Akram El-Bahay, Wortwächter

akram el-bahay, wortwächter„»Die Feder?« Tante Zoés schien ehrlich verblüfft. »Meint ihr damit etwa dieses goldene Ding, das einmal beinahe die Welt vernichtet hätte? Und sie ist hier in Paris? Im Louvre? Mon Dieu! Wollt ihr sie tatsächlich stehlen?«“ (S. 156)

Während Toms Eltern nach zwölf Jahren endlich ihre Hochzeitsreise nach Paris nachholen, fährt er nach England zu seinem Onkel David. Dieser lebt in Stratford-upon-Avon und ist ein Nachfahre des berühmten Dramatikers William Shakespeare. Zu allem Übel muss Tom feststellen, dass es im Haus seines Onkels weder Computer noch ein Handynetz gibt, sondern nur eine Unmenge an Büchern. Doch ganz gegen seine Erwartungen erwarten ihn die aufregendsten Sommerferien seines Lebens.

Tom, der alles andere als gerne liest, findet seinen Onkel zwar nett aber langweilig und sein Diener Will erscheint ihm mehr als merkwürdig. Als er sich in der Nacht auf die Suche nach einem Fernseher macht, belauscht er seinen Onkel David und Will bei einem eigenartigen Gespräch über „Lebensseiten die umformuliert“ worden seien.

Als Tom später in der Nacht noch einmal aufwacht, kommt er gerade rechtzeitig, um die Entführung seines Onkels zu bemerken. Nun beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Will gibt sich als versteinerte Nachbildung von William Shakespeare zu erkennen und erzählt Tom vom Orden der Wortwächter, der aus den „Lesern“ und den „Schreibern“ bestanden habe. Diese waren imstande die Lebensseiten der Menschen zu lesen und falls notwendig in einem begrenzten Rahmen umzuformulieren.

„Denn sie wachten über den Fluss der Worte und den Lauf der Welt. Immer dort, wo sie glaubten, dass die Welt Hilfe braucht, haben sie die Dinge behutsam verändert.“

Im Jahr 1944 war die Gemeinschaft der Leser und Schreiber jedoch auseinandergebrochen und beide Gruppen stehen sich seither feindlich gegenüber. Tom entdeckt durch Zufall unter den Papieren seines Onkels eine Seite, auf der nicht nur ganz von selbst Worte entstehen und wieder verschwinden, sondern die auch mit ihm zu sprechen scheint und seine Geschichte erzählt.

Als plötzlich auch noch Joséphine, eine Nachfahrin des französischen Schriftstellers Jules Verne, vor der Tür steht, deren Vater ebenfalls entführt wurde, macht sich die Gruppe rasch auf den Weg zum Glockenturm des Westminster Palasts, dem Hauptquartier der Wortwächter. Dort erfahren sie von den versammelten Lesern, dass die beiden „Lectorii“, David und Joséphines Vater, von den Schreibern entführt worden sind und nur durch die Übergabe der der „goldenen Feder“ wieder befreit werden können.

Die Leser weigern sich, auf diese Erpressung einzugehen, weil die goldene Feder in den Händen der Schreiber in ihren Augen eine Bedrohung für die Welt bedeuten würden. Tom erfährt von seiner sprechenden Seite, dass die goldene Feder aus Sicherheitsgründen in vier Einzelteile zerlegt worden ist. Gemeinsam mit Joséphine und Will beschließt Tom die Teile der Feder zu finden und gegen den Willen der Leser seinen Onkel und Joséphines Vater zu retten. Verfolgt von den Lesenden wird sie Suche nach den Teilen der goldenen Feder bis nach Afrika und Amerika führen.

Akram El-Bahay stellt das „Lesen und Schreiben“ in den Mittelpunkt seines fantastischen Kinder-Abenteuerromans, der sich wie eine Reise durch die Welt der Literatur liest und in dem die versteinerten Bibliothekare in Gestalt der großen Autorinnen und Autoren der Weltliteratur auftreten.

Dabei überzeugt „Wortwächter“ nicht nur durch eine überaus spannende Handlung, der in die verschiedensten Teile der Welt führt, sondern auch durch seinen Humor und seine originellen Protagonisten. So erweist sich z.B. Toms Lebensseite nicht nur als überaus hilfreich, sondern auch als recht eitel und sich seiner Bedeutung bewusst, was zu genervten und unterhaltsamen Dialogen zwischen Tom und seiner Seite führt.

Ein überaus empfehlenswerter Abenteuerroman für Kinder und Jugendliche, der seine Leserinnen und Leser von der ersten Seite zu fesseln vermag und dabei selbst immer wieder die wichtige Rolle des Lesens sowie von Büchern und Literatur thematisiert.

Akram El-Bahay, Wortwächter. Ab 11 Jahren
Berlin: Ueberreuter Verlag 2018, 384 Seiten, 15,40 €, ISBN 978-3-7641-5118-8

 

Weiterführenden Links:
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Phantastik Autoren: Akram El-Bahay

 

Andreas Markt-Huter, 12-02-2019

Bibliographie

AutorIn

Akram El-Bahay

Buchtitel

Wortwächter

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Ueberreuter

Seitenzahl

384

Preis in EUR

15,40

ISBN

978-3-7641-5118-8

Lesealter

Altersangabe Verlag

11

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Akram El-Bahay hat viele Jahre als Journalist gearbeitet und schreibt nun mit Vorliebe Bücher, die ebenso märchenhaft wie fantastisch sind. Nicht selten finden sich in ihnen orientalische Motive – ganz so, wie es sich für Geschichten eines Halbägypters gehört.