Belletristik und Sachbücher

Oswald Egger, Gnomen & Amben

h.schoenauer - 26.05.2016

Wenn die richtigen Typen zusammenkommen, entsteht durchaus freche Lyrik. Wenn zwergenhafte Schatzhüter (Gnomen) und Doppeltreffer im Lotto (Amben) aufeinandertreffen, kann eigentlich nur die Lyrik des Oswald Egger daraus entstehen.

Tatsächlich braucht das Lyrikwerk „Amben & Gnome“ von Oswald Egger einen beruhigenden Vorspann, ehe sich das Auge dann teilen muss, weil auf den Seiten oben immer etwas anderes gespielt wird als im Fließtext unten.

Michail Gorbatschow, Das neue Russland

andreas.markt-huter - 24.05.2016

„Das Interesse an meinem Buch [„Alles zu seiner Zeit“, Anm. A.M.-H.] hat mich tief berührt. Deshalb habe ich beschlossen, das Zwiegespräch mit den Menschen fortzusetzen und zu erzählen, was ich in den Jahren nach meinem Rücktritt vom Amt des Präsidenten erlebt habe.“ (11)

Während das Vorwort den Inhalt des Buches richtig ankündigt, nämlich als biographische Erinnerung Michail Gorbatschows an die Zeit seit seinem Rücktritt, erweckt der Langtitel den irrigen Eindruck, Insiderwissen über das System Putin zu erhalten, ein Versprechen das nicht eingelöst wird. Dennoch bieten die Erinnerungen und Einschätzungen des großen russischen Politikers, der für das Ende des kalten Krieges und der Sowjetunion verantwortlich gewesen ist, zur vergangenen und aktuellen politischen Lage durchaus interessante Aspekte.

Pascal Optional, Das Goldfisch-Komplott

h.schoenauer - 22.05.2016

Manche Helden sind so fies, dass sie in der Literatur selbst bei größtem Bemühen um einen hellen Fleck nur in voller Kot-Bräune dargestellt werden können.

Pascal Optional geht in seinen schrägen Texten jenen Rissen nach, in denen sich Ungustln, komische Verwandte oder aufgeblasene Kleindarsteller gerne verstecken. Während an der Oberfläche alles leiwand ist, ducken sich in diesen abartigen Nischen des Kleinformat-Niveaus allerhand Kleinbeamte, die absurde Tätigkeiten auszuführen haben.

Lenz Koppelstätter, Der Tote am Gletscher

h.schoenauer - 19.05.2016

Regionale Krimis summen in erster Linie einmal die Vorzüge der Geschichte wie eine Hymne ab, ehe sich darin kurz das regionale Böse zeigt, das selbstverständlich von den Guten in die Schranken verwiesen wird.

Lenz Koppelstätter zeigt mit seinem natur-intelligenten und auch durch Studien intellektuell auf die Höhe der Zeit gebrachten Commissario Grauner einen Typus Südtiroler, wie er weltaufgeschlossen und historisch abgeklärt durchaus Gang und Gäbe ist. Diesem Grauner, der seine Fälle mit der bodenständigen Hingabe eines Landwirtes abarbeitet, ist ein junger Inspektor aus Neapel beigestellt, der mit seiner Außensicht den lokalen Gebräuchen die entscheidenden Fragestellungen in den Weg wirft.

Pierre Chazal, So etwas wie Familie

h.schoenauer - 17.05.2016

Im kulturell ausgedünnten Tirol der 1950er Jahre gilt die französische Kultur als Befreiung und Fenster zur Welt, die aufkeimenden heimischen Künste werden von französischen Strömungen geleitet, Grete und Josef Leitgeb etwa übersetzen den kleinen Prinzen von Saint-Exupéry ins Deutsche. Mittlerweile ist die Frankophilie ziemlich abgeebbt und es fällt geradezu auf, wenn der Tiroler Wolfgang Gösweiner einen französischen Gegenwartsroman übersetzt.

In Pierre Chazals Roman „So etwas wie Familie“ geht es um angewandtes Familienleben im Großen und im Kleinen. Als sich die drogensüchtige Hélène in den Suizid stürzt, hinterlässt sie ihren achtjährigen Sohn Marcus dem Gemüsehändler und Ich-Erzähler Pierre. Dieser versucht als sogenannter „Patenonkel“ dem Kind eine Perspektive zu geben und es vor allem besser zu machen als sein Vater, der früher von der Couch aus im Dauer-Suff seine Kindheit gesteuert hat.

Bernhard Aichner, Totenhaus

h.schoenauer - 15.05.2016

Müde Schülerinnen, Lehrerinnen und Bibliothekarinnen träumen davon, dass sie etwas gelesen haben, ehe sie eingeschlafen sind, ohne dass sie etwas gelesen haben.

Bernhard Aichners Thriller-Literatur zielt darauf ab, den Menschen ein Gefühl von Lektüre zu vermitteln, ohne dass sie je eine Lektüre betreiben müssen. Nach Totenfrau heißt der neue Roman jetzt Totenhaus, aber der Titel wird ohnehin kaum genannt, man verlangt nach dem neuen Aichner oder, wenn man Aichner-Profi ist, nach dem weißen, nachdem der erste schwarz gewesen ist.

Joachim Zelter, Wiedersehen

h.schoenauer - 12.05.2016

Was mag da Aufregendes herauskommen, wenn in Tübingen eine Novelle gedruckt wird, worin zwanzig Jahre nach der Matura sich Lieblingslehrer und Lieblingsschüler treffen und beide als Germanisten unterwegs sind?

Joachim Zelter lässt gar keinen Zweifel aufkommen, mit der Novelle will er eine zickige Begebenheit abgeklärter Menschen beschreiben, die alles schon erlebt haben und daher nichts mehr erleben wollen. „Wiedersehen“ geht von der Konstellation aus, die im Schulbetrieb immer wieder vorkommt: nach der Schule wird diese verklärt und die ehemaligen Lehr-Sonderlinge werden zu Göttern.

Daniel Wisser, Ein weißer Elefant

h.schoenauer - 10.05.2016

Romane aus der Arbeitswelt sind im Idealfall grotesk, um so das Ungerechte, Grausame und Sinnlose mit einem Restnutzen an Lust auszustatten.

Daniel Wisser wählt rund um den „weißen Elefanten“ die pure Groteske, um der verschrobenen Wirklichkeit auf die Spur zu kommen. Ein weißer Elefant ist ein Arbeitstier, das auf dem Papier steht oder in einem Arbeitsgebäude den Körper während der Dienstzeit abstellen muss.

Felix Römer, Verhinderter Held

h.schoenauer - 08.05.2016

Im Poetry Slam ist zwar jeden Tag die Hölle los und man weiß nie, wie der Abend ausgeht, die Heldinnen und Helden freilich reisen meist mit einer persönlichen Lyrik-Bibel an, die sie sich selbst geschrieben haben.

Felix Römer ist zwischen den Auftritten mit handfester Lyrik unterwegs, die papierene Brücke zum Publikum ist als lyrische Kampfschrift im Umlauf. Nach längeren Episoden ist jeweils ein QR-Code abgedruckt, durch den man rasch zu den mündlichen Realisationen des eben gelesenen Textes gelangt.

Lisa Lercher, Faule Marillen

h.schoenauer - 05.05.2016

Regionalkrimis haben meist die Struktur eines Faltprospektes, der in geographischen Belangen dem Tourismus und in menschlichen Agenden der Psychiatrie huldigt. Gute Regionalkrimis führen also das touristische Publikum der Hotellerie und die Einheimischen der Psychiatrie zu.

Lisa Lercher hat sich für die Bestätigung dieser These die Wachau ausgesucht. Der Major Eigner ist zu seinem sechzigsten Geburtstag in die Donau gefallen, wird gerade noch gerettet und ist seither gaga, also pensionsreif. Eigentlich arbeitet er in Wien, aber wo immer er sich aufhält, bricht ein Fall aus dem Boden. So auch in der Wachau, wo Kinder wie in einem Marillen-Film auf einer Baustelle spielen und ein menschliches Skelett entdecken.