„Meine Mutter ist gestorben, und alle sagen, dass ich nicht gut damit umgehe. Ich finde, müsste sich Sorgen machen, wenn es anders wäre. Also wenn ich feiern gehen oder Freunde einladen oder mich einfach ganz normal benehmen würde, denn niemand sollte sich normal benehmen, wenn einfach nichts normal ist.“ (S. 7)
Der siebzehnjährige Ahser Hunter hat bei einem schrecklichen Autounfall seine Mutter verloren. Die Schuld trägt ein betrunkener LKW-Fahrer, der aufgrund eines verabsäumten Alkoholtest nicht einmal angeklagt worden ist. Asher selbst leidet unter Selbstvorwürfen, weil sein Mutter nur in die Stadt gefahren ist, um ihm neue Fußballschuhe zu kaufen.
Ashers Mutter ist vor mehr als einem Jahr bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen. Seit dieser Zeit hat sich für ihn sowohl Zuhause mit seinem Vater und seiner kleinen Schwester Chloe als auch in der Schule alles geändert. Niemand weiß so recht, wie sie mit seiner Trauer und seinen Selbstvorwürfen umgehen sollen.
Asher leidet unter Amnesie und kann sich nicht mehr an den Tod seine Mutter erinnern, nachdem er zwei Wochen lang im Krankenhaus im Koma gelegen ist. Von seinem Vater weiß er, dass er aus Schreck über die Nachricht ausgerastet und mit dem Kopf auf dem Glastisch aufgeschlagen sei. Dabei hätte er beinahe ein Auge verloren.
Im Bergen County Hospital Center im Zimmer 2012 besucht Asher verschiedene Therapiestunden, wo er auf Menschen trifft, die ebenfalls versuchen mit einem tragischen Verlust fertig zu werden. An den Mittwoch-Gruppenstunden lernt er den alten Henry kennen, der den Tod seiner geliebten Frau Evelyn betrauert, die er als den einzigen Sinn seines Lebens verstanden hat.
In der Donnerstag-Gruppentherapiestunde für Jugendliche trifft Asher auf die sechzehnjährige Sloane, die um ihren Vater trauert, der an einer Krebserkrankung verstorben ist. Der siebzehnjährige Will leidet unter dem Tod seines achtjährigen Bruders, der an einem Neuroblastom gestorben ist. Durch das gemeinsame Leid und die heftigen emotionalen Auseinandersetzungen kommen sich die drei langsam näher und auch mit dem alten Henry entsteht ein tiefe Freundschaft.
Niemand ahnt, dass Asher heimlich dem LKW-Fahrer, den er für sich wie den Whiskey Jack Daniels nennt, nachspürt und unter dem Fake-Account Sam Hunt Kontakt mit dessen Tochter Grace aufgenommen hat. Er träumt davon, sie zu besuchen und ihren Vater zu töten. Unter dem Vorwand mit dem alten Henry Graceland besuchen zu wollen, fährt Asher gemeinsam mit Sloane und Will mit dem Auto nach Memphis, um seinen Plan umzusetzen. Doch während der Fahrt kommen sich Asher und Sloane näher und er verliebt sich in sie. Er muss sich entscheiden, wie sein Zukunft weitergehen soll.
K. J. Reilly gelingt es mit viel Einfühlungsvermögen das emotionale und psychische Trauma, das ein tragischer Verlust auslösen kann, zum zentralen Thema eines überaus spannenden und unterhaltsamen Jugendromans zu machen. Neben zahlreichen außergewöhnlichen und liebenswerten Charakteren überzeugt das Jugendbuch durch seine scharfen Dialoge, seinen bissigen Humor und eine berührende Liebensgeschichte.
Ein überaus lesenswerter Jugendroman der die Leserinnen und Leser von Beginn an fesselt und zahlreiche existenzielle Fragen zur Diskussion stellt.
K. J. Reilly, Das Verhalten ziemlich normaler Menschen. Übers. v. Ute Mihr [Orig. Titel: Four for the Road], ab 14 Jahren
München: dtv 2024, 352 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-3-423-44478-1
Weiterführende Links:
dtv: K. J. Reilly, Das Verhalten ziemlich normaler Menschen
Homepage: K. J. Reilly (engl.)
Verlagsservice Ute Mihr
Andreas Markt-Huter, 05-03-2025