Kilian Leypold, Krähen gegen Ratten

„»Schau an, was wir da haben!«, knurrte ihm jemand ins Ohr. »Eine Kräh, die im Dreck wühlt.« Murz riss die Augen auf. Über sich sah er ein stählernes Brillengestell und dahinter die wässrigen Glotzaugen und das teigige Gesicht von Matze Becher, dem Anführer der Ratten.“ (13)

Kurt Henkel, der von allen Murz genannt wird, und Matze Becher leben in völlig verschiedenen Welten. Der eine gehört zur Bande der Krähen, die in Eigentumswohnungen leben, der andere ist Mitglied der Bande der Ratten und ihr zuhause sind die Sozialwohnungen, die durch die Mettenstraße vom Gebiet der Krähen getrennt wird. Ratten und die Krähen stehen sich schon seit frühesten Zeiten als Feinde gegenüber.

Murz hat ganz allein einen abenteuerlich Ausflug in das Teufelswäldchen begeben, das weder zum Gebiet der Krähen noch der Ratten gehörte. Auf seinem Streifzug durch die Bäume und Sträucher gibt er sich ganz seiner lebhaften Fantasie hin und eilt einem Käfer der von Ameisen attackiert wird zu Hilfe, bis er plötzlich von einem kräftigen Würgegriff aus seinen Tagträumen gerissen wird. Matze, der Anführer der Ratten, und die restlichen Bandenmitglieder, die schöne Roya, der gemeine Güncal und Daz, der Hunne nehmen Murz in die Mangel und treiben ihn ohne Kleidung durch ein dichtes Brennnesselfeld.

Mit Schmerzen und starken Entzündungen gelingt es Murz in das Hauptquartier der Krähen zu flüchten, wo er Kralle, ihrem Bruder Flac und Teer vom Überfall der Ratten und seinem anschließenden Besuch im Krankenhaus berichtet. Für die Krähen ist klar, dass dieser Angriff auf neutralem Gebiet Krieg bedeutet und eine heftige Reaktion erfordert. Sie stehlen Matzes Hund und verlangen, dass die Ratten in Röcken am vereinbarten Treffpunkt erscheinen müssen, wenn sie den Hund wiederbekommen wollen.

Bei der darauffolgenden Auseinandersetzung kommt es plötzlich zu einem Streit über das Gewicht eines Steines, den Teer für den bevorstehenden Kampf mitgebracht hat.

Und noch etwas lag in der Luft. Die Sache mit dem Stein. Natürlich war es Unsinn und auch vollkommen egal … Aber trotzdem: War er jetzt schwerer oder leichter als ein Kilo? (76)

Murz macht den Vorschlag den Stein zum nahegelegenen Eichamt zu bringen, um ihn wägen zu lassen, womit die Auseinandersetzung der Krähen und Ratten eine völlige neue Richtung bekommt.

Kilian Leypolds Geschichte vom Bandenkrieg der Krähen und Ratten ist eine Mischung verschiedenster Themen, die sich harmonisch zu einer spannenden Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden vereinen. Unter der rauen Schale der Jugendlichen verbergen sich oft tiefe Ängste, wie z.B. von Matze, der regelmäßig von seinem trinkenden Vater verprügelt wird, oder von Ronya, deren Vater in Afghanistan geblieben war, wo sein Vater als Taliban im Gefängnis sitzt. Aber auch der sozial besser gestellt Murz fürchtet sich vor der Zukunft, vor der vernünftigen Welt der Erwachsenenwelt, wo seine Fantasie keine Bedeutung hat.

Leypold gelingt es, mit viel Einfühlungsvermögen unterschiedlichste soziale Lebenswelten an die Leserinnen und Leser heranzutragen, wobei die Unterschiede der gegensätzlichen Banden immer mehr verblassen und der Gemeinsamkeiten der Jugendlichen weichen. Ein überaus empfehlenswerter Jugendroman, der neben einem Hauch von „Krieg der Knöpfe“ vor allem die Lebensängste heranwachsender Jugendlicher zu vermitteln weiß.

Kilian Leypold, Krähen gegen Ratten. Der Bandenkrieg von Murz und Matze, ab 12 Jahren
München: Hanser Verlag 2014, 256 Seiten, 15,40 €, ISBN 978-3-446-24631-7

 

Weiterführender Link:
Hanser Verlag: Kilian Leypold, Krähen gegen Ratten

 

Andreas Markt-Huter, 12-11-2015

Bibliographie

AutorIn

Kilian Leypold

Buchtitel

Krähen gegen Ratten. Der Bandenkrieg von Murz und Matze

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Hanser Verlag

Seitenzahl

256

Preis in EUR

15,40

ISBN

978-3-446-24631-7

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Kilian Leypold wurde in Nürnberg geboren und studierte Philosophie, Slawistik und Osteuropäische Geschichte. Seit 2000 arbeitet er als freier Reporter und Autor für den Kinderfunk des Bayerischen Rundfunks. Seit 2010 schreibt er Kinder- und Jugendbücher.