Wolfgang Korn, Die Geheimnisse von Troja

„Jeder, der einmal „Stille Post“ gespielt hat, weiß, wie sehr sich die Dinge bei jeder mündlichen Weitergabe verändern. Bei jeder Nacherzählung wird der Zorn des Achill etwas größer, Odysseus etwas schlauer und Ajax etwas verrückter.“ (33)

Fast drei Jahrtausenden schon übt die Geschichte vom Trojanischen Krieg, von seinen großen Helden und Kämpfen einen geradezu magischen Bann auf die Menschen aus. Grund genug den Geheimnissen von Troja auf den Grund zu gehen, jener mythischen Stadt, die von den vereinten Griechen in einem gewaltigen Kriegszug zerstört worden sein soll.

Während im Epos alles übersteigert erhöht erscheint, nähert sich Wolfgang Korn der Stadt Troia von ganz unten. In einem Blog berichtet er von seiner Reise als Journalist zu den Ausgrabungsstätten der antiken Stadt „Troia“, die er gleich zu Anfang bewusst durch die Schreibweise vom Mythos „Troja“ unterschieden wissen will. In diesem Reisebericht finden sich Beschreibungen der Anreise, der Landschaft und des Grabungsgeländes ebenso, wie Treffen, Gespräche und Diskussionen mit Fachleuten. Die Fachleute vermitteln interessantes Hintergrundwissen und die Auseinandersetzung des Autors mit Büchern der Ilias und Büchern bietet uns einen informativen Überblick zur Geschichte des Trojanischen Krieges, seiner Vorgeschichte und seiner Hintergründe.

Aber nicht nur in der Ilias sondern auch in der Odyssee und Aeneis spielt die sagenumwobene Stadt Troja eine große Bedeutung, die sich sowohl in der Neugründungen der Stadt in der römischen Kaiserzeit als auch im mittelalterlichen Ahnenkult niederschlägt, wo sich immer wieder Kaiser und Könige in direkter Erbfolge der Trojaner betrachtet haben.

In einem zweiten Themenkomplex beschäftigt sich Wolfgang Korn nun mit Troia aus archäologischer Sicht, mit den zahlreichen Schichten, mit Neubauten aus der Römerzeit, mit Ruinen und schließlich der Wiederentdeckung der Stadt durch Ausgrabungen, wobei natürlich der Heinrich Schliemann und seine Rolle als berühmter Archäologe gehörig zum Wanken gebracht werden.

Zum Abschluss werden die wichtigen Ausgrabungen des jungen Professors für Ur- und Frühgeschichte, Manfred Korfmann, in den 1980er Jahren und ihre Erkenntnisse für die Troia-Forschung vorgestellt.

Troia – darüber sind sich Archäologen und Hethiter-Forscher mittlerweile einig – gehörte dem anatolisch-hethitischen Kulturkreis an. Sie vermuten, dass Troia identisch ist mit dem in hethitischen Urkunden des 13. Jahrhunderts vor Christus genannten Wilusa, einer Vasallenstadt der Hethiter. (149)

Wolfgang Korn gelingt es Mythus und Wissenschaft in ein überaus spannendes neues Kleid zu verpacken und nicht nur junge Leserinnen und Leser von der ersten bis zur letzten Seite in den jahrtausendealten Bann von Troja zu ziehen. In einer Anfangs scheinbar belanglosen Annäherung als Tourist in einem wenig beeindruckenden Ruinenfeld sehen wir uns am Ende inmitten des schrecklichen Schlachtenlärms des Trojanischen Krieges oder in der aufregenden detektivischen Puzzlearbeit eines Archäologen wieder.

Korn stellt vieles in Frage, bietet zahlreiche Sichtweisen und Annäherungen an Troia im Laufe der Jahrhunderte und weckt damit nicht nur die Neugier auf mehr sondern vermittelt allgemeinen ein lebendiges Bild der wissenschaftlichen Diskussion, die im Grunde nie zu einem verbindlichen Endergebnis sondern nur zu Annäherungen gelangen wird. Die klare und verständliche Schreibweise machen das Sachbuch besonders für ein jugendliches Publikum geeignet. Aber auch älteren Leserinnen und Lesern die sich für die Geschichte und Sagen rund um Troja und für ihren historischen und archäologischen Hintergrund interessieren, kann das überaus informative und unterhaltsam geschriebene Buch ohne Einschränkung weiter empfohlen werden.

Herausragend sind auch die Illustrationen von Klaus Ensikat mit seinen detailgetreuen filigranen Federzeichnungen, in denen die Helden des Trojanischen Krieges ebenso zum Leben erwachen, wie die Welt der Ausgrabungen der Ruinen Troias mit ihren Archäologen, Artefakten, Karten u.a. Insgesamt präsentiert sich „Die Geheimnisse von Troja“ als ein überaus schönes, unterhaltsames und informatives Sachbuch für Jugendliche aber auch Erwachsene, das die Faszination und Magie „Troja“ zu neuem Leben erweckt.

Wolfgang Korn, Die Geheimnisse von Troja. Ill. v. Klaus Ensikat, ab 12 Jahren
Köln: Boje Verlag 2013, 184 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-414-82340-3

 

Weiterführende Links:
Boje Verlag: Wolfgang Korn, Die Geheimnisse von Troja
Wikipedia: Wolfgang Korn
Wikipedia: Klaus Ensikat

 

Andreas Markt-Huter, 18-03-2014

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Korn

Buchtitel

Die Geheimnisse von Troja

Erscheinungsort

Köln

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Boje Verlag

Illustration

Klaus Ensikat

Seitenzahl

184

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-414-82340-3

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Korn arbeitet als Autor und Dozent in Hannover. Er schreibt über Archäologie und über Geschichte u. a. für Die Zeit, Mare, Geo und Damals und hat zu diesen Themen auch schon einige Bücher veröffentlicht.<br />Klaus Ensikat gilt als „ungekrönter König der Buchillustratoren“. Er war Professor an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg und erhielt zahllose Preise.