Buch-CoverDie wichtigsten Erlebnisse eines durchschnittlichen Menschenlebens sind seit erdenklichen Zeiten die reife Erotik und die edle Sinnlosigkeit. Für die Erotik ist Don Juan zuständig und für den Ritt in die Turbine einer Windmühle Don Quixote de la Mancha.

Robert Menasse hat für sein Heldenepos eines Beinahe-68ers die beiden Dons elegant zusammengemischt. Im Mittelpunkt dieser modernen Durchschnittsbiographie steht Nathan, der in einem Hochglanzmedium für die allgemeingültige Sparte "Leben" zuständig ist. Schon von der ersten Seite an ist Nathan an der Sexualität gereift, er erwartet sich nichts mehr und erklärt sich selbst und den Lesern recht süffisant, wie das so zwischen Männern und Frauen funktioniert.

Buch-CoverHinter den Bergen muss etwas Rundes sein, hinter den Bergen liegt vielleicht das Paradies, hinter den Bergen ist das Großmuttermorgenland.

Im Gebirge wächst ein Kind heran, das allmählich in die Härte des lokalen Lebens, in die Kunst des Träumens und in die Vorstellung von Weite und Welt eingeführt wird. Die Lehrmeisterin ist vor allem die Großmutter, die nicht nur in allen Lebenslagen einen überraschenden Kunstgriff parat hat, sondern die auch die Phantasie erweckt.

Buch-Cover"Hs Aufgabe war es zu sterben. Meine war, mit seinem Tod weiterzuleben." Das Motto dieser Erzählung Märzschnee funkelt ziemlich brutal vom Buchumschlag. Und innen ist der Trost phasenweise sehr verhalten.

Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schreiben, zitiert die Autorin einen Spruch und bemüht sich, durch Schreiben halbwegs klar zu kommen in der Trauerarbeit.

Buch-CoverWas für ein sinnlich gruseliger Titel! - Unter die Haut geht bekanntlich alles, was man an Schrecken und Gefühlsexplosion als Inhaber eines Körpers noch nicht richtig einem Sinnesorgan zuordnen kann, und unter die Haut wird im medizinischen oder Junkie-Bereich alles gespritzt, was nicht in die Venen gehört.

Andreas Renoldner bringt für seine verspielt kühle Liebesgeschichte einen Erzähler in Stellung, der immer wieder ins lyrische Du hinüberwechselt, aber dann doch recht ernüchtert unter seine eigene Haut schlüpft, in der er manchmal gar nicht stecken will.

Buch-CoverWenn man so Einfamilienhäuser verloren in ihren Siedlungen liegend betrachtet, fragt man sich oft, wozu diese Dinger gut sein könnten. Bernhard Strobel lässt darin frech seine Sackgassen-Erzählungen spielen, und der Sound kaputter Wüstenrothäuschen entwickelt sich sofort zu einem beeindruckenden Ereignis.

Jemand kann nicht schlafen, die Nacht ist unendlich lang und wird vor allem nach hinten hin zu einer unerträglichen Sackgasse des Empfindens. Da führen Johannes und seine Schwester ein Gespräch voller Trash und Langeweile, um die Zeit totzuschlagen.

Buch-CoverRoppongi heißt jener Stadtteil von Tokio, in dem die österreichische Botschaft untergebracht ist. Dem Icherzähler wird an diese Botschaft die Nachricht übermittelt, dass zu Hause in Kärnten der Vater 99-jährig verstorben sei.

Der Autor kauft eine Kerze und zündet sie im Hotelzimmer an, er beschließt, nicht zum Begräbnis nach Kärnten zu reisen.

Buch-CoverDer Gugelhupf gilt nicht nur als der König der österreichischen Kaffeejause, unter Gugelhupf versteht man auch eine psychiatrische Anstalt mit mehr oder weniger ringförmigem Auslauf.

Der Roman Stierhunger beginnt wie eine Vorabendserie. Eine unbekannte Frau bittet die Ich-Erzählerin, ihr doch den halben Gugelhupf abzunehmen, da ihr ein ganzer zu viel ist. Über den Gugelhupf kommen bekanntlich die skurrilsten Leute zusammen, die Erzählerin ist bald einmal bei der Gugelhupffrau zu Gast und erlebt einen Transfer in eine andere Zeit.

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Wenn es im Leben drunter und drüber geht, hilft ein geradliniges Buch gar nichts, da muss eine Texttrommel her, die die Lebensgeschichte ordentlich durch wirbelt.

Margit Schreiners Konvolut mit dem aufgesplitteten Titel "Hausfriedensbruch" zerlegt eine komplizierte Lebenssituation in die scheinbar so harmlosen Wörter Haus, Frieden und Bruch. Die Ich-Erzählerin ist Schriftstellerin, Alleinerzieherin, Wechseljahrgang und Wohnungsbewohnerin. Aus diesen Zuständen ergibt sich ein rasantes Leben, das mit Überdruck durch die eigenen Adern schießt.

Buch-CoverSogenannte echte Künstler erleben nicht nur die Welt manchmal als unerträglich, auch die Erotik flippt öfter einmal in seltsame Seitengassen der Empfindung aus, wenn sie von Künstlern ins Spiel gebracht wird.

Helene Flöss stellt in ihrer Erzählung Der Hungermaler zwei erotisch extravagante Typen vor. Sie ist eine perfekte Weberin, die vor allem im sakralen Bereich hinreißende an der Schöpfung angelehnte Altartücher und andere gewebte Devotionalien kreiert, er ist ein Hungermaler, weil er nichts zu beißen hat und auch selten über die Phase der Entwürfe hinauskommt.

Buch-CoverIm Zeitalter durchgehender Terrorangst darf man nirgendwo auf der Welt einen Koffer abstellen, ohne dass dieser nicht sofort gesprengt würde.

Diese Erfahrung macht auch der Lebenskünstler Fedele Conte Mamai - wörtlich übersetzt der treue Graf Niemals (S. 78) -, als er nach Jahrzehnten wieder in das Po-Delta zurückkehrt. Irgendwie verliert er den Koffer aus den Augen und ist schon dran. Carabinieri wollen alles wissen, wer warum weshalb, und genau auf diese Fragen weiß der treue Graf keine Antwort.