Eva Siegmund gelingt es in ihrem dystopischen Zukunfts-Roman die Leserinnen und Leser von der ersten Seite an in den Bann der überaus spannungsgeladenen Geschichte zu ziehen. Beeindruckend schildert sie zwei gegensätzliche Gesellschaften, von denen die eine, durch ihre gefühlskalte, wissenschaftliche Vernunft jedes menschlichen Mitgefühls beraubt und die andere dem drohenden Untergang geweiht ist.
In einem fulminanten Show-Down wird das überdimensionale Lügengespinst, das beide Gesellschaften überdeckt, zunehmend gelüftet. Ein überaus lesenswerter Jugendroman, der der sich durchaus mit „Die Tribute von Panem“ oder „Die Bestimmung“ vergleichen lässt und der allen Freundinnen und Freunden dieses Genres gefallen wird.
Eva Siegmund, LÚM - Zwei wie Licht und Dunkel. Ab 13Jahren.
München: cbt Verlag 2014, 512 Seiten, 17,50 €, ISBN 978-3-570-16307-8
Weiterführende Links:
cbt Verlag: Eva Siegmund, LÚM - Zwei wie Licht und Dunkel
Homepage: Eva Siegmund
Andreas Markt-Huter, 08-04-2015