Friedl Hofbauer, Sagen aus Tirol
„Überall in den Gebirgen Tirols wohnen Salige Frauen und Fräulein. Sie können sich in Wolken verwandeln und ihr Haar in Sonnenstrahlen, denn sie wollen nicht, dass die Menschen erfahren, wer sie in Wirklichkeit sind. Immer wieder kommen Salige in die Täler herunter oder auch in einsame Bauernhöfe hoch oben. Dort helfen sie, wo es Not tut.“ (S. 7)
Sagen haben einen wahren Kern, in denen sich die Lebenswelt eines Landes widerspiegelt. Und auch die übernatürlichen und magischen Wesen, weisen in den jeweiligen Regionen ihre ganz eigenen Besonderheiten auf.
Friedl Hofbauer erzählt zwanzig Sagen, die mit verschiedenen Tiroler Regionen wie dem Kaisergebirge, dem Glungezer, dem Schwarzsee u.a. verbunden sind aber auch mit Geschichten zu historischen Figuren wie z.B. Dr. Paracelsus, Herzog Friedrich IV. von Tirol oder Kaiser Maximilian I.
Auch die Palette der übernatürlichen Wesen kann sich sehen lassen und reicht von Hexen, Saligen Frauen über Riesen, dem Teufel bis hin zu Geisterpferden, Kasermandln und Eismandln. Häufig werden in den Geschichten Verhaltensweisen kritisiert und bestraft, die dem gesunden Gerechtigkeitssinn entgegenstehen. So wird ein Knecht im Kaisergebirge von einer Hexe in einen Esel verwandelt, weil er zu dumm ist, eine Hexe zu erkennen.
Ein anderer Bauer wieder verliebt sich in ein Saliges Fräulein und heiratet sie. Er schafft es aber nicht, sein Versprechen zu halten und nie nach ihrer Herkunft zu fragen. Hier zeigt sich der gesellschaftliche Druck stärker als die Liebe. Berühmt ist auch die Sage der Frau Hitt, einer Riesenkönigin, die einem Felsen in der Nordkette bei Innsbruck ihren Namen gab.
In der Sage „Tanneneh“ führt das Misstrauen und die fehlende Hilfsbereitschaft der Bevölkerung zum Untergang der sagenhaften Stadt in der Tiroler Bergen über Oetz. Weitere Geschichten thematisieren die Pest in Tirol oder die Auseinandersetzung des Tiroler Landesfürsten Friedrich IV. mit König Sigismund, die ihn schließlich zur Flucht trieb, woraus die Sagen rund um Friedl mit der leeren Tasche hervorgingen. In der Sammlung fehlt natürlich auch nicht die Sage rund um Kaiser Maximilian I. der sich in der Martinswand bei Zirl verstiegen hat und angeblich von einem Engel gerettet worden sein soll.
Erfrischend und kindergerecht erzählt Friedli Hofbauer die Sagen aus der Tiroler Bergwelt, die zum Nachdenken anregen und mit ihren übernatürlichen Wesen und Ereignissen einen besonderen Zauber entfalten. Die aussagekräftigen Bleistift-Illustrationen bringen gezielt die Landschaft und Kleidung der Tiroler Bauern zum Ausdruck.
Ein überaus empfehlenswertes Sagenbuch, das den jungen Leserinnen und Lesern einfach und verständlich die Welt der Tiroler Sagen näherbringt und ein unterhaltsames Lesevergnügen verspricht.
Friedl Hofbauer, Sagen aus Tirol. Ill. v. Dominic Groebner, ab 9 Jahren
Wien: G & G Verlag 2021, 88 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3-7074-2380-8
Weiterführende Links:
G & G Verlag: Friedl Hofbauer, Sagen aus Tirol
Wikipedia: Friedl Hofbauer
Andreas Markt-Huter, 27-04-2021