Buch-CoverNichts ist so brutal, wie wenn jemand fliehen muss. Daraus eine romantische Fluchtgeschichte zu machen ist freilich nicht jedermanns Geschmack.

Beim Roman von Domnica Radulescu handelt es sich selten um authentische Geschehnisse, zu sehr ist alles von einer geschönten und ins Positive ausgeleuchteten Erzählstrategie überschattet.

Buch-CoverGute Romane beginnen manchmal abenteuerlich logisch und biegen dann jäh in verwuchertes Gelände ab.

Oleg Jurew lässt seinen Helden Weniamin Jasytschik panisch in den St. Petersburger Hafen flüchten, es ist nicht ganz klar, warum diese Flucht notwendig ist, aber die Angst ist authentisch. Weniamin versteckt sich auf einem Ukrainischen Frachter und ist fürs erste gerettet.

Buch-CoverÜber die Logik von Krimis gehen die Meinungen auseinander. Eine Sorte von Fans bevorzugt das streng Logische in der Aufklärung des Falles, die andere Gruppierung freut sich auf jeder Seite, wenn ein anarchistisches Pixel an das andere gefügt ist.

In Sabine Groschups Roman geht es zu wie in einem Comic, von einer Szene auf die nächste kann durchaus ein Loch in der Darstellung sein, und dennoch laufen die Figuren wie am Schnürchen durch den Text.

Buch-CoverDiese knallharten Geschichten amerikanischer Bauart kennen wir vom schnellen Durchblättern von Magazinen, vom Literaturunterricht, wo jeweils eine Geschichte genau in einer Stunde Platz hat, oder aus Anthologien, worin die Dichter eines ganzen Landstrichs jeweils zu einem vorgegebenen Thema ihre entmachtete Erzählwut herauslassen dürfen.

Martin Kolozs gilt mit seinen Kurz-Krimis bereits als Meister jenes knallharten Genres, indem nicht lange erzählt, aber mit knappen, ruckartigen Sätzen alles hingebogen wird.

Buch-CoverPassend zum Andreas-Hofer-Jahr tritt mit diesem Roman nun auch seine Frau in das historische Blickfeld und bestätigt: hinter jedem Helden steht eine starke und leidende Frau.

Jeannine Meighörner lässt und das Leben der Anna Hofer, geborene Ladurner, von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod, aus der Sicht von außenstehenden Fremden miterleben, die von der Rauheit der Bergwelt und ihrer Menschen fasziniert sind.

Buch-CoverRevolutionen sind vor allem für eines gut: Sie erwecken eigenbrötlerische Rituale von Melancholie und verdampfen dann als Klischee in den eigenen Sprüchen.

Didier Goupil führt den Leser in die satte Welt der abgehangenen kubanischen Revolution. Im ersten Teil taucht ein Ich-Erzähler als Kulturjournalist in Kuba auf, er lässt sich an alle Schauplätze bringen, die wir als Revolutions-Romantiker in Europa kennen. Im französischen Original schlängelt sich der Text in jenem Delirium zwischen Realität und Trance durch die Möglichkeitsform, die Traum und Wirklichkeit zulassen.

Buch-CoverDas wahre Leben spielt sich oft auf engstem Raum in einem Hinterhof ab. Johannes Groschupf nennt seine Protagonisten tapfer Hinterhofhelden. Wie in einer Vorabendserie agieren die Figuren selten länger als eine halbe Stunde, dann ist der Tag jeweils gelaufen und wird abgehakt.

In den achtziger Jahren noch zu Zeiten der Berliner Mauer lässt sich der Westdeutsche Student Hans Odefey im ziemlich abgefackten Westberliner Stadtteil Neukölln nieder. Das Studium läuft irgendwie nebenher oder gar nicht, in der Hauptsache agiert Odefey im Hinterhof als Hauptfigur einer imaginären Sozialstudie.

Buch-CoverWenn es jemand schafft, aus dem Jenseits heraus zu erzählen, wie überirdisch muss erst der Stoff sein, den er erzählt.

Der Held Marcus Messner befindet sich im ersten Teil des Romans unter dem Einfluss von Morphium. Dabei läuft sein Leben noch einmal in der Ich-Perspektive ab. Als Sohn eines koscheren Metzgers aus New Jersey lernt er früh den Umgang mit Schlachten, Blut und Fleisch. Sein Vater wird zunehmend ängstlicher und verschrobener, als sich der Sohn entschließt, in Winesburg Ohio zu studieren, dreht er vor Angst fast völlig durch.

Buch-CoverDie tapfersten Heldinnen sind jene, von denen man öffentlich kaum etwas weiß und die dennoch mit unendlicher Geduld und überirdischer Zähigkeit durchhalten und ihr Leben irgendwie über die Runden bringen.

In Eva Jancaks Roman Und trotzdem kreisen drei Schicksalsgenossinnen durch das irdische Dasein, sie haben nur peripher miteinander zu tun, verbunden sind sie freilich durch den protokollartigen Stil, mit dem ihr Leben für diesen Text aufgezeichnet sind. In einer Präambel gibt die Autorin quasi als Regieanweisung für die Lektüre an.

Buch-CoverNichts ist so einfach und gleichzeitig so kompliziert zu beschreiben wie das Wetter. Oft verändert es sich, während man den Mund zur Beschreibung aufmacht, meist muss es als Thema für ein schnelles Notgespräch herhalten und letztlich verbreitet nichts so subtile Stimmung wie das Wetter.

Kurt Leutgeb nennt seinen Roman straff Das Wetter, aber in Wirklichkeit spielen sich die verrücktesten Geschehnisse ab, von Wetterfront bist Großwetterlage ist so alles aufgeboten, um diesem harmlosen Thema die Schärfe einer kulturkritischen Analyse zu verpassen.