Jennifer R. Hubbard, Atme nicht

„Ich hätte wissen müssen, was ich mir damit antat, Nicki alles zu erzählen. Wie schlecht ich mich danach fühlen würde. Ich hatte so getan, als sei das alles nur ein Klacks für mich. Ich hatte mir eingeredet, dass ich dem armen Mädchen half, mit dem Tod ihres Vaters fertig zu werden …“ (80)

Der 16-jährige Ryan hat versucht sich das Leben zu nehmen und wurde daraufhin ins Patterson Hospital eingewiesen, wo er längere Zeit in Behandlung blieb. Dort verbindet ihn eine tiefe Freundschaft mit Val und Jake, die seine Probleme teilen. Als Ryan wieder aus der Klinik entlassen wird, fühlt er sich in seiner Schule isoliert und einsam, bis er eines Tages Wasserfall in seiner Umgebung der 15-jährigen Nicki Thornton begegnet.

Nicki liebt es wie Ryan sich unter den Wasserfall zu stellen und die Wucht des Wassers zu spüren. Sie weiß, dass Ryan einen Selbstmordversuch unternommen hat und will von ihm wissen, warum er es getan und was er dabei gefühlt hat. Ihr Vater hatte sich nämlich, als sie ein Kind war, das Leben genommen. Seither sucht sie nach Antworten auf diese Fragen, die sie nun von Ryan zu bekommen hofft.

Trotz aller Vorbehalte verbringen Ryan und Nicki immer mehr Zeit miteinander und fahren gemeinsam zu einem Medium, mit dessen Hilfe Nicki in Verbindung mit ihrem toten Vater treten will, um endlich Antworten nach dem Warum zu finden. Im Gegenzug überredet Nicki Ryan mit ihr gemeinsam zu Val zu fahren, um ihr endlich seine heimliche Liebe zu gestehen. Als Val ihm zu verstehen gibt, dass sie ihn nur als sehr guten Freund betrachtet, fährt Ryan tief enttäuscht wieder mit Nicki nach Hause. Auf einer Autoraststätte küssen sich die beiden schließlich.

Mittlerweile kennt Nicki alle Geheimnisse, die Ryan belasten. Als Ryan vor einem Minimarkt zufällig ein Gespräch von Jugendlichen aus seiner Schule mithört, bricht für ihn eine Welt auseinander.

„… Ist Nicki nicht seit einiger Zeit ständig mit dem zusammen?“ „Genau. Möchte wissen, was in die gefahren ist.“ Alle lachten. Dann sagte ein Mädchen mit spindeldürre Beinen und langen glänzenden Haaren: „Keine Sorge, sie hat mir versichert, dass sie nicht mit ihm geht oder so. Sie ist nur nett zum Loser der Schule.“ (223)

Jennifer Hubbard gelingt mit unglaublich viel Einfühlungsvermögen, das Thema Selbstmord und Depression aus der Sicht eines betroffenen Jugendlichen zu schildern. Sie zeigt, wie schwer es ist, wieder in ein geordnetes Leben zurück zu finden. Dabei beschreibt sie überzeugend, welche Schwierigkeiten auch das familiäre und soziale Umfeld hat, wieder zu einem normalen und entspannten Miteinander zurückzufinden.

„Atme nicht“ ist aber ebenso eine Geschichte vom Erwachsenwerden, von der enttäuschten Liebe, von Freundschaft und Vertrauen sowie von der Schwierigkeit, mit den eigenen Schuldgefühlen fertig zu werden. Hubbards klare und direkte Sprache vermag die jugendlichen Leserinnen und Leser von der ersten Seite in ihren Bann zu ziehen und ein schwieriges Thema auf ungezwungene Weise zu enttabuisieren. Ein überaus empfehlenswertes Buch, das berührt und unter die Haut und dennoch zu unterhalten vermag.

Jennifer R. Hubbard, Atme nicht. Übers. v. Michael Koseler [Orig. Titel: Try Not to Breathe], ab 13 Jahren
Weinheim: Verlag Beltz & Gelberg 2014, 256 Seiten, 9,20 €, ISBN 978-3-407-74492-0

 

Weiterführende Links:
Beltz & Gelberg: Jennifer R. Hubbard, Atme nicht
Homepage: Jennifer R. Hubbard

 

Andreas Markt-Huter, 24-09-2014

Bibliographie

AutorIn

Jennifer R. Hubbard

Buchtitel

Atme nicht

Originaltitel

Try Not to Breathe

Erscheinungsort

Weinheim

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Beltz & Gelberg

Übersetzung

Michael Koseler

Seitenzahl

256

Preis in EUR

9,20

ISBN

978-3-407-74492-0

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Jennifer R. Hubbard, geboren in New England, schreibt seit ihrem siebten Lebensjahr und hat bereits zahlreiche Kurzgeschichten und zwei Romane für Jugendliche in Amerika veröffentlicht.