Geschichte | Politik

Dan Jones, Kreuzfahrer

Andreas Markt-Huter - 05.11.2025

Dan Jones, Kreuzfahrer„Dies ist ein Buch über die Kreuzzüge: die Kriege, die christliche, päpstlich sanktionierte Heere gegen die vermeintlichen Feinde Christi und der Kirche von Rom im Mittelalter führten. Der Titel Kreuzfahrer beschreibt sowohl das Thema als auch meinen Ansatz. Im Mittelalter gab es lange Zeit kein Wort, um «die Kreuzzüge» so zu beschreiben, wie wir sie heute verstehen: eine Reihe von acht oder neun großen Expeditionen von Westeuropa ins Heilige Land, ergänzt durch eine Reihe weiterer, indirekt damit verbundener Kriege, die von den sonnenverwöhnten Städten an der nordafrikanischen Küste bis zu den kältestarren Wäldern des Baltikums geführt wurden.“ (S. 19 f)

Dan Jones erzählt in seiner Monographie „Kreuzfahrer“ die Geschichte der Kreuzzugsbewegung von seinen Voraussetzungen und Anfängen seit den 1060-er Jahren über den endgültigen Zusammenbruch des Königreichs Jerusalem im Jahr 1291 hinaus bis zum Abschluss der Reconquista in Spanien im Jahr 1492. Konzipiert ist das Buch als chronologische Aufeinanderfolge von Episoden von Personen, die an den Kreuzzügen auf verschiedenen Seiten, ober Männer oder Frauen, Christen oder Muslimen, beteiligt waren. Die daraus resultierenden unterschiedlichen Blickwinkel, machen den ganz besonderen Reiz der Darstellung aus.

Georg Hasibeder, Die Dose

h.schoenauer - 03.11.2025

Georg Hasibeder, Die DoseWahrscheinlich ist die perfekte Hülle gleichsam ihr Inhalt. Diese Vermutung taucht zumindest bei der Analyse des Web auf, wo kaum noch zwischen Content und Containment unterschieden wird. Georg Hasibeder geht mit seinem listigen Essay aus der Serie „Kultur der Dinge“ der Frage nach, was eigentlich eine Dose ist. Ist sie vielleicht der heimliche Sinn eines Produktes, wenn wir es in der Hand halten und inszeniert zum Mund führen, wie etwa den berühmten Energiedrink mit dem Stier drauf?

Die Idee für diesen Essay speist sich aus der Neugier für die Dinge des Alltags. Anhand eines Gegenstands wird die große Kulturgeschichte über Jahrhunderte erzählt. Mit jedem neuen Schritt kommt es zu einer Seitengeschichte, die wiederum eine eigene Kulturgeschichte aufmacht.

Alex Carey, Demokratie ohne Risiko

Andreas Markt-Huter - 29.10.2025

Alex Carey, Demokratie ohne Risiko„Seit sechzig Jahren werden in den USA Propagandatechniken entwickelt und eingesetzt, mit denen erreicht wird, dass der einfache Mann zwar der Zwangsherrschaft des politischen Despotismus zu entkommen vermag, aber dennoch in kontrollierbarer Weise im Dienste anderer Interessen als seiner eigenen steht.“ (S. 48)

„Demokratie ohne Risiko“ bietet eine Sammlung an zahlreichen unveröffentlichten Aufsätzen und Forschungsbeiträgen, die der australische Sozialpsychologe Alex Carey zur Rolle der Unternehmenspropaganda im 20. Jahrhundert verfasst hat. Im Zentrum der Untersuchung steht, mit welchen Mitteln Unternehmen, PR-Agenturen und politischer Eliten versuchen, die öffentliche Meinung in Demokratien für die Durchsetzung eigener politischer Interessen zu manipulieren.

Robert Prosser, Das geplünderte Nest

h.schoenauer - 24.10.2025

Robert Prosser, Das geplünderte NestWie kann man über etwas nachdenken, wenn einem der öffentliche Rummel keinen Platz dafür lässt? Wie kann die Kunst im Untergrund an der Oberfläche des Tagesgeschehens andocken, wenn keine Flächen dafür vorgesehen sind?

Robert Prosser erzählt im Roman „Das geplünderte Nest“ vom Untergrund des kollektiven Bewusstseins, das im Museum des Vergessens eingelagert ist. Für das Auffinden der Untergrundgeschichte wählt er einen journalistischen Plot: Ein Ich-Erzähler aus einem Tiroler Alpendorf erforscht, während zu Hause Saison-Rummel ist, die „Graff-Kultur“ im Beirut der Ruinen und Provisorien. Als er für die ruhige Zwischensaison nach Hause kommt, erwartet ihn eine unheimliche Stille. Nach dem Lärm im Kriegsgebiet wirkt das Dorf umso schweige-schriller, als es eben noch die Hölle des touristischen Entertainments inszeniert hat.

Werner Schandor, Die Sterne sehen heut‘ sehr anders aus

h.schoenauer - 17.10.2025

Werner Schandor, Die Sterne sehen heut‘ sehr anders ausEin mitreißendes Buch erkennt man nach gängiger Bibliothekskunde daran, dass die Leser während der Lektüre aufspringen und Bewegungen der Verzückung, Entspannung oder Ekstase ausführen. Werner Schandor berichtet mit seinem „Sternchen-Buch“ vom mitreißenden Abenteuer Sprache, das die Menschen immer dann in den Bann zieht, wenn sich niemand mehr auskennt, weil sich ein Trend verselbständigt hat.

Der Untertitel „Genderfolklore und Medienklischees“ deutet bereits die Methode an, mit der man dem großen Verwirrspiel beim gender-gerechten Sprechen entgegentreten könnte: Mit Kabarett-Dramaturgie nämlich.

Günter Eichberger, Fragmente einer anarchistischen Poetik

h.schoenauer - 26.09.2025

Günter Eichberger, Fragmente einer anarchistischen PoetikWahrscheinlich ist jede Auseinandersetzung mit Literatur, insbesondere beim Rezensieren, ein Anstreifen an die Anarchie. Zumindest sind oft die an der Literatur beteiligten Protagonisten ausgewiesene Anarchen. Während aber die Anarchie, vulgär formuliert, so gut wie jegliche Herrschaft über einen selbst und das Werk ablehnt, ist der Anarch, romantischer formuliert, ein durch und durch unabhängiges Wesen.

Günter Eichberger ordnet seine Lektüren, Begegnungen und Forschungen mit „Anarchen Zeitgenossen“ wie Wolfgang Bauer oder Helmut Eisendle zu einer anarchistischen Poetik, freilich mit dem relativierenden Zusatz, dass es sich dabei um Fragmente handelt.

Raimund Schulz, Welten im Aufbruch

Andreas Markt-Huter - 22.09.2025

Raimund Schulz, Welten im Aufbruch„Archäologische, philologische und historische Forschungen der letzten fünfzig Jahre zeichnen ein Bild der Antike, das sich nicht mehr mit dem liebgewonnenen Inselwissen westlicher Provenienz deckt […], sondern vertraute Ereignisse in viel größere Dimensionen einer eurasischen Geschichte einordnen muss. Das ist das Ziel dieses Buches. Es will die Antike als eine bedeutende historische Epoche beschreiben, die den gesamten eurasischen Kontinent als einen großen Interaktionsraum umfasste, und es will die Impulse herausarbeiten, die seine Geschichten antrieben, verbanden und bedeutsam machten.“ (S. 13)

Raimund Schulz betrachtet die Antike über die gewohnten Schwerpunktregionen Rom und Griechenland hinaus und erweitert den Untersuchungsgegenstand auf die globalen Beziehungen von der „Ostsee bis ins Chinesische Meer, von der nördlichen Taiga bis in die arabischen Wüsten“ (S. 13). Damit verbindet er die archäologischen, philologischen und historischen Forschungen der letzten fünfzig Jahre zu einem spannenden Gesamtbild, der die engen Verflechtungen und Interaktionen zwischen den weit entlegenen Reichen und Regionen der Antike bestechend herausarbeitet.

Robin Lane Fox, Die klassische Welt

andreas.markt-huter - 04.09.2025

robin lane fox, die klassische welt„Über die Geschichte von etwa neun Jahrhunderten zu berichten ist eine anspruchsvolle Aufgabe, zumal angesichts des verstreuten und verschiedenartigen Quellenmaterials. Doch der Anspruch hatte seinen Reiz. Fachkenntnisse setze ich nicht voraus, hoffe aber, dass meine Darstellung die Aufmerksamkeit der Leser wecken und fesseln kann.“ (S. 13)

Den Mittelpunkt des umfangreichen Geschichtswerks bildet die klassische griechisch-römische Welt, vom ersten großen Klassiker der europäischen Literatur, der Epik Homers, bis in die Zeit Kaiser Hadrians, mit dem die Zeit der klassischen Literatur ihr Ende nahm und der sich von der bereits als Klassik empfundenen Vergangenheit der Griechen und Römer inspirieren ließ.

Franzobel, Oberösterrrrreich

h.schoenauer - 01.09.2025

Franzobel, OberösterrrrreichDas föderalistische System Österreichs bringt es mit sich, dass in der Literatur die Bundesländer schon seit Jahren in einem heimlichen Wettbewerb stehen, wer den groteskesten „Bundesländerroman“ zustande bringt. Dabei ist der Bundesländerroman zu einem eigenen Genre geworden, in dem sich ähnlich wie im Landkrimi eine Weltdramaturgie mit regionalen Absonderlichkeiten schmückt.

Was für die Steiermark Reinhard P. Grubers „Hödelmoser“, für Tirol „Der Schluiferer“, für Kärnten Werner Koflers „Guggile“ ist für Oberösterreich das gleichnamige Heimatbuch von Franzobel, freilich scharf mit fünffachem R geschrieben.

Caleb Everett, 1000 Sprachen - 1000 Welten

Andreas Markt-Huter - 22.08.2025

Caleb Everett, 1000 Sprachen - 1000 Welten„Während also die in diesem Buch besprochenen Erkenntnisse direkt oder indirekt mit Sprachen zu tun haben, sind die meisten von ihnen deshalb bemerkenswert, weil sie sich auf andere Aspekte des menschlichen Denkens und Verhaltens beziehen. In diesem Sinn ist dies nicht ein Buch über Linguistik an sich. Es ist vielmehr ein Buch darüber […] wie Menschen denken, wenn sie sprechen, und in manchen Fällen, wie sie denken, wenn sie nicht sprechen.“ (S. 18)

Sprachen spiegeln in der Regel ihre Umgebung wider, weshalb Menschen in Grönland z.B. verschiedene Arten von Schnee mit unterschiedlichen Bezeichnungen benennen, während der Urbevölkerung in Australien Schnee vielleicht völlig unbekannt ist. In diesem Buch werden Erkenntnisse aus der Forschung über sprachliche und kulturelle Vielfalt vorgestellt und gezeigt, wie sich diese auf die Kommunikation und das Denken der Menschen auswirkt.