Anne Becker, Die beste Bahn meines Lebens
„In dem schmalen Schatten der Hecke hockte tatsächlich ein Huhn. »Gehört das jetzt auch uns?« Tobi stieg aus dem Sandkasten und ging langsam auf das Huhn zu. »Natürlich nicht« Das Huhn gackerte und rannte mit den Flügeln flatternd quer durch den Garten. Und dann sah ich Flo zum ersten Mal.“ (S. 14)
Der dreizehnjährige Jan ist zutiefst enttäuscht, als er umziehen und seinen Schwimmverein verlassen muss, weil sein Vater eine neue Arbeit angenommen hat. Bald aber lernt er seine neue Nachbarin und Schulkollegin Flo kennen, zu der er sich immer mehr hingezogen fühlt. Doch ein unangenehmes Geheimnis lastet auf seiner Seele.
Jan muss mit seinen Eltern, seiner älteren Schwester Nele und seinem kleinen Bruder Tobi übersiedeln und seine alten Freunde und seinen Schwimmverein hinter sich lassen. Alles in seiner Umgebung und seiner Schule ist neu für ihn und außerdem muss er wegen seiner Leser-Rechtschreibschwäche eine neue Therapeutin aufsuchen.
Gleich am ersten Tag lernt Jan seine junge Nachbarin Flo kennen, deren Huhn ausgerissen ist und nun im Garten herumläuft. Flo, die mit Jan dieselbe Klasse besucht, ist ein Mathegenie und nimmt mit ihrer Cousine Patti regelmäßig an Mathewettbewerben teil. In seiner neuen Klasse freundet sich Jan mit Fabi an, der ihn überredet dem örtlichen Schwimmverein beizutreten. Dort kann er alle mit seinem großen Schwimmtalent beeindrucken. Niemand in seiner Klasse ahnt jedoch, dass er Probleme mit Lesen und Schreiben hat.
Aber auch Flo eckt mit ihrer großen Mathebegabung in ihrer Klasse immer wieder an. Vor allem Linus, der wie Jan die Klasse wiederholen hat müssen, zeigt sich als richtiges Ekel-Paket. Er stiehlt Flos Tagebuch mit der Widmung ihrer Mutter, und zwingt sie, seine Mathematik-Hausaufgaben für ihn zu machen. Das Tagebuch steckt er ausgerechnet Jan zur Aufbewahrung zu. Flo glaubt, dass Linus und Jan Freunde sind und unter einer Decke stecken. In Wirklichkeit wird aber auch Jan von Linus gemobbt, weil er sich um seine Führungsrolle beim Schwimmen betrogen fühlt.
Jan und Flo kommen sich langsam näher, doch verpasst er immer wieder die richtige Gelegenheit, ihr Tagebuch zurückzugeben. Während Linus‘ Gemeinheiten zunehmen, fürchtet sich Jan vor allem, dass seine Lese-Rechtschreibschwäche ans Tageslicht kommen könnte.
„Die beste Bahn meines Lebens“ erzählt die Geschichte einer ersten Liebe vor dem Hintergrund unüberwindlich scheinender persönlicher Probleme. Während der Ich-Erzähler Jan mit seiner Übersiedlung und seinen Lese-Rechtschreibproblemen zu kämpfen hat, vermisst Flo ihre Mutter, die weit entfernt in London beruflich tätig ist. Zudem sehen sich beide dem Druck der Gruppe ausgesetzt: Jan schämt sich für seine Lese-Rechtschreibschwäche und hat Angst als Versager betrachtet zu werden, während Flo wegen ihre Mathefähigkeiten als Nerd belächelt wird.
Ein überaus tiefgründiger und empfehlenswerter Kinder- und Jugendroman, der auf einfühlsame und unterhaltsame Weise die großen und kleinen Probleme junger Heranwachsender in den Mittelpunkt stellt. Ein großartiges Leseabenteuer mit einer realistischen und spannend erzählten Geschichte.
Anne Becker, Die beste Bahn meines Lebens. Ill. v. Eva Dietrich, ab 11 Jahren
Weinheim: Gulliver Verlag 2021, 176 Seiten, 8,20 €, ISBN 978-3-407-81255-1
Weiterführender Link:
Gulliver Verlag: Anne Becker, Die beste Bahn meines Lebens
Andreas Markt-Huter, 26-04-2021