Erzählung

Lina Hofstädter, Er und Sie

h.schoenauer - 06.04.2014

Manchmal besteht der Sinn der Liebe darin, dass die beiden Schmachtenden ums Verrecken nicht zusammenkommen dürfen.

Lina Hofstätter verwendet die Technik einer Doppelerzählung um das unmögliche Zusammendriften von Mann und Frau aufzudröseln. Er und Sie kriegen einerseits das autarke Feld eines kleinen Kurzromans zugeteilt, andererseits sind die beiden Teile untrennbar mit erzählerischen Widerhaken ineinander verschränkt und ließen sich nur unter großen Verwundungen trennen.

Werner J. Egli / Martin Kolozs, Im Springen eines Steines

h.schoenauer - 03.04.2014

In der Literatur wird manchmal die Logik der Ereignisse ausgehebelt wie die Schwerkraft, wenn man einen Stein fetzig über die Wasseroberfläche springen lässt.

Die Autoren Werner Egli und Martin Kolozs, beide sind perfekte Abnager von Erzählknochen, haben sich eine Woche lang zu einem Schreibexperiment zusammengefunden. Gelingt es, eine dynamische Schreibwoche in eine dynamische Erzählung zu transformieren?

Franz Kabelka, Die Muschel

h.schoenauer - 12.03.2014

Reisen und Zeitreisen sind quasi die Komplementärmenge zum Alltag und somit ein lohnender Stoff, das Leben von der unsichtbaren Seite des Mondes her zu beleuchten.

Franz Kabelka greift in seinen Reiseerzählungen den Protagonisten unter die Arme der Sehnsucht, indem er nicht nur den Ablauf als Tourismus-Chronist im Auge behält sondern vor allem die Träume, die angelesenen Paradiese und die verschlungene Reiseliteratur mit ins Erzählboot nimmt.

Christoph W. Bauer, In einer Bar unter dem Meer

h.schoenauer - 26.02.2014

Was für eine verheißungsvolle Erzählkonstellation! In einer Bar unter dem Wasser sind die Figuren offensichtlich ausgesetzt dem relaxenden Gefühl bei Getränken und dem Druck schwerer Geschichten, die auf ihnen lasten wie auf einem U-Boot.

Christoph W. Bauer führt in 19 Erzählungen tatsächlich unscheinbare Gegebenheiten unter dem Druck lang angestauter Verhältnisse einem explosiven Ausbruch zu. Es sind fast immer flach atmende Leute, denen einmal im Leben etwas aus dem Ruder läuft und sie somit aus ihrer Gewöhnlichkeit wirft.

Elias Schneitter, Zirl.Innweg 8

andreas.markt-huter - 19.02.2014

Alles Neue beginnt mit einer Krankheit, weil Neues nur entstehen kann, wenn das Alte abgeworfen wird, und das Loswerden des Alten bezeichnet Egon Friedell als Krankheit.

In Elias Schneitters Erzählung „Zirl. Innweg 8“ kämpft ein erzählendes Ich ein Leben lang damit, die Kindheit im Lebensprogramm unterzubringen und als gelungen zu beschreiben.

Alban Nikolai Herbst, Schöne Literatur muss grausam sein

h.schoenauer - 07.02.2014

Manchmal ist das Vorleben eines Schriftstellers entscheidend für dessen Schreib-Wucht in Theorie und Praxis.

Alban Nikolai Herbst hat fünf Jahre lang an der Frankfurter Börse als heftiger Broker gearbeitet und sich damit wohl einen Zugang zur fiktionalen Welt des Geldes und seiner Phantasie-Derivate verschafft. Aus dieser schier unfassbaren Welt dürfte auch das Konzept für „Thetis“, der sogenannten Anderswelt, stammen.

Hellmuth Karasek, Auf Reisen

h.schoenauer - 05.02.2014

Vermutlich ist erlesen die schönste Form von erarbeiten. Wenn man sich dabei einen ganzen Landstrich und ein halbes Jahrhundert erarbeitet, fällt die Bilanz wie von selbst „erlesen“ aus.

Hellmuth Karasek bereist seit erdenklichen Zeiten Deutschland, zuerst aus journalistischen und dramaturgischen Gründen, später dann vor allem, um in diversen Talkshows und Jurys aufzutreten. Immer aber ist er unterwegs mit seinen Büchern, in denen es um den Film-Giganten Billy Wilder geht, um die Kunst des Witzes oder auch um das reife Seitenspringen älterer Dam- und Herrschaften.

Andrea Roeding, Über alles, was hakt

h.schoenauer - 03.02.2014

Es gibt eine Lebensphilosophie, nach welcher die Dinge ein Eigenleben führen und bocken, wenn etwas in eine falsche Richtung geht. Bei Charlie Chaplin springen die Sachen oft den Helden an, bei Franz Kafka machen sich Akten selbständig, bei Woody Allen ist die Couch das Problem, nicht der darauf liegende Patient.

Andrea Roeding stellt ihre Essays, Glossen und Reportagen unter die Schirmherrschaft jenes Phänomens, wonach etwas erst seinen Sinn entfaltet, wenn es ordentlich hakt. Unter dem Aspekt der Widerborstigkeit entstehen sinnvolle Erklärungen für scheinbar nicht zu definierende Tatsachen.

Lilly Sauter, Mondfinsternis

h.schoenauer - 22.01.2014

Der hundertste Geburtstag von Dichterinnen und Dichter ist für zeitlose Leser immer ein willkommener Anlass, deren Werk in der aktuellen Verankerung zu überprüfen durch Nachlesen.

Lilly Sauters literarisches Werk ist geprägt von der Verschmelzung mit Malerei, Graphik und Skulptur, als Journalistin, Übersetzerin und Ausstellungsmanagerin hat sie permanent über die Kunst der 1950er und 1960er Jahre in Tirol berichtet.

Susanne Preglau, Ani

h.schoenauer - 20.01.2014

Bei besonderen Schicksalsschlägen gleicht sich auch die Sprache der Struktur eines solchen Lebens an und wird dadurch über die Zeiten hinweg unverwechselbar.

Susanne Preglau hat im Sinne einer qualitativen Sozialforschung anhand der Biographie der aus Bosnien emigrierten Ani versucht, den üblichen Zahlen und Massenbewegungen ein Gesicht zu geben. Ani fährt 1971 mit sechzehn Jahren allein von einem entlegenen bosnischen Dorf nach Innsbruck und „Solbad Hall“, das Geld für den Aufbruch in ein neues Leben hat sie sich geliehen, Ani kann kein Wort Deutsch und kennt von weitschichtigen Verwandten nur die Wörter Fröschl und Swarovsky, dort soll es Arbeit geben.