walter benn michaels, der trubel um diversität.jpg„Falsch an der Identitätspolitik ist, mit anderen Worten, dass sie nur solche Ungerechtigkeiten zur Kenntnis nimmt, die durch Diskriminierung (Rassismus, Sexismus, Homophobie) hervorgebracht werden. Die Ungleichheiten, die jedem von uns in jedem Augenblick dadurch entsteht, dass Arbeiter weniger bezahlt bekommen als den Wert dessen, was sie produzieren, werden außer Acht gelassen oder, schlimmer, als normal erachtet.“ (S. 14)

Walter Benn Michaels stellt in seinem kritischen Sachbuch die Zunahme der gesellschaftlichen Diskussion um Diversität in den Mittelpunkt, die sich gegen Rassismus, Sexismus und Transphobie richtet. Diese, von den USA ausgehende Bewegung, stößt vor allem auch in Ländern auf zunehmendes Interesse, in denen von der zunehmenden Kluft zwischen Armen und Reichen abgelenkt werden soll.

frank wilczek, fundamentals„Dieses Buch handelt von den fundamentalen Erkenntnissen, die wir beim Studium der Natur gewinnen können. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die unbedingt wissen wollen, was die moderne Physik darüber sagt. Es sind Juristen, Ärzte, Künstler, Studenten, Lehrer, Eltern oder einfach wissbegierige Leute. Sie sind intelligent, haben aber kaum einschlägige Kenntnisse. Ich habe im Folgenden versucht, die zentralen Botschaften der modernen Physik so einfach wie möglich darzustellen, ohne es an Genauigkeit fehlen zu lassen.“ (S. 9)

Frank Wilczek formuliert in zehn Leitsätzen die zentralen Erkenntnisse der Wissenschaft über die Grundlagen des Universums. Jeder Gegenstand der Untersuchung wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und mit einem spannenden Ausblick auf der Grundlage von faktenbasierenden Vermutungen abgeschlossen, die zeigen sollen, dass unser Verständnis der Natur anwächst und sich stetig verändert.

helen pluckrose, zynische theorien„Zynische Theorien erklärt, wie die Theorie zur treibenden Kraft im kulturellen Krieg der späten Zehnerjahre unseres Jahrtausends avancierte – und schlägt zugleich eine liberale philosophische Alternative vor, um dieser Denkströmung in Wissenschaft, Aktivismus und Alltag zu begegnen. Das Buch zeichnet nach, wie sich die einzelnen Zweige einer zynischen postmodernen Theorie in den letzten fünfzig Jahren herausbildeten, und zeigt […] den Einfluss der Theorie auf unsere heutige Gesellschaft auf.“ (S. 14)

Seit den 2010-er Jahren ist es der „Woke-Bewegung“ und der „Identitätspolitik“ bemerkbar gelungen, aus der ursprünglich universitären Umgebung in die breite Gesellschaft auszugreifen und sozialpolitischen Einfluss auszuüben.

michael borgolte, die welten des mittelalters„In der folgenden untersuchenden Darstellung rückt also die Menschenwelt der drei Kontinente in den Vordergrund; sie bildete schon in der mediterranen Antike eine gedachte Einheit und kann als <trikontinentale Ökumene> oder <Eufrasien> bezeichnet werden.“ (S. 31)

Michael Borgolte skizziert in seinem umfangreichen Sachbuch eine Globalgeschichte des Mittelalters, also eine Geschichte der gesamten Menschheit im Zeitraum zwischen 500 bis 1500 n.Chr. Während gewöhnlich mit der Geschichte des Mittelalters die in der Tradition der römischen Kirche stehende Geschichte des westlichen oder mittleren Europas gemeint ist, verlässt das Buch diese räumliche Abgrenzung und richtet den Blick auf die Geschichte des gesamten Globus während dieses Zeitraums.

chris wickham, das mittelalter„Dieses Buch handelt vom Wandel. Die Epoche, die wir als »Mittelalter« bezeichnen, dauerte tausend Jahre, von 500 bis 1500; und Europa, das Thema dieses Buches, sah nach dieser Periode völlig anders aus als zu deren Beginn. […] Ich möchte mit diesem Buch zeigen, wie sich dieser Wandel und viele andere Wandlungsprozesse vollzogen und inwiefern sie von Bedeutung sind.“ (S. 7)

Ausgehend von der Teilung der europäischen Welt in einen vom römischen Imperium beherrschten und bestimmten Teil und einen außerhalb des römischen Einflusses gelegenen Teil wird die Entwicklung Europas zu einem komplexen Staatensystem gegen Ende des Mittelalters aufgezeigt, das bis heute die europäische Welt bestimmt.

felix kucher, vegetarianerEin Messias erscheint meist zweimal: Einmal als Guru mit Haut und Haar in der Zeitgeschichte und ein zweites Mal als literarische Figur eines Religionsstifter-Romans.

Felix Kucher kümmert sich mit seinem Roman „Vegetarianer“ um den Meister und Religionsstifter Karl Wilhelm Diefenbach, der in den 1880er Jahren als kultischer Maler halb München mit seiner Mission auf den Kopf gestellt hat.

Der Ausdruck „Vegetarianer“ ist zu dessen Lebzeiten noch halbwegs unbelastet zu verwenden, die beiden ihm zur Seite gestellten Lebensformen „Nudismus“ und „freie Liebe“ fordern freilich schon damals die Gerichte heraus. Der Maler muss betrübt feststellen, dass er die eine Hälfte seines Lebens am Gericht und die andere auf Wohnungssuche verbringt.

georgi gospodinov, zeitzufluchtWenn es sich von dieser Welt schon nicht horizontal-geographisch fliehen lässt, vielleicht sollte man es vertikal-chronologisch versuchen. Warum nicht in die Zeit selbst fliehen, statt aus ihr heraus?

Georgi Gospodinov erzählt in seinem über den Kontinent gespannten Roman „Zeitzuflucht“ von der Magie der Vergangenheit als der eigentlichen Zukunft. Es ist wahrscheinlich alles nur eine Frage der Richtung, „wer sich in der Vergangenheit umdreht, sieht die Zukunft“.

gerd busse, typisch belgischWenn die EU sich Brüssel als Hauptstadt unter den Nagel gerissen und ihre Nationen als austauschbares Ganzes eingebracht hat, ist dann noch etwas übrig für „typisch belgisch“?

Und wenn die Globalisierung alles verschiebbar oder universal-kompatibel gemacht hat, muss dann nicht jedes Land erst recht aufstehen, um sich mit ein paar typischen Dingen eine Restidentität zu verschaffen, ohne gleich in den Nationalismus überzuschwappen?

alois hotschnig, der silberfuchs meiner mutterGermanisten kümmern sich um die Autoren, Rezensenten um die Leser. Bei einem Meisterwerk treffen beide friedlich aufeinander und besingen das Kunststück von vorne und hinten.

Alois Hotschnig ist ein versöhnender Dichter, der die oft seltsam schrägen Ansprüche der Germanisten mit den geraden Bedürfnissen der Leserschaft zusammenbringt. Seine solitären Bücher zeigen, dass sich ausgehungerte Lesende zum Buch meist noch etwas hinzu wünschen, ehe sie mit der Lektüre beginnen.

christine hochgerner, damals ist nicht mehrNiederschmetternd sind immer jene Romane, die beinhart den Verlauf von „Schicksal“ erzählen. Für die Leser besteht die Belohnung schließlich in der Ermunterung, dass der Sinn des Lebens im Aushalten besteht. Für dieses kleine Motivationslicht opfern literarische Heldinnen schließlich ihr Leben.

Christine Hochgerner zeigt in ihrem Roman „Damals ist nicht mehr“, wie die neunzigjährige Hertha mitten in der Pandemie noch einmal aktiv wird. Sie muss es nämlich irgendwie hinkriegen, dass man ihr Haus entkernt und sie im Pensionistenheim erhobenen Hauptes einziehen kann.