Helmuth Schönauer, Anmache Abmache
„Aushang in der Anlage einer Wohngenossenschaft: Achtung Bewohnende der Anlage. Bei Hitze besteht Gefahr zu verdursten. Trinken sie genug und kümmern sie sich um ihre Nachbarn, dass sie auch genug trinken. Jeder und jede soll jemanden aus der Nachbarschaft melden, der auf ihn aufpasst. Wer keine Nachbarin hat, dem wird eine zugeteilt!“ (S. 44)
Wer das Leben im öffentlichen Alltag für langweilig im Vergleich mit den reißerischen Meldungen der täglichen Nachrichten erachtet, sollte seinen Blick neu justieren, um das bemerkenswerte auch an scheinbar gewöhnlichen Dingen zu erahnen. „Anmache Abmache“ bietet eine Vorlage dafür, wie der Witz ganz speziell im Alltag entdeckt werden kann.
Dabei lässt Helmuth Schönauer praktisch keinen Bereich des täglichen Alltags aus, den er von einem neuen schrägen Blickwinkel neu aufrollt. So erleben wir zum Beispiel das literarische Kurzdrama eines Zusammentreffens zwischen einem rabiaten Radfahrer mit einem Fußgänger.
Aber auch tägliche Meldungen aus dem Sportbereich bieten bei der entsprechenden Betrachtung einen fröhlichen Kern, genauso wie das Fahren in überfüllten Öffentlichen Verkehrsmitteln mit dem dazu passenden Geruchshintergrund.
Letzen Endes graust es den Bus vor den Passagieren dermaßen, dass er aus dem Verkehr genommen und gereinigt werden muss. (S. 16)
Der öffentliche Verkehr erweist sich als besonders dankbar, wo Personen schnaufend Bussen hinterherlaufen oder sich im engen Wartehäuschen für aufgeweckte Zeiten zu nahe kommen. Und selbst der Tiroler Railjet scheint sich für seine Lackierung zu schämen, wenn er in aufgebrachten Kriegszeiten in einem ähnlichen Design wie die russischen Vorortzügen seine Arbeit verrichten muss.
Sogar kontrovers geführte Diskussionen über das Verhältnis des Tirolers zum Wolf erhalten einen eigenen Drall, wenn von Spaziergängern die Rede ist, die künftig planen, die Dauer ihrer Morgenrunde nach der Anzahl der Sichtung von Wölfen auszurichten. Dabei trifft sich alles, was sich im öffentlichen Mileu bewegt und mehr oder weniger freiwillig ins Gespräch kommt.
Helmuth Schönauer fantasiert auf 96 Seiten seine ganz spezielle Sicht auf die Öffentlichkeit und den Alltag in Tirol und der Welt, die von schrägem Witz geradezu überquillt und dabei die dahinterliegenden Einsichten erahnen lässt. Dabei ziehen einen die kurzen Texte unaufhaltsam in ihren Bann, bis man zum eigenen Erstaunen die letzte Seite des Buchs erreicht. Ein kurzes aber feines Lesevergnügen mit viel Tirolbezug und anderen Verrücktheiten, die täglich auf uns einprasseln. Die fröhlich bissigen Illustrationen und Bildunterschriften sorgen für den entspannenden Ausgleich.
Helmuth Schönauer, Anmache Abmache. Geheimnisse aus dem Öffi-Milieu mit erhellenden Höhlenzeichnungen
St. Johann in Tirol: Verlag Hannes Hofinger 2023, 96 Seiten, 9,90 €, ISBN 978-3-9505074-7-8
Weiterführende Links:
Verlag Hannes Hofinger: Helmuth Schönauer, Anmache Abmache
Wikipedia: Helmuth Schönauer
Helmuth Schönauer: Ein Autor, Bibliothekar und Rezensent geht in Pension
Andreas Markt-Huter, 19-10-2023