Stefanie Taschinski, Caspar und der Meister des Vergessens

„»Was geschieht hier?«, flüsterte sie. »Wo ist Till?« Er konnte die Angst in ihrer Stimme hören. »Ich weiß nicht. Hast du sein Zimmer gesehen?«, fragte er. Greta nickte. »Es … ist, als hätte ihn jemand ausradiert.« Ja, dachte Caspar. Ausradiert aus ihrem Haus, den Fotos und was am allerschlimmsten war: sogar aus der Erinnerung ihrer Eltern.“ (66)

Der elfjährige Caspar, seine dreizehnjährige Schwester Greta und sein kleiner Bruder Till gehören zu einer berühmten Puppenspielerfamilie in Kopenhagen. Seine Eltern feiern, wie schon ihre Vorfahren, große Erfolge mit ihrem unvergleichlichen Marionettentheater. Doch niemand in der Familie ahnt, dass dieser Erfolg einen hohen Preis hat. Nur Anatol, der sich in der Werkstatt um die Reparatur der Puppen und des Theaters kümmert, scheint mehr zu wissen, als er zugeben will.

Da seine Eltern mit den letzten Proben vor der Premiere des neuen Puppentheaterstücks beschäftigt sind, muss sich Caspar um seinen kleinen Bruder Till kümmern. Die beiden gehen zum Eislaufen und Caspar bemerkt, dass sich ein Mädchen an seinem Rucksack vergreift. Zu seiner Überraschung muss er feststellen, dass nichts gestohlen wurde, sondern sich im Gegenteil eine alte zusammengeschnürte Holzpuppe im Rucksack wiederfindet. Als er die Puppe Anatol zeigt, reagiert dieser ganz merkwürdig und weist ihn an, die Puppenteile zu verbrennen.

Caspar gelingt es aber nicht, sich von der Puppe zu trennen. Kurz vor der Premiere taucht ein merkwürdiger alter Mann bei der Theaterkasse auf, der vorgibt, unbedingt eine Eintrittskarte zu brauchen und ihm ein außergewöhnliches Schnitzmesser leiht. Caspar beschließt die Marionette zu reparieren und ihm mit dem Schnitzmesser einen Kopf zu schnitzen, der wie sein kleiner Bruder Till aussieht.

Als Caspar am nächsten Morgen aufsteht, muss er zu seiner Verwunderung feststellen, dass sein kleiner Bruder nirgends zu finden ist. Als er ihn aus seinem Zimmer holen will, ist aus Tills Zimmer eine Abstellkammer geworden. Aus seine Schwester Greta hat keine Ahnung wo Till sein könnte und als sie ihre Eltern fragen, müssen sie erkennen, dass diese keinerlei Erinnerung an ihren jüngsten Sohn haben. Noch dazu ist Till aus allen Familienfotos verschwunden. Es scheint, als hätte Till nie existiert.

Nur Anatol hat Till nicht vergessen und erzählt Caspar von einem uralten Pakt, den die Vorfahren seiner Familie vor dreihundert Jahren geschlossen hatten. Der Preis für den großen Ruhm als Puppenspieler war groß: alle fünfzig Jahre musste die Familie das jüngste Kind abgeben.

Und es soll von seiner Familie vergessen sein, als wäre es nie geboren. (92)

Caspar ist nicht bereit den Pakt zu erfüllen und seinen kleinen Bruder Till im Stich zu lassen und zu vergessen. Gemeinsam mit seiner Schwester Greta macht er sich auf die Suche und bringt sich dabei selbst in große Gefahr.

„Caspar und der Meister des Vergessens“ ist ein überaus intelligent komponiertes Fantasy-Abenteuer in dem Freundschaft und Familie im Mittelpunkt stehen und der junge Held bereit ist, alles zu riskieren um seinen kleinen Bruder zu retten. Die Geschichte erzählt zunächst den Kinderalltag in einer Künstlerfamilie mit all ihren kleinen Ärgernissen, doch bringen schon bald geheimnisvolle und besorgniserregende Vorfälle die Familienidylle immer mehr ins Wanken bis am Höhepunkt die Eltern die Existenz eines Kindes vollkommen vergessen.

Trotz der besorgniserregenden Grundidee, aus der Familie gerissen und vergessen zu werden, bleibt die Grundhandlung immer positiv und die jungen Leserinnen und Leser begleiten den Helden bei der Befreiung seines kleinen Bruders immer mit der Ahnung, dass alles gut gehen wird. Dies gelingt Stefanie Taschinski dadurch, dass sie den Blick auf die guten Kräfte richtet und die dunklen Kräfte im vagen belässt. Ein überaus empfehlenswerter und spannend zu lesender Fantasy-Roman der durch seine starken Protagonisten und durchdachte Handlung zu überzeugen weiß.

Stefanie Taschinski, Caspar und der Meister des Vergessens. Ill. v. Cornelia Haas, ab 10 Jahren
Hamburg: Oetinger Verlag 2016, 240 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-7891-0426-8

 

Weiterführende Links:
Oetinger Verlag: Stefanie Taschinski, Caspar und der Meister des Vergessens
Homepage: Stefanie Taschinski
Homepage: Cornelia Haas

 

Andreas Markt-Huter, 14-02-2017

Bibliographie

AutorIn

Stefanie Taschinski

Buchtitel

Caspar und der Meister des Vergessens

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Oetinger Verlag

Illustration

Cornelia Haas

Seitenzahl

240

Preis in EUR

15,50

ISBN

978-3-7891-0426-8

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Stefanie Taschinski studierte Geschichte, Soziologie und Drehbuch. Sie schreibt Kinderbücher, Theaterstücke und Drehbücher. Ihr Kinderbuch „Die kleine Dame“ wurde für das Kino verfilmt wird. Die Kinderbuchautorin lebt mit ihrem Mann, zwei Töchtern und Labradordame Molly in Hamburg.

Cornelia Haas wurde bei Augsburg geboren und machte zunächst eine Ausbildung zur Schilder- und Lichtreklameherstellerin. Danach studierte sie Grafikdesign an der FH Münster und illustriert heute Kinder- und Jugendbücher. Sie wirkt und lebt in Münster.