Alois Schöpf, Tirol für Fortgeschrittene
Ein Essay ist eine literarische Kunstgattung und als solche für Postings ungeeignet. Einem Essay begegnet man als Leser nicht mit der Bemerkung „gefällt mir“, sondern man überlegt seine eigene Einstellung zum Thema anhand der aufgeführten Sachlage. Das macht den Essay letztlich zu einem offenen Werk, das in gewisser Weise immer Recht hat.
Alois Schöpf gerät für seine Bemerkungen auf den Titel „Tirol für Fortgeschrittene“, weil er die Verfasser von „Tirol für Anfänger“, Paul Flora und Hans Weigel, persönlich gekannt hat. Er macht Fortgeschrittene daraus, weil sich alles weiterentwickelt hat und viele auch aus dem Land fortgeschritten sind. Das unterscheidet die Fortgegangenen vom Autor, der nach ein paar Jahren in Wien wieder zurück musste ins Herz der Alpen und seither leidet oder flucht, sofern ihm nicht durch die Blasmusik gewisse Auszeiten gegönnt sind.
Im postmodernen Literaturbetrieb steckt ähnlich einer russischen Puppe immer eine Inszenierung in der anderen. Mal ist es ein Buch, dann ein Festival, dann eine biographische Begebenheit, dann ein Traum, dann eine Love-Story aus der Erinnerung. Alle sind nach einem positiven Strickmuster geformt, damit sie auf den Klappentext passen.
Jeder Ort besteht neben seiner Verankerung im GPS aus guten Geschichten, die ihn bei jedem Wiedererzählen noch einmaliger machen.
Als die scheinbar ewigste Stadt der Welt besteht Rom einerseits aus lauter Kleinodien triefend vor Geschichte, andererseits aus brutalster Schwarzweiß-Szenerie wie in einer vom Staat aufgegebenen mexikanischen Stadt.
Manche Bücher bleiben als Manifeste in Erinnerung, da ist der Inhalt des Buches schon lange vergessen. Bertha von Suttners „Die Waffen nieder“ (1889) ist so ein Buch, das wahrscheinlich seit hundert Jahren nicht mehr gelesen aber umso häufiger zitiert worden ist.
Mittlerweile wird manchem Krimi-Schreiber selbst bewusst, dass das Fließbandschreiben nicht das Gelbe vom Ei sein kann, weshalb immer öfter in einem Nachwort erklärt wird, welch hohe Gedankengänge eigentlich im Krimi stecken.
Seit im Tourismus das Gelände im Winter als Loipen genützt und im Sommer als Jakobsweg betrampelt wird, ist auch das Wallfahrtswesen in Tirol wieder in Schwung gekommen.
Alles Helle auf der Vorderseite hat meist etwas Dunkles auf der Hinterseite. Wer mit dem Finger durch die Speisekarte der Wildwochen fährt, muss wissen, dass zumindest in Österreich allerhand Blut und Dreck auf der Rückseite der Speisekarte steht.
In einem geordneten System wie der Medizin, der Pädagogik oder der Literatur geht man davon aus, dass etwas beabsichtigt wird, und „daneben“ können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Nun wissen aber gewiefte Mediziner, Lehrer und Autoren, dass es besser ist, Haupt- und Nebenwirkung zu vertauschen, um das Ziel zu erreichen.
Seit Kindheitstagen träumen wir alle von einer Geheimsprache, mit der wir wichtige Dinge so verschlüsselt aussprechen können, dass uns die Freunde zuzwinkern und die „Kiwara“ blöd schauen. Die sogenannte Gaunersprache ist so eine Geheimsprache, im konkreten Fall ist sie noch zusätzlich verschlüsselt durch die Zeit, die an keiner Gaunersprache spurlos vorbeigeht.