Renate Welsh, Sarah spinnt Geschichten

„Zwei Buben und drei Mädchen stehen noch in der Mitte des Turnsaals und warten darauf, in eine Mannschaft gewählt zu werden. »Beeilt euch!«, sagt die Lehrerin. Sarah schaut auf ihre Füße. Sie weiß schon, dass sie als Letzte übrig bleiben wird. Sie ist die Neue.“ (5)

Sarah und ihr Vater sind vor ein paar Monaten umgezogen, nachdem ihr Papa sich einen alten Wunschtraum erfüllt hat, indem er den Buchladen seines Onkels übernommen hat. Als Sarah drei Jahre alt war, ist ihre Mutter gestorben und seitdem leben ihr Vater und sie allein. Der Wechsel an die neue Schule fällt ihr schwer, vor allem aber, weil sie noch keine neue Freunde hat. Sarah kennt sich auch noch nicht gut in der Schule aus, gilt immer noch als „die Neue“ in der Klasse und fühlt sich von allen ausgelacht.

Nach Schulschluss wird Sarah beim Nachhausegehenvon Gustl, dem größten Mitschüler in ihrer Klasse, barsch angesprochen. Er glaubt sich von ihr verfolgt, dabei haben sie nur den gleichen Heimweg. Ihr Papa nennt Gustl Goliath, weil er so groß ist. Auch am nächsten Tag wird Sarah von Gustl unter Druck gesetzt.

„Ich hab dir gesagt, du sollst mir nicht nachrennen!“ Sie ist so verdutzt, dass sie kein Wort herausbringt. „Bist du blöd, oder was?“ „Ich … ich renn dir nicht nach“, stottert sie. Er lacht böse und wendet sich ab, mit diesem gefährlich schaukelnden Gang. (14)

Als Sarah sich anschließend beeilt in ihre Klasse zu laufen, verirrt sie sich in den Gängen der Schule. Sie ist froh, als ihr der Hausmeister hilft ihre Klasse zu finden, wird aber sofort von ihren Mitschülern ausgelacht.

„So ein Baby! Der Stani hat sie an der Hand herführen müssen, weil sie sich verlaufen hat!“ (17)

Diesmal geht Gustl hinter Sarah her und bleibt vor dem Buchladen von Sarahs Vater im Regen stehen. Als dieser Gustl hereinbittet, ihn auf eine Suppe einlädt und ihm trockene Kleidung anbietet, ist Sarah zunächst entsetzt. Ihr Vater gibt Gustls schmutzige Kleidung in die Waschmaschine, was Gustl ziemlich aufbringt. Am nächsten Tag gibt er Sarah die Schuld, dass er keine Hausübung hat machen können und verlangt dafür ihre Hilfe. Sie erzählt ihm eine Geschichte, die er niederschreiben muss.

Von nun an verlangt Gustl von Sarah jeden Tag auf dem Nachhauseweg eine Geschichte zu hören. Ihr Vater glaubt erkannt zu haben, dass Gustl hinter seiner rauen Schale sehr unsicher sei und große Schwierigkeiten beim Lesen habe. Nach und nach wird Gustl langsam offener und auch Sarah gelingt es, mit ihren Geschichten die Anerkennung ihrer Mitschüler zu erringen.

Mit ruhigen Worten erzählt Renate Welsh die Geschichte von Außenseitern, die ganz unterschiedlich mit ihren Problemen umgehen. Während Sarah sich ängstlich darum bemüht anerkannt zu werden, reagiert Gustav mit Aggression auf seine schulischen Schwierigkeiten und seine Probleme zu Hause.

Ein wunderschönes und überaus positives Buch von Mitgefühl und dem Respekt für die Probleme anderer, aber auch darüber, dass jeder einmal Hilfe und Freunde brauchen kann. Ein Buch in dem sich junge Kinder sicherlich in der einen oder anderen Weise wiederfinden können. Die klare und verständliche Sprache und die kindergerechte Aufbereitung eines schwierigen aber wichtigen Themas machen „Sarah spinnt Geschichten“ zu einem überaus empfehlenswerten Kinderbuch für junge Leserinnen und Leser.

Renate Welsh, Sarah spinnt Geschichten. Ill. v. Suse Schweizer, ab 7 Jahren
Innsbruck: Obelisk Verlag  2014, 96 Seiten, 11,95 €, ISBN 978-3-85197-749-3

 

Weierführende Links:
Obelisk Verlag: Renate Welsh, Sarah spinnt Geschichten
Wikipedia: Renate Welsh
Homepage: Suse Schweizer

 

Andreas Markt-Huter, 19-06-2015

Bibliographie

AutorIn

Renate Welsh

Buchtitel

Sarah spinnt Geschichten

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Obelisk Verlag

Illustration

Suse Schweizer

Seitenzahl

96

Preis in EUR

11,95

ISBN

978-3-85197-749-3

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Renate Welsh wurde in Wien geboren und studierte zwei Jahre Englisch, Spanisch und Literaturwissenschaften. Sie arbeitete am British Council in Wien und war nebenberuflich, später freiberuflich als Übersetzerin tätig. Seit 1969 hat sie begonnen Kinder- und Jugendbücher zu schreiben.<br />Suse Schweizer werde in Jena geboren und lebt heute in Erfurt. Sie studierte erst Pädagogik und dann Freie Kunst und Visuelle Kommunikation an der Bauhaus Universität Weimer.