Buch-CoverLängst wissen wir, dass in der Wirtschaft die Etikette mindestens so wichtig ist wie die Zahlenkolonnen auf den diversen Transaktionspapieren.

Eine gute Dienstleistung wird erst durch professionelles, gepflegtes Auftreten der handelnden Personen zu einem angenehmen Ereignis, harte Sätze erfordern oft einen dämpfenden Filter der Diplomatie, und ab und zu brauchen die erfolgreichen Wirtschaftstiere auch einen passenden Laufstall, worin sie ihre hart arbeitenden Körper in schönen Gewändern dramaturgisch einwandfrei ausführen können.

Buch-CoverWenn ein ehemaliger Untergrund-Autor so großen Wert darauf legt, dass sein Roman „non-fiction“ ist, dann spricht daraus bereits eine gewisse Lebenserfahrung im Umgang mit der so genannten Wahrheit.

Vordergründig handelt es sich bei Dimitri Prigows Text um einen Reisebericht. Der Ich-Erzähler landet in Japan und hat den starken Wunsch, das alles niederzuschreiben. So gibt es einen Start, der schlicht ‚Beginn’ heißt und die Lebensweisheit aus der Sowjetunion für Jugendliche zusammenfasst: Wenn Schlägertypen auftauchen, sagt man einfach geht weg, und die Typen gehen weg.

Buch-CoverBei einem echten Leser ist das Auge immer schneller als der rezipierte Begriff, der skurrile Titel „Wettesser“ verleitet zu optischen Abgleitungen, Wettleser, Wettmesser, Wet-desert, alles schwingt mit, ehe es klar ist: Hier geht es um das Fressen.

Clemens Berger hat seine skurrile Fabel von der Sinnlosigkeit aller Wettbewerbe an einem perversen Plot festgemacht. Zwei Japaner und zwei Amerikaner haben die Weltvormachtsstellung im Wett-Fressen inne, im entscheidenden Fress-Down siegt ein eher zierlicher Japaner mit kulturellen Schraffuren vor einem Ami-Ekel und Weltherrschaftsfettwanst par excellence.

Buch-CoverUnter dem Papier, auf dem die Literatur gedruckt ist, tut sich offensichtlich eine ganz andere Welt auf, in der es von besessenen, papierenen und ausgeklinkten Menschen nur so wimmelt.

Das Papierhaus erzählt von einer Welt, in der Menschen vollends abtauchen können, und in der letztlich alles in Vollendung endet, auch wenn dies mit den Maßstäben der normalen Welt etwas Verrücktes und Irres sein kann.

Buch-CoverDie so genannte „00-Nummer“ eines neuen Verlages ist immer aufschlussreich, gibt doch das erste Buch so etwas wie ein Programm vor.

Und für ein aufklärend essayistisches Programm, wie es der Innsbrucker Limbus Verlag in Zukunft betreuen will, bietet sich der Roman „Der lange Gang“ von Uwe Bolius geradezu von selbst an.

Buch-CoverVielleicht sind Kinder in Wirklichkeit Erlebnismonster und erleben sich, die Eltern und die fröhliche Kindheit als gigantisches Experiment skurriler Gegebenheiten.

Hanno Millesi geht in seinen zehn Erzählungen immer von der Überlegung aus, dass Kinder alles ganz anders erleben, als wir es wahr haben wollen. Ein überdimensioniertes Erlebnis-Kind findet sich in alltäglichen Situationen wieder, aber die Welt tickt ganz anders.

Buch-CoverVielleicht sollte man manche Texte gar nicht zu tief lesen, damit sie ihren Tiefgang entfalten können. Peter Handkes Kali-Roman ist jedenfalls eine Geschichte voller Leichtigkeit, Logik, Märchenhaftigkeit und Zeitlosigkeit.

Figuren kommen und gehen wie bei einem Scherenschnitt, den jemand angefangen und vergessen hat, manche Episoden werden angerissen und schon nach ein paar Gedankenansätzen wieder aufgegeben, dann kommt ein angeleimter Text aus einer anderen Epoche hinzu, die Jahreszeit ist zeitlos, auch wenn es vorwinterlich konkret um Schnee zu gehen scheint.

Buch-CoverVielleicht muss man die richtige Liebe immer kalt und unauffällig halten und an extremen Figuren festmachen, damit sie langfristig funktioniert. Nichts ist nämlich schwieriger, als im aufrechten Gang durch die Slalomstangen der Gefühle zu wandeln.

Die Hauptfigur Ruth greift daher mit einem Arm ins reife Alter ihres Mannes, mit dem anderen in die Jugend des Sohnes ihrer besten Freundin.

Buch-CoverWenn du geil ins Leben gehst, springt dich dieses ebenso geil an. – So etwa lautet die lebensfreche Grundbotschaft in Anne Marie Pirchers Haupterzählung „Rosenquarz“.

Der Plot ist geradezu eine Rakete voller Abenteuerkraft. Die Friseurin Paula kann am Gemüse-Standl nicht bezahlen, ein Unbekannter hilft ihr mit zehn Euro aus, es macht klacks und Paula ist nicht mehr von dieser Welt.

Die ersten Nachtöne beginnen zu schwingen, wenn man diesen Lyrikband wie im Daumenkino rasch durch die Finger flirren lässt. Es bleibt der Eindruck von Harmonie, die Texte sind in gesunden Portionen abgedreht, alle Gedichte haben einen kurzen Titel, so dass man fast von lyrischen Wikipedia-Einträgen zu angenehm Begriffen sprechen kann.

Die lyrischen Ausfugungen ziehen sich durch den Jahreslauf, markieren biographische Wartepunkte oder federn harte Gedankengänge in kurzen Stößen auf ein eindringliches Bild zusammen. Aurelia Seidl-Todt hat ihre über hundert Gedichte aufgefädelt nach den Kapiteln: Nachtöne - Übers Jahr – Aussichten.