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Straßen nach Lebenden zu benennen und aktive Politiker in Büchern zu besingen, das sollten Tabus in einer funktionierenden Demokratie sein.

Nun sprengt gerade der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder alle Vorstellungen einer politischen Person, so dass man eine Ausnahme machen kann, wird sich der Herausgeber Peter Plaikner gedacht haben, und hat sich auf dieses diffuse Wagnis eingelassen. Profis hätten wahrscheinlich nein gesagt.

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Manchmal kann ein einzelnes Gebäude, ein skurriler Mythos oder ein verrücktes Kunstwerk das Wesen eines Landes mit einem einzigen Wink vollkommen darstellen. Im Panorama von der Dritten Bergisel-Schlacht ist alles davon vorhanden.

Susanne Gurschler widmet sich mit journalistischer Eleganz diesem magischen Stück Leinwand, aufgespannt zwischen Provinzposse und Weltkulturerbe. Dabei gliedert sie die Story in sauber abgegrenzte Kapitel, die oft mit augenzwinkernden Überschriften versehen sind. "Die perfekte Illusion", "die Resonanz und die Pleite" (36), "Das Land schießt scharf, klare Fronten und die Winkelzüge der Politik" (143).

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Oft sind es unscheinbar geplante Nebenwerke eines Autors, die die Literaturgeschichte verändern.

Franz Tumler, jener Südtiroler Autor, der sein Geburtsland bereits mit einem Jahr verlassen hat, hat mit seinem dünnen Doppelwerk "Volterra". Wie entsteht Prosa längst Literaturgeschichte geschrieben. Es vergeht kaum ein Seminar, in dem nicht der Text, der für eine Vorlesung 1961 geschrieben wurde, herangezogen würde.

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Nichts ist so aufregend wie das Märchen von der letzten Chance. Diese ultimative Drohung mit radikaler Veränderung verzeiht den Helden keinen Fehler, andererseits spekulieren diese mit dem Möglichkeitssinn: Was passiert eigentlich, wenn ich die letzte Chance nicht schaffe?

Irene Prugger stellt in achtzehn Erzählungen sogenannte Beziehungsdramen vor, worin die Darsteller mehr oder weniger ans Ende gekommen sind, aber dann doch noch versuchen, die Kurve zu kratzen.

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Ist es manchmal schon schwer, ein guter Mensch zu sein, so ist es nahezu unmöglich, ein besserer Mensch zu werden.

Niemand weiß das besser als der Wiener Polizeimajor Schäfer, den eine harte Psycho-Krise durch den Alltag jagt. Die Gegenmittel strotzen nur so von gutem Willen: selbst-dosierte Tabletten einwerfen, bis nach Mitternacht am Balkon sitzen, in der alten Donau schwimmen, mit der Freundin telefonieren, und immer wieder zur Therapie beim Psychiater hin schleichen.

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"Heutzutage muss alles echt wirken, auch wenn es ein Fake ist." (330) - Sabine Gruber erzählt genau auf jenem oszillierenden Kamm, an dem sich scheinbar Fiktion und Fakten scheiden, dabei sind beide Welten gleich wahrscheinlich und aufregend.

Allein schon der "oder-Titel" in Gestalt eines Broch-Romans deutet darauf hin, dass man alles auch anders lesen kann.

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In der Krimi-Flut muss sich der Leser zunehmend öfter entscheiden, unter welche Rettungsdecke er kriecht, um nicht an der Krimitis zu ersticken.

Lena Abanzinis Krimi Tod in Innsbruck bietet allen jenen Schutz, die einen guten Titel, ein griffiges Klischee und eine groteske Überhöhung des Krimitums schätzen.

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Biblisch wie die "Früchte des Zorns" von John Steinbeck sind auch die "Früchte der Heimsuchung" von Bosko Tomasevic.

In einem Ton voller Leidenschaft, an manchen Tagen wild wie eine Prophezeiung, an anderen leidenschaftlich klar wie ein Psalm ausformuliert, durchquert ein lyrisches Ich sein eigenes Schicksal, das von Sehnsucht, Gottesfurcht und Enttäuschung gekennzeichnet ist.

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So ein Satz bringt Wahrheitsfanatiker auf die Palme. Manchmal lüge ich, manchmal nicht. Eine verschmitzte Erkenntnis, die ganze Wissenschaftszweige ad absurdum führt.

Nadja Spiegel stellt in ihren zwanzig Erzählungen jeweils Heldinnen vor, die sich in zwiespältigen Situationen lapidar zu wehren wissen. Die Situationen gleichen oft einem Münzwurf, bei dem Kopf oder Zahl, Lüge oder Wahrheit, Sein oder Nichtsein gleich wahrscheinlich auftreten.

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Der Legende nach soll ein Erzengel dem Adam die Zukunft der Welt erklärt haben, während Eva geschlafen hat. Dieser seltsame Zustand, dass man die wichtigsten Botschaften verschlafen muss, um sie in der Realität zu erleben, ist vielleicht auch auf ein ganzes Land anwendbar.

In Francesca Melandris Roman suchen zwei Frauen und ein Land ihren Vater oder ihr Vaterland. Das Bemerkenswerte für deutschsprachige Nord-Leser liegt darin, dass in italienischer Sprache aus italienischer Sicht die Geschichte Südtirols erzählt wird, wie sie letztlich auf die kleinen Leute durchgeschlagen hat.