Bücher entstehen eher selten aus einem Überdruck, der durch das Schreibventil abgelassen wird. Meist sind Bücher das Ergebnis beharrlichen Sammelns von Notizen und deren Ausbreitung vor dem Leser unter dem Aspekt einer inneren Ordnung der Schreibenden.

Ruth Aspöck setzt in ihrer Lebensreportage „Jadran heißt die Adria“ zwei Frauenschicksale in Gang, die letztlich durch gegenseitiges Erzählen ihres Lebensprogramms mit dem Phänomen fertig werden müssen, dass alles zur Ruhe kommt und einem Ende entgegengeht.

In einem kulturellen Ambiente der Revivals und Remakes stellt sich durchaus die Frage, ob man den ganzen Schöpfungs-Semmel nicht ironisch neu deuten sollte.

Spätestens seit ein ausgemergelter Steve Jobs seine Apple-Schöpfungen im Jahrestakt auf den Markt geworfen und sich dabei den Namen I-God eingefangen hat, ist eine Parallelsetzung zwischen Planetengeschichte und digitaler Globalisierung durchaus reizvoll.

Die schmerzhaftesten Gefühle lösen allemal die Heimat und die Liebe aus, zumal wenn sie nicht da sind. Aber auch ihr Vorhandensein kann die Helden ganz schön fordern.

Stanislav Struhar lässt in seinem Roman „Die vertrauten Sterne der Heimat“ alle Düsen offen, um daraus Leichtigkeit ins Geschehen einfallen zu lassen. Schon im ersten Satz ist die Stimmung klar, Abend, Brise atmet von den Berghängen herunter, Düfte des Frühlings treten aus.

Idyllen schreien letztlich danach, dass sie aufgerissen oder zum Platzen gebracht werden. Ein Held tut sich eine Idylle nur an, weil er sich von ihr richtig demütigen lassen kann.

Schon allein der Titel verheißt in Armin Baumgartners Roman nichts Glattes. Was man im ersten Hinschauen noch für einen gelungenen Viehabtrieb nach einer satten Saison deuten kann, entwickelt sich tatsächlich zu einer Perversion.

Wenn gar nichts passiert, ist es meist ein Gedicht, heißt es im Volksmund. Auf der Skala von dynamischen Prozessen nämlich ist die Lyrik ziemlich im Randbereich der Ruhe angesiedelt.

Judith Nika Pfeifer nennt ihre Texte weder Gedichte noch Lyrik, „manchmal passiert auch gar nichts“ ist mit gut dreißig Gattungsbezeichnungen ausgemalt, wovon vielleicht der Begriff Leihworte am heftigsten herausleuchtet. Leihworte sind zum einen geliehene Worte, in der Spezialausführung als Trademarke sind sie eine Hommage an den Südtiroler Performance-Lyriker Jörg Zemmler, der das Motiv in den Vordergrund rückt, dass letztlich alles nur geliehen ist.

Jeder Familienverband lebt davon, dass die einzelnen Mitglieder ein Narrativ entwickeln, worin geschönte Lebensläufe eine Art gelungenen Zusammenhalt zum Ausdruck bringen.

Gesa Olkusz nennt ihren Roman vielsagend „Legenden“, darin werden die Figuren der Vergangenheit oft heiliggesprochen und schön geredet, damit sich die Gegenwart halbwegs aushalten lässt. Held dieser Legenden ist ein gewisser Filbert, der gespalten in Ich-Perspektive und Außensicht durch Berlin strolcht auf der Suche nach Arbeit, Bleibe und Identität.

Was tut sich eigentlich täglich am Rand des Systems und kann man den Rand von der Mitte aus beschreiben oder gar verwalten?

Harald Darer sticht mit seinem Roman „Herzkörper“ in jene Wunden, die sogenannte Außenseiter für die Harmonie-bedürftige Mitte jeweils darstellen. Schon der Titel Herzkörper deutet darauf hin, dass hier ein Wärmeaustausch zwischen Emotionen und sozial- thermischen Heizkörpern stattfinden soll.

Es geht nicht um Gefühle, es geht um das Leben. – Nicht immer ist eine Generation imstande, ihre Absichten halbwegs klar zu formulieren.

In J. F. Dams Roman „Die Nacht der verschwundenen Dinge“ versucht ein erfolgreicher Architekt, das Leben wie einen Prestige-Bau zu entwickeln und zu vollenden. Im Grundkern ähnelt dieses Unterfangen dem „Homo faber“ von Max Frisch, der trotz aller Umtriebigkeit auf allen Kontinenten die Liebesangelegenheiten in intimster Aura nicht auf die Reihe bringt.

Je bürgerlicher und biedermeierlicher die Regeln sind, umso lautloser fällt das Aufbegehren gegen die Konvention aus. Der Widerstand spielt sich nur im Hinterkopf im Aberland ab, wo ab und zu zynische Formulierungen entstehen.

In Gertraud Klemms Roman „Aberland“ versuchen Mutter und Tochter in ihren Jahrgangskapseln eingeschlossen mit dem Gesellschaftsstrom mit zu schwimmen, ohne anzuecken und das eigene Wohlbefinden zu gefährden. Heldinnen dieses Abwehrkampfes in einem trivialen Leben sind Elisabeth, 58, aus ihrer Sicht wird in den geraden Kapiteln erzählt, und ihre Tochter Franziska, 35, ihr gehören die ungeraden Auftritte.

Mit dem berühmten starken Anfangssatz brennt sich ein Roman unauslöschlich in das Gedächtnis der Leserschaft. „Jeden Sonntagmorgen, seit 1998, wachte Samuel Bly alleine auf und masturbierte.“ (9)

Nicht nur wegen dieses starken Auftritts des Helden Samule Bly ist Martin Kolozs Roman „Ein Funke Leben“ eine unvergessliche Angelegenheit, das Kammerstück über Trauer, Sinn des Lebens und Verlöschen des Daseins in der dahin strömenden Zeit bremst den bloßen Tagesablauf und implementiert quer gelegte Gedanken.