Arnulf Zitelmann, Widerrufen kann ich nicht

„Bei Luthers erstem Auftritt vor dem Wormser Reichstag soll der junge Kaiser spontan geäußert haben: »Der wird mich nie zum Ketzer machen!« Luther hatte keinen großen Eindruck hinterlassen, wirkte eher unsicher, linkisch.“ (7)

Anlässlich des 500. Jubiläums zum Thesenanschlag Martin Luthers sind zahlreiche Biographien zum Leben des deutschen Reformators für die unterschiedlichsten Altersgruppen erschienen. Vom bekannten Theologen und Philosophen Arnulf Zittelmann ist eine kompakte Lebensgeschichte Luthers in Taschenbuchform erschienen, die sich speziell an jugendliche Leserinnen und Leser richtet.

In neun Kapiteln werden die wichtigsten Lebens- und Wirkstationen Martin Luthers geschildert, beginnend bei seiner Geburt am 10. November 1483 in Eisleben bis zu seinem Tod am 18. Februar 1546 in derselben Stadt. Dazwischen liegt das Schaffen und Wirken eines Theologen, der die mittelalterlicher Kirche und Theologie aus ihren Angeln heben und eine neue Zeit einleiten wird, die sich allmählich von den Fesseln der Kirche befreit.

Das 1. Kapitel „Mansfelder und Eisenacher Schulzeit“ beschreibt Luthers familiäres Umfeld, seinen Alltag, sein „vulkanisches Temperament“, aber auch seine Selbstzweifel, Ängste und seine Niedergeschlagenheit, seinem Verhältnis zu seinen Eltern sowie seiner Zeit in der Mansfelder Schule, die er in schlechter Erinnerung behält. Sechs Jahre später wechselt Martin Luther an weiterführende Schulen in Magdeburg und Eisenach, wo er ein wenig aufblüht.

Kapitel 2 „Erfurter Philosophiestudium“ befasst sich mit Luthers Zeit an der Universität Erfurt, wo zwischen 1501 – 1505 studiert und seine Magisterexamen besteht, aber auch mit den neuen drängenden Fragen der beginnenden Neuzeit konfrontiert wird: Wie hält es die Kirche mit dem Zinsverbot oder welche Haltung nimmt sie zur Frage der Sklaverei ein, die immer drängender werden. Ein Blitzschlag wird Martins Lebensweg schließlich grundlegend neu ausrichten.

Das Kapitel „»Schwarzes Kloster« in Erfurt“ erzählt Luthers Zeit bei den Augustinern, denen er nach dem Blitzschlag und zur Enttäuschung des Vaters beigetreten ist. Auch hier konnte er sein ständig schlechtes Gewissen und seine Selbstzweifel nicht ablegen. Er kommt erstmals mit dem Bibeltext in Berührung, mit dessen Gottesbild er verzweifelt ringt. Ein weiteres Kapitel „Romreise und Wittenberger Professur“ thematisieren seine Zeit in Wittenberg und die Erfahrungen, die Luther während seiner Romreise machen konnte sowie seine Vorlesungen als „Doktor der Heiligen Schrift“.

Im 4. Kapitel „Wittenberger Thesen“ verlagert sich Luthers Wirken von den Klostermauern in die Öffentlichkeit, als er den Ablasshandel ablehnt und in Konfrontation mit dem Papst in Rom tritt. Dies führt im anschließenden Kapitel zu „Augsburger Verhör und Leipziger Disputation“. Auf dem Augsburger Reichstag 1518 wird Martin Luther vom päpstlichen Legaten Cajetan verhört und aufgefordert seine Lehren zurückzuziehen, findet aber im Kurfürsten Friedrich von Sachsen einen Unterstützer.

Die weiteren Kapitel „Wormser Reichstag“, „Wartburghaft und Wittenberger Bildersturm“ führen schon mitten in die Auseinandersetzungen der Reformation, die bei „Thomas Münzer und der Bauernkrieg“ ihren Höhepunkt finden werden. Das abschließende Kapitel „Heirat, Rückfälle, Krankheiten und Tod“ erzählen von zentralen Ereignissen in Luthers Leben wie seiner Heirat mit der ehemaligen Nonne Käthe von Bora, die demonstrativ gegen den von Rom geforderten Zölibat gerichtet war. Aber auch Luthers widersprüchliches Verhältnis zu den Juden, seine Krankheiten und Widersprüchlichkeiten kommen zur Sprache.

Arnulf Zitelmann zeichnet ein klares und verständliches Porträt eines Mannes und einer Zeit, die das alte, theologisch geprägte, mittelalterliche Bild der Welt in ihren Grundfesten erschüttern wird. Die biographische Darstellung ist eingebettet in ein Stimmungsbild der damaligen Zeit, das geprägt ist von der Entdeckung Amerikas, von wissenschaftlichen Erkenntnissen, vom humanistischen Denken und der Renaissance, die zurück an die schriftlichen antiken Quellen strebt.

Zitelmann gelingt es gekonnt, diese Aufbruchsstimmung dem selbstkritische und von Zweifeln geprägten Luther gegenüber zu stellen, der sich auf die Suche nach einem neuen Verständnis von Gott macht, das er ohne Kompromisse und Widerstände verteidigt. Eine überaus beeindruckende und empfehlenswerte Biographie, die jedes Kapitel mit einem Originalzitat Luthers beginnen lässt und das Leben und Wirken des Reformators nicht nur für jugendliche Leserinnen und Leser näherbringt.

Arnulf Zitelmann, "Widerrufen kann ich nicht". Die Lebensgeschichte des Martin Luther, ab 14 Jahren
Weinheim: Gulliver Verlag 2017, 203 Seiten, 9,20 €, ISBN 978-3-407-74768-6

 

Weiterführende Links:
Gulliver Verlag: Arnulf Zitelmann, "Widerrufen kann ich nicht"
Wikipedia: Arnulf Zitelmann

 

Andreas Markt-Huter, 14-06-2017

Bibliographie

AutorIn

Arnulf Zitelmann

Buchtitel

Widerrufen kann ich nicht. Die Lebensgeschichte des Martin Luther

Erscheinungsort

Weinheim

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Gulliver Verlag

Seitenzahl

203

Preis in EUR

9,20

ISBN

978-3-407-74768-6

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Arnulf Zitelmann studierte in Marburg und Heidelberg Theologie und Philosophie und hat als Religionslehrer unterrichtet. Heute arbeitet er als freier Schriftsteller, ist verheiratet und hat vier Kinder.