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Wer glaubt in diesem Buch allgemein bekanntes Tiroler Brauchtum zu finden, hat Recht und täuscht sich trotzdem. Auch wenn die meisten die verschiedenen Feiertage und die damit verbundenen Bräuche kennen, tappen viele bei der Frage nach deren Herkunft und Bedeutung bereits im Dunkeln.

Die Leser treten gleich zu Beginn eine überaus spannende und aufregende Reise durch den Tiroler Raum und die Tiroler Jahreszeit an. Petra Streng und Gunter Bakay arbeiten sich bei ihrer Präsentation und Analyse des Tiroler Brauchtums mit Akribie durch den Jahreskalender und gleich zu Beginn, am Neujahrstag, erleben die Leser ihre erste Überraschung. Dass nämlich das neue Jahr am 1. Jänner beginnt, wird als verhältnismäßig junge Erscheinung entlarvt. Der ursprüngliche Jahresbeginn Ursprünglich war der Dreikönigstag am 6. Jänner.

Buch-CoverAus dem Agentenmilieu kennen wir das Undercover-Syndrom, es geht um verdeckte Ermittlungen, verdeckte Recherchen, verdeckte Fahndungen. Ludwig Thalheimer fotografiert in Undercovermanier.

Auf dem ersten Bild sieht man jeweils "bloß" die Augen und schaut ins intime Innere eines nicht vorhandenen Menschen. Blättert man dann um, sieht man den Menschen, dem man bereits in die Augen geblickt hat. Aber jetzt sind die Augen abgedeckt wie auf einem Pressefoto, worin man eine Person inkognito machen will.

Buch-CoverÜblicherweise kommt die Kunst in frische Gebäude, wird manchmal konzeptuell bei der Errichtung des Bauwerks mitgedacht oder nach Vollendung des Baus als Behübschung mit schlechtem Gewissen angefertigt.

Wenn Paul Thuile auf den Bau kommt, ist alles schon gelaufen und quasi hin. Paul Thuile sucht sich Abbruchhäuser und zeichnet ihnen noch einmal alles voller Inbrunst hinein, ehe sie dann endgültig abgerissen oder unwiederbringlich umgebaut werden.

Buch-CoverManche Buchtitel summen wie eine Kaufhaus-Melodie durchs Ohr des Lesers, Himmel über Berlin, Himmel über Meran, es bahnt sich etwas Schönes an.

Tatsächlich hat Joseph Zoderer in seinem Erzählband nichts Schöneres vor, als seine individuellen Geschichtserlebnisse aufgeklart und abgeklärt aufzuschreiben. Zu Beginn wird gleich jenes Ungemach aus der Optionszeit erzählt, das letztlich die ganze Familie aus der Bahn geworfen hat. "Wir gingen" ist bereits als eigenständiger Erzählband erschienen.

kehrer_lichtschur.gifAlso vorsichtig formuliert sind diese geschorenen Gedichte dünn, kurz, oft gibt es nur ein paar Wörter und Wortteile zu sehen und zu verstehen. Verstehen ist vielleicht gar nicht so wichtig, die semantischen Pflugscharen im Sprachacker sind oft nur abgestellte Geräte, mit denen in einer besseren Jahreszeit etwas passieren könnte.

So wird "lichtschur" zu einem guten Motto: die Begriffe sind ihrer überschüssigen Bedeutungswolle entledigt und gehen kahl geschoren lichtem Sinn entgegen. Manchmal werden die Kompositionen ziemlich stark strapaziert, wenn etwa "in scheiterndem grün" (84) Kassandra lächelt. Manchmal werden auch die Gesetze der Optik etwas heraus gefordert, wenn es um farbvolle Schatten geht (62) oder etwas aufwärts dunkeln muss (47).

Buch-CoverWas wir im Tirolerischen Dialekt als sachte Anmache empfinden, etwa "Ruck zouba!", ist in diesem Buch chinesisch und heißt "Gehen wir!"

Die Südtiroler Autorin Anna Stecher hat ihre bisherigen Studien in Peking auch dazu genützt, uns in den Tälern hinten Gebliebenen etwas im chinesischen Stil zu erzählen. Zu diesem Zwecke verwendet sie das Vehikel der Sanwen-Prosa, das sind lose Schriften, die mal als Tagebucheintragung daherkommen, als schlichte Prosazelle oder als phantastische Traumnotation ohne dramaturgisches Korsett.

Titelbild wolfsgruber, engeleinEin guter Auszählreim ist immer von Nutzen. Mehrmals am Tag gibt es Situationen, wo man mit der Logik nicht mehr weiter kommt und sich aufs Auszählen verlassen muss. Zumindest deuten manche Personal- und Sachentscheidungen in Politik und Wirtschaftswelt darauf hin, dass Probleme oft mit Singsang bewältigt werden.

Linda Wolfsgruber und Gino Alberti haben den Auszählreim ironisch bearbeitet und den Engeln gebrochene Herzen, Stimmbrüche und allzu süße Alkoholika verpasst, so dass sie sich der Reihe nach vertschüssen müssen. Am Schluss hängen dann alle gefallenen Engel am Weihnachtsbaum und funkeln zwischen Kitsch und Wahnsinn aus den Tannennadeln heraus.

Buch-CoverWie kann ein einzelnes Ich das Universum des Lesens aushalten? Wie stürzt die ewige Geschichte durch das Nadelöhr der Gegenwart? Wie klettert man in Begeisterung über Kontinente von Schrift, ohne die Orientierung zu verlieren?

Dine Petrik hat als reisendes Ich die Bibliothek von Alexandria besucht und in einem Reise-Essay die Geschichte der Bibliothek, die Magie von Schrift und die Erlebniskraft einer Reise zu Buche gebracht.

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Im Schloss von Franz Kafka treten ab und zu zwei Trottel auf, die den Landvermesser in seiner Suche nach dem Glück im Schloss stören. An diese zwei Deppen muss man denken, wenn in Stanislav Struhars Roman zwei ausgerastete Männer aus dem Verlagswesen eine Frau belästigen, die gerade auf offener Straße geistig ein wertvolles Buch lektoriert.

An dieser Stelle wird es für den Ich-Erzähler Zeit, einzugreifen. Er rettet die Frau vor der Belästigung und bringt sich selbst ins Spiel, indem er sich zwei Finger bricht.

Buch-CoverEs gibt bekanntlich nichts Witzigeres als ein Familienalbum. Die Angehörigen sind meist in verlogenen oder überdimensionierten Posen aufgestellt, und während man als Mitverwandter vorne devot an der Fassade ihrer Gesichter hängen bleibt, erzählt man sich hintenrum die schrägsten Geschichten.

Der gelbe Onkel leidet, wie es sich für einen echten Onkel gehört, an einem schweren Leberschaden und ist ganz gelb im Gesicht. In Andrea Grills Familienalbum nimmt er sicher einen Spitzenplatz an Extravaganzen ein, zumal er noch auf das Wort ?beige? abfährt, offensichtlich ist das die Eigenbeschreibung für sein gelbes Gesicht.